9 MARK

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Von einem Menschen viel zu erwarten heißt, sich um den Genuss zu bringen,

angenehm überrascht zu werden.

(Winston Churchill)

Gefalle ich ihnen? Was wollen sie wirklich hier, Valerie?" Für wen hält der Kerl sich? Für Adonis? Für einen Gott? So etwas passiert auch nur mir! Was bin ich nur für eine dusselige Kuh?, schalt sie sich selbst, Zwischen die Beine hätt' ich ihm treten sollen, diesem selbstherrlichen Lackaffen!

In ihrer Wut musste sie vehementer getrampelt haben, als auf ihrer Fahrt zur Yacht, denn keine zehn Minuten später erreichte sie den Steg des Tretbootverleihs. Valeries Knie zitterten und sie wusste nicht, ob es von ihrer Wut kam oder vom heftigen treten. So kletterte sie eher umständlich aus dem Boot. Der Bootsverleiher kam auf sie zu und half ihr auf den Steg. Er machte das Boot fest und grinste Valerie dann an:

„Hatten sie einen schönen Ausflug, M'am?"

„Es war mehr ein Trip – einer, den ich nicht wiederholen möchte!", erwiderte sie gereizt und warf der „Victoria" einen ärgerlichen Blick zu.

Der jamaikanische Bootsverleiher wich ein Stück zurück und Valerie begriff, dass sie ihn wohl beleidigt hatte.

„Entschuldigen sie ... sie können ja nichts dafür! Also was schulde ich ihnen?"

„Zehn Dollar, Ma'm!"

Valerie griff in ihre Hosentasche und zog einige Dollarscheine hervor. Sie bezahlte den Jamaikaner und eilte dann über den Steg in Richtung Strand. Sie war beinahe blind unter ihren wütenden Tränen während sie am Strand entlang in Richtung Hotel stapfte. Sie drehte sich nicht einmal um und schaute zurück und so sah sie nicht, dass von der „Victoria" ein Motorboot in Richtung Strand fuhr.

„So ein arroganter Macho!", fluchte sie und warf sich auf ihr Bett, „Wie konnte ich nur so dumm sein? Erst die Sache mit Mike und jetzt das! Mike würde sich totlachen, wüsste er das alles!", und dieser Gedanke trieb sie beinahe in den Wahnsinn.

Ich hätte nach Hause fliegen und meine Sachen aus Mikes Wohnung holen sollen, so lange er nicht da ist! Stattdessen sitze ich auf dieser dummen Insel und trete von Fettnäpfchen in Fettnäpfchen. Wenn das so weitergeht, werde ich noch zum Gespött der ganzen Insel!

Plötzlich klopfte es an ihrer Zimmertür und Valerie blickte auf. Sie hatte vergessen das Schild „Bitte nicht stören" rauszuhängen, das von innen an der Klinke hing, und jetzt kam sicher das Zimmermädchen!

Sie ging zur Tür und schloss auf. Sie brauchte heute keinen Service. Sie wollte nur allein sein. Als sie die Tür öffnete, stand Mark vor ihr. Valerie hielt die Luft an.

„Sie sind clever, Valerie! Aber nicht clever genug! Ihre Tasche an Bord zu vergessen, war ein geschickter Zug! Ich musste mich sputen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren! Was haben sie noch auf Lager, um mich wieder zu sehen?"

Valeries Blick wanderte ungläubig von ihrer Tasche in Marks Hand zu seinem Gesicht und wieder zurück. Wie unter Schock stand sie mit leicht geöffnetem Mund in der Zimmertür, so als ob sie etwas sagen wollte. Doch kein Ton, keine Silbe kam über ihre Lippen. Als sie seine Worte begriff, war sie keiner Antwort fähig. Sie war auch nicht wütend. Irgendwie war sie fürchterlich leer und in diesem Augenblick brachen die Tränen aus ihr heraus.

Mark schien erschrocken. Hinter ihm kam gerade jemand über den Flur, der die Szene neugierig zu beobachten schien und anscheinend wusste Mark sich nicht besser zu helfen, als Valerie in ihr Zimmer zu drängen und die Tür hinter ihnen zu schließen. Valerie sank wie ein Häufchen Elend auf ihr Bett und weinte. Krächzend sagte sie:

Die InselWo Geschichten leben. Entdecke jetzt