3 SPIELE

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Die Ängste der Menschen sind ohne Zahl.

Und doch kann ihnen nichts Schlimmeres zustoßen als der Verlust der Freiheit.

(Ho Chi Minh)

Valerie wusste nicht mehr, wie lange sie geschwommen war, aber es musste sehr lange gewesen sein. Sie war vollkommen erschöpft und Mark hatte sie aus dem Wasser ziehen müssen. Er hatte ihr etwas zu trinken eingeflößt und sie dann auf ihr Zimmer gebracht. Nachdem sie sich etwas erholt hatte, hatte er ihr etwas zu essen gebracht, doch sie hatte es nicht angerührt. Sie hatte ihn müde beobachtet, als er eine Stunde später das Tablett mit dem nicht angerührten Essen wieder abgeholt hatte und sie hatte gesehen, wie er sich abgewendet hatte, als er ihre vom Weinen geschwollenen Augen gesehen hatte. Keiner von Beiden hatte ein Wort gesprochen. Valerie war zu erschöpft, als das sie auch nur einen Ton hätte hervorbringen können. Sie lag einfach nur da und wartete, was als nächstes geschehen würde. Sie war sich sicher, dass die Schwimmlektion nicht alles für diesen Tag gewesen sein konnte. Sie traute Mark alles zu!

Wenn sie nur wüsste, warum er das alles tat?! Sie wurde nicht so sehr von der körperlichen Qual gepeinigt als vielmehr von den Fragen, die seit einigen Stunden ständig durch ihren Kopf wanderten ebenso wie von der Ungewissheit und der Angst vor dem, was noch kommen könnte. Gedanken daran machten sie beinahe wahnsinnig.

Sie dachte allein an die letzte Nacht und ein kalter Schauer lief ihren Rücken hinunter. Ihr wurde bewusst, dass Mark der erste Mann war, der sie über die Schwelle ihrer bisherigen Gefühlswelt hinausgetragen hatte. Sie erschrak. Bisher hatte sie geglaubt, nichts für ihn zu empfinden, aber nach der letzten Nacht war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Allerdings konnte sie nicht sagen, welches Gefühl das stärkere war: ihre Begierde oder ihr Hass! Sie fragte sich, warum sie das alles einfach so hinnahm und sich nicht stärker zur Wehr setzte!? In diesem Moment spürte sie einen Stich in ihrer Magengegend. Genoss sie es etwa? Gefiel ihr das, was Mark mit ihr tat?

Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Mark sie befriedigt hatte. Allein, wenn sie an sein Geschlecht dachte, dann kribbelte es zwischen ihren Beinen. Aber warum stürzte er sie in ein derartiges Wechselbad der Gefühle?

Eigentlich war sie eine aufgeklärte emanzipierte Frau, die einen guten Job hatte und auf eigenen Füßen stand! Selbst in der Beziehung mit Mike hatte sie nie das Gefühl gehabt, sich selbst aufzugeben. Ein gewisser Rahmen an Freiheit war immer gegeben.

Mike! Wieso hatte Mike sie nur so billig verraten können? Er hatte sie verkauft! Valerie wurde schlecht, als es ihr bewusst wurde. Sie fragte sich, ob Mike wusste, was er ihr angetan hatte oder ob es ihn gar nicht interessiert hatte!? Ihr Magen rebellierte. Verkauft ... verkauft ... verkauft ... für einen Luxusurlaub in einem Sechs-Sterne-Hotel und für ein Taschengeld! Taschengeld? dachte Valerie, Wie hoch war wohl der Preis für einen Menschen? Valerie erschauerte. Sie war eine Ware! Ihre Haut kräuselte sich bei dem Gedanken und sie wollte wieder weinen, doch sie konnte es nicht. Stattdessen seufzte sie leise. Mit Mikes Verrat waren auch Valeries Fluchtgedanken vorerst gestorben. Die Möglichkeit, vielleicht von Marks Büro aus eine e-mail oder SMS an Mike abzusetzen, war jetzt nutzlos geworden.

Soviel also zu dem Thema, ich sei eine aufgeklärte, emanzipierte Frau! Was habe ich von meinem Job, meinen Fähigkeiten und meiner Selbständigkeit auf dieser Insel? Hier ist alles anders! Es gibt keine Freiheit! Ich bin einem Mann auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und nicht einmal meine Selbstverteidigung nutzt mir etwas! dachte sie bitter. Ihr Jiu-Jitsu konnte allenfalls dazu dienen, Schlimmeres zu verhindern.

Aber was konnte schlimmer sein, als das, was Mark ihr bisher angetan hatte? Sie dachte an das, was am Vortag passiert war: er hatte sie an das Bett gefesselt und sie kurz vor der Schwelle zur Erfüllung sich selbst überlassen. Und letzte Nacht hatte er sie benutzt wie ein billiges Flittchen! Allein das zeigte ihr, welche Macht er über sie hatte.

Valerie schloss ihre Augen. Sie sah den Strand und den Unbekannten aus ihrem Traum. Wie schön war dieser Traum im Vergleich zu ihrer schrecklichen Realität ... Valerie schreckte hoch.

War es ihn ihrem Traum nicht ebenso, wie vorletzte Nacht? Der Fremde berührte sie und sie konnte sich nicht wehren; anfangs hatte sie immer Angst und erst, wenn er sie berührte, verflog ihre Angst und machte der aufregenden Erregung Platz. Und sie wurde immer wach, bevor der Fremde ihre Befriedigung vollenden konnte!

Wollte sie es etwa so? Träumte sie diesen Traum deshalb? Wollte sie, dass ein Mann Macht über sie hatte? War sie deshalb auf Mike hereingefallen?

Valerie kannte sich selbst nicht mehr. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste sie nicht, wie etwas weitergehen sollte und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Angst - Angst vor sich selbst!

fax

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