TEIL II LA ISLA DE L'ANSIA 1 MACHT

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Macht ist immer lieblos. Liebe niemals machtlos.

(unbekannt)

„Mein Zuhause, hm?", fragte Valerie stirnrunzelnd und ihre Mundwinkel zuckten, während ihr Blick über die Insel schweifte. Sie fühlte sich plötzlich an einen anderen Ort zurückversetzt. Es war kaum drei Wochen her, dass Mike ihr die Tickets für den Urlaub vor die Nase gehalten und sie gefragt hatte, ob sie mitfliegen wolle. Das gleiche Gefühl wie damals stieg in ihr auf: Ärger.

Waren denn alle Männer so gleich? Warum machten sie immer auf Valeries Kosten Scherze? Valerie beschloss, sich nicht ärgern zu lassen. Sie schob Marks Hände von ihren Schultern und bemerkte überdreht:

„Ja, sicher! Warum nicht? Ich brauche den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als in der Sonne zu liegen, den Strand entlang zu schlendern und mir ab und zu einen Cocktail zu holen! Wo ist die Bar?"

Wieso hatte sie Mark nur erzählt, dass sie im Moment kein Zuhause hatte? Und warum traf er ihren wunden Punkt so gezielt? Was wollte er damit erreichen?

Sie hob in einer hilflosen Geste die Arme. Sie wusste ja nicht einmal, was Mike mit seinen ewigen Sticheleien hatte erreichen wollen! War es so amüsant, andere zu ärgern?

„Ts ...", bemerkte sie kopfschüttelnd, „Warum seid ihr Männer nur alle so gleich? Mit welchem Recht macht ihr euch über unsere Träume und Wünsche lustig? Weil ihr selbst keine habt?"

Jetzt sah sie Mark in die Augen und erschrak. Sein Gesicht glich einer Maske. Keine Spur von Hohn oder Spott war zu erkennen. Auch nicht das typische Grinsen, das sie von Mike kannte, wenn er sich über sie lustig gemacht hatte. Ein seltsames Gefühl beschlich sie.

Valerie zog ihre Stirn in Falten und musterte ihn. Langsam öffnete sich ihr Mund, doch sie sagte nichts.

„Ein Wunsch ...", sagte Mark plötzlich gedehnt, „Ich hatte keine Ahnung, dass es ein Wunsch von dir ist, auf einer solchen Insel zu leben!"

„Ein Wunsch? Nein, es ist kein Wunsch!", winkte Valerie ab, „Es ist ... eher ein Tagtraum. Einer, den man für eine Minute im Büro träumt; einer, den man träumt, um der Realität für einige Minuten oder Stunden zu entfliehen und sich zu entspannen ... aber keiner, den man leben möchte!."

„Nun ...", begann Mark langsam, „Dennoch hast du genau dazu jetzt Gelegenheit! Und du hast alle Zeit der Welt!"

Valerie schüttelte fassungslos den Kopf. Ihr wurde dieses Spiel zu albern.

„Komm schon, Mark!", bat sie ihn, „Lass' uns damit aufhören!"

„Womit?", fragte er knapp.

„Na, mit diesem Spielchen! Ich mag diese Art Spiele nicht besonders. Ich habe sie zu lange gespielt und sie stehen mir bis hier oben hin!"

Sie legte ihre Hand an ihre Stirn.

„Dies ist kein Spiel!", sagte Mark mit einer für Valerie ungewohnten Härte in seiner Stimme, „Jedenfalls keines, wie du es kennst!"

Verlegen lachte Valerie. In ihrem Hals saß plötzlich ein Kloß und sie schluckte. Ihre nervöse Stimme vibrierte ein wenig, als sie sprach:

„Was soll das? Ich kann nicht hier bleiben, so gerne ich das vielleicht auch möchte! Ich habe so schon genug Ärger am Hals!"

In einem Anflug von Hysterie wurde ihre Stimme beinahe eine Oktave höher, als sie fort fuhr:

„Ich muss meine Sachen aus Mike's Wohnung holen und mir eine neue suchen. Und meine Kollegin dreht mir den Hals um, wenn ich sie mit der ganzen Arbeit allein lasse!"

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