Kapitel 6

39 3 2
                                    

Der zu große Abstand

Verwirrt sah ich ihn an. „Was habe ich denn gemacht?" Er hatte meinen Gurt geöffnet und wandte sich von mir ab. Als wäre es eine Antwort, setzte er sich einfach auf sein Quad und wartete, darauf, dass ich mich hinten drauf setzte.

„Das kannst du vergessen, wenn du mir nicht sagst, was ich falsch gemacht habe!" „Gut! Orlando, du fährst mit mir!" Orlando hatte sich gerade aus seinen Sitz befreit, da fuhr auch schon Leon zu ihm, damit er sich auf sein Quad setzen konnte.

Etwas verwundert, setzte sich Orlando hinter Leon. Danach fuhren sie sofort los und ließen Mella und mich alleine zurück.

Mitleidig sah mich Mella an. „Was ist passiert, als ich weg war? Warum ist er so wütend auf mich?" Sie kam zu mir gelaufen. „Was mit Leon ist, weiß ich nicht, aber es ist viel passiert, während du weg warst!"

Sie warf mir den Schlüssel für das Quad zu. Anscheinend sollte ich fahren, was auch gut so war. Ich hätte jetzt nicht einfach still hinten drauf bleiben können. Also setzte ich mich nach Vorne, Mella hinter mich und wir düsten los.

Sie sagte mir wo lang es ging, blieb aber ansonsten die ganze Zeit still. Ich hatte noch nicht viel mit Mella gemacht gehabt, weswegen mir erst jetzt auffiel, dass sie nicht sonderlich viel redete.

In meiner Scheinwelt, war sie auch nicht eine der großen Rednerinnen gewesen, doch sie redete viel mehr als in der realen Welt.

Wir brauchten eine ganz schön lange Weile, bis wir wieder zurück in die Zivilisation kamen und noch eine Weile länger, bis wir zurück in Berlin waren. Wir fuhren mit dem Quad in die Garage des Gebäudes von den Europäischen Rebellen. Dort trennten sich auch die Wege von Mella und mir, denn während sie in die Mensa ging, ging ich nach oben, um Leon zur Rede zu stellen. Wie ich es mir gedacht hatte, war er in unserer Wohnung und duschte.

Unsere Wohnung hatte sich etwas verändert, während ich weg war. Überall waren Papiere und Pläne. Leon schien während meiner Abwesenheit über irgendetwas nachgedacht zu haben.

Ich ging zum Kühlschrank, meine Ohren auf das Rauschen der Dusche gerichtet, während meine Hände nach einem Orangensaft griffen. Langsam und leise lief ich zur Badezimmertür, um mich direkt gegenüber von ihr auf den Boden zu setzen.

Ich war nicht mehr sauer auf ihn, nein, während ich mit dem Quad gefahren bin, verrauchte auf einmal meine Wut.

Trotz dass draußen langsam der Sommer zum Vorschein kam und auch die Wohnung nicht ausließ, wurde mir etwas kalt.

Ich hatte das innerliche Verlangen, die Badezimmertür zu öffnen und mich zu Leon unter die Dusche zu gesellen, doch ich ließ es bleiben.

Das Brausen der Dusche verstummte und ich konnte hören wie Leon aus der Dusche trat. Kurz darauf öffnete sich die Tür und er trat beinahe auf mich.

Sein Blick war kurz verwundert, dann verhärtete er sich jedoch wieder und er lief an mir vorbei ins Schlafzimmer.

Ich stand auf und folgte ihm. „Was ist los Leon? Was habe ich gemacht, dass du jetzt so sauer auf mich bist?" Er ging zu einer Schublade, holte ein Papier und schmiss es mir vor die Füße.

Verwundert hob ich es hoch, während er sich mehr als nur eine Unterhose anzog. Es war der Abschiedszettel, dem ich ihn da gelassen hatte, als ich nach Amerika aufgebrochen war.

Scheinwelten - Weißes ArmbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt