Kapitel 4

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Die Kriegszone

„Jup!" sagte der Größte so als wäre es das normalste und unspektakulärste auf der ganzen Welt. Am Horizont schlachteten sich gegenseitig Menschen ab und ihn juckte es noch nicht einmal. Panzer schossen auf Panzer. Düsenjets warfen Bomben ab und zerstörten hunderte Leben in Sekunden. Einzelne Soldaten töteten andere einzelne Soldaten. Diesen Moment schön zu reden... Das konnte niemand. Das sollte auch niemand. Es gab nichts zum schön reden.

Ich hatte keine Ahnung, wie die Jungs vorhatten dadurch zu kommen, doch ich bezweifelte, dass überhaupt einer von uns diese Aktion überlebte.

Der Größte war der erste, der sich wieder von der Stelle bewegte. Er lief den Hügel hinunter, um unten auf uns zu warten. Während die anderen mit selbstsicheren Schritten ihren Soldatenkameraden folgten, zögerte ich. Wer lief schon freiwillig in die Richtung eines Krieges? Wieder einmal war ich die letzte, die unten bei den anderen ankam.

In der Zeit, wo ich noch stolpernd über die Leichen lief und kletterte, hatten die Jungs schon eine Strategie entwickelt, auf die andere Seite zu kommen. Ihr Plan klang in der Theorie ganz gut, doch ich war mir sicher, dass er praktisch nicht ganz so einfach umzusetzen war wie sie sich das vorstellten.

Da ich keinen besseren Plan hatte, hielte ich schön meinen Mund und ließ sie einfach mal machen.

Mehr als das wir starben, konnte ja nicht passieren. Zu viert liefen wir auf das Gemetzel zu. Während die anderen drei alle eine Waffe in der Hand hatten, war ich die einzige ohne. Irgendwie kam ich mir total nackt vor. Jeder schien eine Waffe zu haben, abgesehen von mir.

Vielleicht konnte ich gut kämpfen, vielleicht war ich gar nicht so ungefährlich ohne Waffe, doch ich kam mir irgendwie vor wie eine Zielscheibe.

Wir waren auf der Seite der Vereinten Republik, die Flagge auf den Armen der Soldaten die in die Richtung kämpfen in die wir gerade liefen, war unverkennbar.

Alle Soldaten hatten eine Uniform an, weswegen wir vier auffielen, wie ein Baum in einer Wüste. Dennoch waren wir in diesen Moment eher nebensächlich, weil das überleben für die Soldaten viel wichtiger war als alles andere.

Während wir durch die Menschen rannten, ich mir so überflüssig wie sonst was fühlte, waren die Jungs auf der Suche nach einem Panzer, den sie auch fanden, was in einem Krieg erstaunlich einfacher war als man dachte.

Der Amerikaner, der mich dazu gebracht hatte über die Leichen zu klettern, kletterte auf den Panzer, löste ein paar spezielle schrauben, sodass sich die Luke öffnete.

In der Zeit war bereits der Größte ebenfalls auf den Panzer geklettert und sprang in die Luke hinein. Man hörte wie er ein paar Männer erschoß, bis man schließlich einen Knall und einen Schrei von ihm hörte.

Sofort sprang auch der Blumenwiese Junge in den Panzer und man hörte einen weiteren Schuss. Danach schrie er, dass ich reinkommen konnte.

Es war eng im Panzer und ich konnte gerade noch aufrecht stehen, Leon hätte dies nicht mehr gekonnt. Der Größte von den Amerikanern, lag verwundet am Boden, während der andere bei ihm kniete und fest auf seine Wunde drückte. "Kümmere dich nicht um mich, sondern beweg endlich diesen Panzer vom Fleck!" zischte der Große den Jungen an, als dieser nichts anderes tat, als ihn einfach nur mitleidig anzusehen.

Zögernd ließ der Amerikaner von ihm ab, rempelte mich am vorbeigehen an und knurrte „Kümmre du dich um ihn!" Mit diesen Worten widmete er sich dem Panzer, der sich daraufhin, rumpelnd und mit viel Lärm vom Fleck bewegte.

Geschockt sah ich den Großen Amerikaner an. Ich sollte mich um ihn kümmern? Was? Ich konnte Menschen umbringen, ich konnte über Leichen laufen, aber erste Hilfe leisten? Das konnte ich nicht!

Scheinwelten - Weißes ArmbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt