Kapitel 5

23 1 0
                                    

Die hoffnungslose Verhandlung

Mir wich sämtliche Farbe aus meinem Gesicht, als mir klar wurde, was ihr Nachname zu bedeuten hatte.

Ich schluckte schwer und sah sie entsetzt an. „Sind Sie..." begann ich, um danach kein einziges weiteres Wort über meine Lippen zu bekommen.

„Ja, ich bin Leons Mutter!" sagte sie ganz ruhig und gelassen. Mein Blick wanderte auf ihre Hand, die fehlte. Ich hatte schon eine kleine Vorahnung, welche mir Emma auch bestätigte. „Ich hatte die Wahl zwischen meiner Hand und der Vereinten Republik!"

Ihr Armband hätte sie verraten, dass sie nicht in der Vereinten Republik war, weswegen sie sie abschneiden musste, mit dem Armband zusammen.

Indem Moment, wo ich darüber nachdachte, kam mir ein anderer Gedanke in meinen Sinn. Wenn sie ihre Hand abschneiden musste, damit sie hier in Amerika sein konnte, was war dann mit mir? Musste ich auch meine Hand opfern?

Ich schluckte. Es kam mir fast so vor, als hätte sie meine Gedanken lesen können, denn bevor ich sie fragen konnte, beantwortete sie schon meine nicht gestellte Frage. „Zwei Wochen fallen ihnen nicht auf, aber dein restliches Leben schon."

Der Schock stand mir in mein Gesicht geschrieben, dazu musste ich nicht extra in einen Spiegel schauen, um das zu wissen.

„Aber glaub mir, es wird sich lohnen!" versuchte sie mich aufzumuntern. „Es wird sich lohnen?" fragte ich mit kratziger Stimme. „Ja!" sagte sie immer noch überzeugt.

Ich verstand sie nicht so recht. „Warum würd es sich lohnen, meine Hand zu verlieren, um in Amerika zu bleiben, wo ich doch gar nicht hinmöchte?" Nun wurde ihr selbstsicherer Blick verwirrt. „Wenn die Vereinte Republik erfährt, dass du nicht bei ihnen bist, werden sie dich durch das Armband umbringen." Sie machte eine kurze Pause.

„Du willst nicht hier bleiben? Warum willst du in ein Land zurück, indem Krieg herrscht? Warum willst du nicht in einem Land bleiben, indem es Frieden gibt?" Ich runzelte die Stirn und fragte mich ernsthaft, wie diese Frau, die ihrem Sohn so ähnlich sah, so was von nicht so war wie er es war.

„Es gibt keinen Frieden, wo machtbesessene Menschen die Führung haben! Vielleicht mag Amerika den Anschein haben, dass es in den Krieg nicht verwickelt ist, doch Amerika sitzt genauso in der Scheiße drin wie alle anderen Länder auch. Nur weil man hier vielleicht noch Sicher ist, heißt das noch lange nicht, dass man Frei ist!"

Ich war dabei aufzustehen und mir einen Zopf zu machen. Emma stand ebenfalls auf. „Ich habe nicht von Freiheit geredet! Ich habe vom Frieden geredet!" schmetterte sie mir die Wörter blitzschnell gegen meinen Kopf.

Danach ließ sie die Schultern hängen, ihren Kopf richtete sie auf den Boden und sprach leise weiter. „Es gibt keine Freiheit!" Ich ließ meine Haare in ruhe und runzelte erneut die Stirn.

„Wie meinen Sie das?" Sie hob ihren Kopf und sah mir tief in die Augen. „Wie kann man frei sein, wenn es Regeln gibt! Wie kann man frei sein, wenn man sich an Gesetze halten muss? Wie kann man frei sein, wenn es immer Menschen geben wird, die einen unterwerfen wollen? Wie kann eine Welt ohne Regeln, ohne Gesetze, ohne Normen die einen Sicherheit geben, funktionieren?"

Sie wartete kurz, vielleicht damit ich sie eines besseren belehrte, doch in ihrer Theorie fand ich keine Schwachstelle, weswegen ich schwieg.

Scheinwelten - Weißes ArmbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt