Cassian
Mir strich jemand durch meine schwarzen Haare. Murrend öffnete ich meine Augen. Ich blinzelte, da die Sonne direkt in mein Gesicht schien.
"Hey du! Aufstehen, der Unterricht beginnt in einer Stunde. Und du musst dich noch fertig machen und frühstücken", hörte ich eine mir völlig unbekannte Stimme, als ich mein Gesicht in dem weichen Kissen vergrub, welches noch nicht einmal bezogen war. Leise brummte ich vor mich hin, merkte, dass die Person sich ins Licht stellte, damit mich die Sonne nicht mehr blendete. Müde blickte ich zu ihm auf. Er war ziemlich groß, was aber vielleicht nur daran lag, dass ich im Bett lag und er direkt vor mir stand. Ich ließ meinen Blick an ihm runter wandern. Er trug ein kurzes weißes Hemd mit einer schwarzen Krawatte. Dazu kurze schwarze Hosen, die knapp über den Knien aufhörten und lange weiße Strümpfe mit einem schwarzen Streifen am Bund, die bis knapp unter die Knie hochgezogen waren. Die guten braunen Lederschuhe hielt er in den Händen. Der große Kerl fuhr sich mit der freien Hand durch die blonden Haare. "Wird's bald, Kleiner?", fragte er und zog eine Augenbraue hoch.
Gähnend setzte ich mich auf und streckte mich, ehe ich mir mit den Händen über das Gesicht rieb. Kurz sah ich mich um. "Dort ist das Bad", meinte er und zeigte auf die zweite Tür im Zimmer. "Deine Uniform hängt in deinem Schrank und die Gebäudepläne sind in dem Umschlug." Er zog sich die Lederschuhe an und zog seine Strümpfe zurecht. "Ich bin übrigens Lennox, dein neuer Zimmergenosse." Er hielt mir seine Hand hin. Ich schüttelte sie kurz. "Ich geh schon mal. Und beeil dich, sonst kommst du zu spät."
Ich nickte etwas überfordert und sah ihm nach, als er das Zimmer verließ. Seufzend erhob ich mich vom Bett und ging zu meinem Koffer, um mein Waschzeug raus zu holen. Mein Weg führte ins Bad. Zu meiner Überraschung war weder Dusche noch Badewanne drin, was hieß, dass ich mir nur so schnell Haare und Oberkörper wusch, ehe ich meine Zähne putzte und ins Zimmer zurück ging. Schuluniform... Er sagte, sie wäre im Schrank. Mein Blick fuhr zu dem Schrank am Ende meines Bettes. Ich ging hin, drehte den Schlüssel rum und zog die Schranktür auf. Zwei Uniformen kamen zum Vorschein. Eine war lang und die andere kurz. Da dieser Lennox die kurze trug, nahm ich mir die kurze aus dem Schrank und legte sie auf mein Bett, um sie mir genauer anzusehen. Auf der Brusttasche des Hemdes war das Schullogo mit dem Namen der Schule eingestickt. Auch auf den anderen Teilen der Uniform fand man beides wieder. Mein Blick fuhr zurück zum Schrank, wo die zweite Uniform hing. Darüber in dem Fach lagen ein Pulli und Sportsachen, ebenfalls einmal in lang und einmal in kurz. Ich schob den Schrank wieder zu und zog mir meine Uniform an, die ich zuvor auf mein Bett gelegt hatte.
Kritisch betrachtete ich mich im Spiegel und richtete meine Krawatte. Meine andere Hand fuhr durch meine schwarzen Haare, die wie immer ziemlich zerzaust waren. Ich war nie jemand gewesen, der stundenlang seine Haare machte. Wenn es hoch kam, kämmte ich sie kurz durch. Sonst ging ich nur einmal mit der Hand durch und das war es dann auch. Ich blickte auf die nagelneuen Lederschuhe. Zu meinem Erstaunen waren sie ziemlich gemütlich und so schlecht sahen sie auch nicht aus. Ich zog den braunen Ledergürtel in meiner Hose etwas fester, ehe ich mir die Gebäudepläne aus den Umschlag suchte, in welchem auch die Schulordnung und weitere Unterlagen drin steckten. Auch den Zettel mit den Informationen zum Unterricht nahm ich mir. Schließlich machte ich mich auf den Weg zum Speisesaal. Wie zu erwarten war, verlief ich mich und landete irgendwo anders. Nur nicht im Speisesaal. Total verloren sah ich mich um. Was sollte ich denn machen? Ich wusste ja nicht einmal, woher ich kam.
"Ey du! Hast du dich verlaufen?", hörte ich mir jemanden zurufen. In dem großen Raum, in dem ich stand, hallte seine freundliche Stimme. Grinsend kam der Junge auf mich zu. Er kam mir bekannt vor und schließlich fiel mir ein, dass ich ihn am Tag zuvor bereits in der Eingangshalle des Wohngebäudes gesehen hatte. Er hatte genauso gegrinst und fuhr sich nun genauso durch die schokobraunen Haare wie am Tag meiner Ankunft. Direkt vor mir kam der gut aussehende Junge zum stehen. Er war vielleicht ein paar Zentimeter kleiner, was aber nicht besonders auffiel. Zudem hatte er ganz dunkle braune Augen, die eine Wärme versprühten, sodass man sich in seiner Gegenwart sofort wohl fühlte. Er machte nicht den Eindruck als wäre er jemand, dem man nicht vertrauen könnte. "Lass mich raten, du warst sicher auf dem Weg zum Speisesaal oder?"
Ich nickte leicht und sah ihn ausdruckslos an.
"Komm, ich nehme dich mit." Er klopfte mir leicht auf den Rücken. "Du scheinst ja nicht viel zu reden oder? Oder liegt es nur daran, dass du noch nicht aufgetaut bist, hm?" Der hübsche Kerl sah mich an und grinste. Durch sein Grinsen übertrug er seine gute Laune auf mich.
"Na ja eigentlich spreche ich mehr", gab ich zu und erwiderte sein Grinsen ganz leicht.
"Ah das ist cool!" Er wuschelte mir durch meine dunklen Haare. "Oh Gott wie unhöflich von mir! Ich bin Robin Smith", sagte ich und lächelte mich an.
"Cassian Jacques", stellte ich mich ihm ebenfalls vor.
Zusammen liefen wir die langen Gänge entlang. Zwischen uns herrschte ein Schweigen, das keinesfalls unangenehm war. Staunend sah ich mich ein wenig um, während wir nebeneinander her gingen. Das Gebäude war riesig und wunderschön. Zugegeben ich hatte eine schwäche für alte Gebäude und tolle Inneneinrichtungen. Schon immer hatte ich mich für so etwas interessiert, wofür mich schon so mancher für verrückt erklärt hat. Aber was konnte man schon für seine Vorlieben?
Schließlich kamen wir im großen Speisesaal an. Etwas überfordert sah ich mich um. Es waren so viele Schüler dort, in den verschiedensten Altersklassen und alle sahen sie durch die Uniform irgendwie gleich aus. Nur schienen die verschiedenen Klassenstufen unterschiedliche Krawattenfarben zu haben. "Robin, hast du meinen Bruder gesehen?", fragte ich ihn.
"Das kleine Schnuckelchen, das gestern bei dir war?", fragte er mit einem breiten Grinsen.
Ich sah ihn an, musste lachen. "Ja, genau der."
Robin sah sich mit einem geschulten Blick in dem Saal um und zeigte in eine Richtung. "Er sitzt da drüben zwischen ein paar anderen."
Ich folgte mit meinem Blick seiner Hand und entdeckte ihn. "Kommst du mit zu ihm?" Ich sah den hübschen Kerl an.
"Klar, aber sehr gerne", grinste er und ging mit mir zusammen zu meinem kleinen Bruder.
Von hinten hielt ich meinem kleinen Engel die Augen zu. "Verflucht seist du, du schwarzer Engel!"
Damon fing an zu lachen. "Cassian, wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du das lassen sollst?" Er schob meine Hände von seinem Gesicht und sah zu mir hoch, da ich mich etwas über ihn beugte.
"Und wie oft hab ich dir schon gesagt, dass ich es nicht lassen werde?" Ich wuschelte ihm durch die perfekt gestylten Haare.
Entsetzt sah er mich an. "Meine Frisur!"
Ich grinste dämlich. "Welche Frisur? Ich sehe keine." Ich streckte ihm meine Zunge aus. "Das ist übrigens Robin."
Mein neuer Bekannter hielt Damon lächelnd seine Hand hin, welche dieser nahm. Robin hauchte einen Kuss auf seinen Handrücken. "Freut mich Euch kennen zu lernen, Damon Jacques." Er grinste verschmitzt und ließ die Hand meines Bruders wieder los. Er war ein wenig rot geworden. "H-hey..."
Robin und ich setzten uns zu ihnen, nachdem wir uns etwas zu Essen geholt hatten. Ich fühlte mich gleich etwas wohler. Schließlich war ich nie jemand gewesen, der gerne allein war, besonders nicht, wenn es eine fremde Umgebung und fremde Leute waren, die mich umgaben.
DU LIEST GERADE
Milo [boyxboy]
RomanceCassian Jacques und sein kleiner Bruder Damon werden nach dem Tot ihrer Eltern in ein Jungeninternat geschickt. Als jedoch der Freund seines Mitbewohners ihr Zimmer betritt, ist es um Cassian geschehen. Der kleine Milo hat sein Interesse geweckt, do...