Mach ihn glücklich

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Cassian

Die Bierflasche lag kalt in meiner Hand, während ich auf das dunkle Holz des Bartresens blickte.

„Cassian, es tut mir leid, dass ich dich so zugerichtet habe." Der Blonde saß neben mir an der Theke und starrte auf sein Getränk. „Ich bin einfach total ausgerastet, als ich erfahren hab, dass er und du..." Er holte tief Luft. „Ich wusste, dass er mich schon öfter betrogen hat. Schließlich bin ich nicht blöd, natürlich hab ich gecheckt, dass er mit anderen Typen gefickt hat. Wir wohnen in einem Internat, da bekommt man sowas mit. Aber ich dachte immer, dass er einfach nur etwas Abwechslung im Bett braucht und hab so getan, als wüsste ich von nichts. Ich hab meine Wut an den anderen Jungs ausgelassen, weil ich Milo auf keinen Fall verletzen wollte. Was eigentlich total dumm ist, schließlich hat er mich ja auch verletzt. Aber ich hatte immer gehofft, dass alles wieder gut wird zwischen uns. Ich wollte nicht glauben, dass wir einfach älter werden und wir uns verändern und er nicht ewig an meiner Seite bleiben würde. Wir kennen uns unser ganzes Leben lang. Milo war immer da und der Gedanke, er könnte es nicht sein, brachte ich innerlich um, weißt du? Ich wollte ihn mit aller Kraft festhalten. Dabei hab ich doch gemerkt, dass ich ihn gar nicht mehr glücklich machen kann. Dennoch war ich so eifersüchtig. Jedes Mal, wenn er mit anderen geredet hat. Wahrscheinlich weil ich wusste, dass jeder von ihnen der Grund hätte sein können, weshalb er mich verlässt. Und dann warst ausgerechnet du es. Ihr hab mehr Zeit miteinander verbracht. Er sah irgendwie so anders aus, wenn er dich angesehen hat. Und fuck ich kenne diesen Blick. Ich wusste sofort, was das bedeutete. Und dann trug er deine beschissene Jacke. Die hab ich sofort erkannt. Und da hab ich einfach völlig die Fassung verloren, obwohl ich es doch längst wusste. Es tut mir wirklich schrecklich leid, Cassian."

Ich hörte ihm zu. Das alles hatte sich wohl die ganze Zeit über in ihm angestaut. Es war gut darüber zu reden. Klar, was es komisch, dass er ausgerechnet mit dir darüber redete. Aber es brachte vielleicht auch ein wenig mehr Klarheit in meinen Kopf.

„Lennox, habt ihr je offen und ehrlich über eure Gefühle geredet?" Ich sah ihn von der Seite an und nahm einen Schluck von meinem Bier.

„Früher schon. Wir konnten über alles reden. Weißt du, er war nicht nur mein Freund, sondern auch mein bester Freund. Wir haben alles miteinander geteilt. Und dann wurde es immer weniger. Es war, als hätten wir uns auseinander gelebt. Milo hat mir nichts mehr anvertraut. Er ist ausgewichen, wenn ich ihn darauf angesprochen hab. Vielleicht hatte er auch Angst, mir wehzutun, wenn er mir ehrlich gesagt hätte, was in ihm vorgeht. Ich weiß es nicht. Er wurde eben immer ruhiger, ging auf Abstand. Das hat mich fertig gemacht."

Ich nickte leicht, betrachtete den Kapitän der Basketballmannschaft. „Habt ihr inzwischen darüber geredet?"

„Nicht so richtig. Na ja ich bin halt gleich auf dich losgegangen..." Er zog die Schultern hoch.

„Ihr solltet es vielleicht tun. Einfach, um zu wissen, was überhaupt los ist. Nur ihr beide. Wenn du sagst, er war dein bester Freund, dann solltet ihr euch richtig aussprechen. Denn ich geh mal davon aus, dass ihr euch noch öfter über den Weg laufen werdet und da wäre es vielleicht... einfacher normal miteinander umzugehen. Weißt du?"

Lennox sah mich an, zog eine Augenbraue hoch. „Und dich stört das nicht? Schließlich... bin ich sein... Ex...?"

„Lennox." Ich sah ihn ernst an. „Du warst immer ein Teil seines Lebens. Und wenn es ihm schlecht geht, weil da irgendwas zwischen euch unausgesprochen ist, dann würde ich mir niemals verzeihen, nicht zugelassen zu haben, dass ihr miteinander redet. Ich vertraue darauf, dass Milo fähig ist, zu entscheiden, was er möchte."

„Und wenn er dich nicht möchte?"

„Dann wäre es okay. Es ist seine Entscheidung und egal wie sehr es mich vielleicht verletzt oder nicht, es wird das richtige sein. Ihm soll es gut gehen. Das ist das einzige, was zählt."

Er lächelte leicht. „Cassian, du bist ein guter Kerl." Er legte seine Hand auf meine Schulter. „Wenn Milo sich wirklich entscheidet bei dir zu sein, mach ihn bitte glücklich. Wenn du es wirklich ernst mit ihm meinst, gebe ich ihn gern in deine Hände."

Ich sah ihn ein wenig verlegen an. „Ich hab mich wirklich in Milo verliebt und wenn er es zulässt, werde ich ihn auf Händen tragen und alles tun, um ihn lächeln zu sehen."

Er wuschelte mir mit seiner starken Hand durch die schwarzen Haare.

„Und Lennox?"

„Hm?"

„Ich verzeihe dir." Ich sah ihn an. „Mich stört es nicht, wenn du mein Mitbewohner bleibst. Schließlich mache ich eh bald meinen Abschluss."

„Danke, Cassian. Wie gesagt, du bist ein guter Kerl."

Wir stießen mit unserem Bier an.

Natürlich hätte es mir egal sein können, was mit ihm ist, wie er sich dabei fühlt, wie er die ganze Situation erlebt hat. Aber es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass zwischen uns alles okay war. Dass wir keine Konkurrenten sein würden. Er hatte uns so etwas wie seinen Segen gegeben und das machte es irgendwie leichter. Für mich jedenfalls.

Milo [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt