Maskenball

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Cassian

Ich knotete das Satinband an meinem Hinterkopf zu einer Schleife zusammen, betrachtete mich zufrieden im Spiegel. Seit ich von dieser Veranstaltung gehört hatte, freute ich mich riesig darauf. An der Schule wurde ein Maskenball veranstaltet. Eine richtige Tanzveranstaltung. Jeder Schüler durfte eine weibliche Begleitung einladen. Ich liebte das Tanzen sehr. Bei einer schülerinternen Feier, hatten mein kleiner Bruder und ich den anderen bereits gezeigt, was es hieß, tanzen zu können. Unsere Eltern waren erfolgreiche Tänzer und besaßen eine eigene Tanzschule. Da blieb es nicht aus, dass Damon und ich ebenfalls tanzen konnten. Bevor unsere Eltern gestorben waren, hatte ich mit meiner Partnerin ebenfalls sehr erfolgreich an sämtlichen Wettbewerben teilgenommen. Seit wir Kinder waren, tanzten wir zusammen. Und da sie das einzige Mädchen war, das zu einem solchen Ball auftauchen würde, war sie meine Begleitung für den Abend. Ich musste sie nur unter den ganzen Leuten finden. Aber das würde nicht all zu schwer werden.

Ich fuhr mir durch die immer wilden Haare und richtete mein Sakko, ehe ich mich auf den Weg in den großen Saal machte. Es war zwar Pflicht, sich angemessen zu kleiden, allerdings musste ich es einfach bringen in zerrissenen Jeans dort aufzutauchen. Aber wenigstens war sie schwarz. Und Hemd, Krawatte und Sakko trug ich ja trotzdem. Was tat man nicht alles für 50 Cent? Tatsächlich waren solche 50-Cent-Wetten bei uns im Internat der letzte Schrei. Das machte das Leben hier etwas interessanter. Man sollte meinen, dass diese reichen Kids hier mit mehr Geld wetten könnten. Natürlich könnten sie das. Aber es ging ja nicht um das Geld. Es ging darum dumme Dinge zu tun. Jemand sagt dir, was du machen sollst und wenn du annimmst und es tust, bekommst du 50 Cent. Aber mal abgesehen davon, hätte ich das mit der Hose trotzdem durchgezogen.

Musik dröhnte in meinen Ohren, als ich die dunkle Halle betrat.
„Wuhu, er hat es wirklich gemacht!", rief jemand und sprang gut gelaunt auf mich zu. Es war Robin. Grinsend schnipste er die Münze hoch und ich fing sie auf.
„Was dachtest du denn?", lachte ich.
Die Veranstaltung war bereits im vollen Gange. Ich war einfach nicht der Typ dafür, mir die nervigen Ansprachen zu Beginn der Feierlichkeiten anzutun.
„Aber wie es aussieht, hast du deine Schnecke noch nicht gefunden?", neckte ich ihn. Ich wusste, dass er kein Mädchen eingeladen hatte. Sein Ziel war es, sich einen anderen einsamen Knaben zu angelnd und mit ihm zu verschwinden. Typisch.
„Aber ich hab da schon eine Schnecke im Auge", grinste er dreckig. „Also bis dann." Und weg war er.

Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf und mischte mich unter die Menge. Die Stimmung war gut und viele hatten wohl schon ihre Begleitung gefunden. Ich ließ meinen Blick schweifen.

„Suchst du jemanden?", hauchte mir jemand ins Ohr. Grinsend drehte ich mich zu ihr um. Ihre langen roten Haare lagen in Locken über ihre Schultern, ihre blauen Augen strahlten in den bunten Lichtern.

„Jetzt nicht mehr." Ich legte meine Arme um das Mädchen. „Schön, dass du hier bist." Ich brüllte sie förmlich an, weil die Musik so laut war.

„Überrascht es dich?" Sie lachte. Ihr Lachen hatte ich sehr vermisst.

„Nah. Ich weiß doch, dass du mir nie widerstehen kannst, Baby."

„Was ist? Wollen wir den Langweilern zeigen, was wir können?" Sie wackelte mit den Augenbrauen.

Ich lachte und ergriff ihre Hände. Wir tanzten uns die Füße wund. Die Musik umhüllte uns, wir waren schwerelos. Es war zu lang her, dass ich mich so befreit gefühlte. Natürlich machte es mir Spaß etwas mit meinen neuen Freunden zu unternehmen, ich hatte mich wirklich gut eingelebt. Und, dass es Damon inzwischen wieder gut ging, erleichterte mich wirklich. Allerdings war ich trotzdem total aufgewühlt. Seit dem Tot meiner Eltern war ich nicht richtig runter gekommen. Ich schlief schlecht und war in ruhigen Momenten so aufgewühlt, dass mir jeder Gedanke Kopfschmerzen bereitete. Es war das erste Mal seit der Beerdigung, dass ich meine beste Freundin wieder sah, sie in meinen Armen hielt und einfach nur glücklich war. Ich hatte sie wirklich vermisst.

Ich war so sehr in meiner eigenen Welt gefangen, dass ich gar nicht bemerkte, dass mich jemand beobachtete. Erst als wir eine kurze Pause einlegten, um etwas zu trinken, bemerkte ich den Zettel in meiner Sakkotasche. Lässig lehnte ich mich an die Wand und faltete das Kaugummipapier auseinander.

,Zu schade. Dabei hätte ich so Lust mich von dir führen zu lassen. Bis Mitternacht hast du Zeit. ~M'

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und nun bemerkte ich auch die Blicke, die auf mir ruhten. Er war es. Da war ich mir sicher. Niemandes Blicke hätten eine solche Wirkung auf mich.

„Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen", lachte die rothaarige, die mit zwei Bechern in den Händen zu mir kam. Sie sah mich durch ihre Maske an. „Was hast du da?"

Ich zerknüllte das Papier und schob es in die Hosentasche. „Nichts wichtiges." Lächelnd nahm ich ihr einen Becher ab und trank einen Schluck, während ich meinen Blick schweifen ließ. Ich hatte ihn den ganzen Abend nicht gesehen. Dennoch verspürte ich den Drang, ihn zu finden. Was genau hatte er gemeint? Wollte er mit mir tanzen? Nein, das war absurd. Aber was hatte er dann vor? Er spielte seine Spielchen mit mir, das war klar. Und er schien eine Menge Spaß dran zu haben. Allerdings war er nie so direkt gewesen. Auch wenn die Worte, die er gewählt hatte, alles andere als direkt waren.

Ich werde dich finden. Oh du kleiner Teufel. Ich werde dich finden. Was tust du nur mit mir? Oh du kleiner Teufel. Was ist nur dein Ziel? Oh du kleiner Teufel. Wieso ziehst du mich weiter in deinen Bann? Dabei hast du mich doch schon lang in deine eisernen Fesseln gelegt. Oh du süßer Teufel, wir sehen uns um Mitternacht.

Milo [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt