Cassian
Böse Blicke. „Ihr habt selbst Schuld." Robin stemmte grimmig seine Hände in die Hüften, während der rothaarige Mitbewohner meines Bruders uns die Teetassen in die Hände drückte. „Und wehe ihr jammert. Wer so dumm ist und im Herbst und im strömenden Regen draußen im Gras zu sitzen, darf sich nicht beschweren. Ich habt es verdient krank zu sein!" Seine böse runtergezogenen Augenbrauen zuckten, als Damon eine Schnute zog. „Cas, wieso ist dein Bruder sogar süß, wenn er aussieht wie eine Leiche?" Mein Kumpel knuddelte seinen Freund.
Ich zuckte nur mit den Schultern. Reden konnte ich nämlich nicht. Mein Hals tat übelst weh und mein Kopf explodierte wahrscheinlich jeden Augenblick. Mein ganzes Gesicht fühlte sich so geschwollen an. Mir war kalt. Ich wollte kuscheln. Und ganz viel schlafen, aber das ging Nachts echt nicht.
Ich nahm einen Schluck von meinem Tee, verschluckte mich daran. „Irgh was ist da drin...?", krächzte ich heiser. Ein Wunder, dass man mich überhaupt hören konnte. Natürlich bereute ich sofort irgendwas gesagt zu haben. Es tat weh. Wie war das mit dem Äußern von Wünschen? Physische Schmerzen und so? Zur Hölle mit meinen Wünschen.
Der Rothaarige streckte mir zu Zunge raus und hielt eine teuer aussehende Flasche mit hochprozentigem Inhalt hoch. „Das hilft, also trink brav aus."
Ich rümpfte die Nase. Mir war normaler Tee lieber.
„Und wie Roby schon sagte: ihr seid selbst Schuld. Außerdem könnt ihr echt froh sein, dass wir uns überhaupt um euch Bazillenschleudern kümmern." Der kleine zuckte mit den Schultern.
„Wir sind halt die besten", unterstützte Robin seine Aussage und hatte sich zu Damon gekuschelt. Er spielte mit seinem Haar und hielt ihn im Arm. Wirklich süß... Ich wollte auch so etwas.
Ich ließ den Kopf hängen, zog die Steppdecke enger um mich. Es war zwar schön von Freunden und der Familie umsorgt zu werden, wenn man krank war. Aber ich würde gern mal von einer wirklich besonderen Person umsorgt werden. Wie er sich wohl um mich kümmern würde? Wäre er auch so süß wie Robin? Würde er mich trotz Schnodderseuche im Arm halten und mit mir kuscheln? Oh menno...
Ich trank brav meinen Tee mit Schuss. Der erste Schluck war wirklich der schlimmste gewesen. Danach hatte ich mich an den Geschmack gewöhnt. Insofern man bei einer derben Erkältung überhaupt etwas schmecken konnte.
Ich schlief viel. Wenn unsere Krankenschwestern zum Unterricht mussten, lagen Damon und ich als Decken- und Kissenhaufen auf seinem Bett. Hauptsache ich war nicht allein. Mir war nicht nach allein sein. Dennoch gab es eine Person die ich lieber bei mir hätte als meinen Bruder. Natürlich. Ich wollte ihn immer in meiner Nähe haben. Doch das war er so selten. Fast nie. Und dennoch vermisste ich Milo so sehr. Sogar wenn ich ihn eigentlich auf den Schulfluren sah.
Mein kleiner Bruder kämpfte sich aus seinem Kokon und watschelte ins Bad. Das Bett war gleich viel kälter.
Irgendwann vernahm ich ein zaghaftes Klopfen an der Tür. Ohne eine Antwort gegeben zu haben, wurde sie einen Spalt aufgeschoben. „Ich... hab gehört, dass hier zwei im Sterben liegen..."
Egal wie kalt mir war, mir wurde augenblicklich so warm. Es stieg in mir so eine Hitze auf. Da war die Suppe auf seinem Tablett wirklich überflüssig. Er schob geschickt mit dem Fuß die Tür hinter sich zu.
„W-was...?"
Er schüttelte leicht den Kopf. „Du solltest deinen Hals schonen." Er kam auf das Bett zu und stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. „Ich hab eine Freistunde und die Küchenladys waren so lieb und haben Suppe gemacht." Die zierliche Gestalt setzte sich auf die Bettkante.
„Was ist mit Lennox...?", sprach die Frage aus, die mir schon seit ihrer Wiederkehr auf der Zungen brannte. In meiner Brust zog es sich schmerzhaft zusammen.
Sein Schweigen machte es nicht besser. Ganz im Gegenteil.
Ich lehnte den Kopf gegen die Wand hinter mir. „Bitte geh wieder...", flüsterte ich. Es war schwer meine Stimme zu kontrollieren. Er sollte nicht hören, wie schwach er mich machte. Natürlich war mir klar, dass er es ganz genau wusste. Trotzdem wollte ich nicht wie ein Häufchen Elend heulend vor ihm hocken.
„Aber..."
Ich schüttelte den Kopf und deutete nur stumm auf die Zimmertür. Er verstand und ging.
Alle Dämme brachen. Erneut. Es brachte gar nichts, sie wieder aufzubauen. Sie hielten nie. Egal wie vermeintlich stark sie gebaut waren. Und verdammt, heulen fühlte sich noch bescheuerter an, wenn einem so schon der Kopf fast platzte und man keine Luft bekam.
Mein Bruder stand in der Badtür, betrachtete mich, ehe er das Zimmer ebenfalls verließ.
Wieso sehnte ich mich so sehr nach Milos Nähe und schickte ihn dann weg? Was war nur falsch mit mir? Er war der verbotene Apfel. Eigentlich wollte ich ihn essen, um zu wissen, was dann passiert. Aber ich traute mich nicht, weil es gegen die Regeln war. Ich hatte Angst die Regeln zu brechen. Dabei brach er sie solang ich ihn eben kannte. Er pfiff anscheinend auf die Regeln. Vielleicht war das der Grund, wieso es so wehtat. Weil er nicht nach den Regeln spielte. Irgendeiner war immer der Verlierer.
Der Verlierer in diesem Spiel war ich. Natürlich. Schließlich schummelte mein Gegenüber. Was brachte es ihm nur? Oh geliebter Milo, was bezweckst du nur mit deinen Aktionen? Wieso lässt du Lennox nicht los und gehörst mir? Was hält dich davon ab, fair zu sein? Oh mein Geliebter...
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Milo [boyxboy]
RomantikCassian Jacques und sein kleiner Bruder Damon werden nach dem Tot ihrer Eltern in ein Jungeninternat geschickt. Als jedoch der Freund seines Mitbewohners ihr Zimmer betritt, ist es um Cassian geschehen. Der kleine Milo hat sein Interesse geweckt, do...