Ein Jahr später

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Cassian

In dem letzten Jahr hatte ich die Tanzschule meiner Eltern wieder eröffnet. Unter der Aufsicht meiner Tante wurde das Gebäude wieder aufgebaut, nachdem es ja gemeinsam mit dem anschließenden Wohnhaus nieder gebrannt war. Nun lebte ich zwar allein in dem großen Haus und hatte alle Hände voll zu tun, die Tanzschule zu leiten, doch war es wohl genau das, was mich erfüllte. Ja, ich konnte sogar sagen, dass ich glücklich war. Außerdem würde ich nicht mehr länger mit meinen beiden Katzen allein leben.

Ich hob meine weiße Lady hoch und ließ die Katze auf meine Schultern klettern. Sie ließ sich gern herumtragen. Mein schwarzer Kater hingegen schlenderte lieber allein durch das Haus oder sah sich die Tanzstunden an, die ich gab.

„Wollen wir schauen, ob er schon da ist?", fragte ich Luna, woraufhin sie mauzte und ich sie mit zur Haustür trug.

Als hätte ich es geahnt, fuhr ein schwarzes Auto mit getönten Scheiben auf den Hof, als ich die Tür öffnete. Es regnete draußen, weshalb ich unter dem Vordach stehen blieb.

Die schmächtige Gestalt stieg aus dem Auto. Er ignorierte den Fahrer, der mit dem Regenschirm dort stand und lief den Kiesweg hinauf. Der strömende Regen durchnässte ihn vollkommen, doch das schien egal zu sein.

Mein Freund sprang mir direkt in die Arme. Wir hatten uns viel zu lang nicht mehr gesehen. Während die Katze die Flucht ergriff, wirbelte ich mit ihm im Kreis. „Endlich bist du da..." flüsterte ich ihm zu, verteilte Küsse auf seinem Gesicht.

Der Arme Fahrer, der Milos Koffer durch den Regen zum Haus schleppte, wurde von uns vollkommen ignoriert.

„Ich hab dich vermisst." Der Weißhaarige sah mich unter Tränen an. „Und du hättest zur Abschlussfeier kommen sollen..."

„Es tut mir leid, ich konnte hier nicht weg", sagte ich und wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht. „Ich hab dich auch vermisst, mein Engel." Liebevoll küsste ich ihn. „Na komm rein, sonst erkältest du dich."

Ich hob die weiße Katze hoch und führte Milo ins Haus hinein. Er war tatsächlich noch nie dort gewesen. Jedes Mal hatte ich ihn besucht. Und obwohl er dieses Haus nie gesehen hatte, wollte er einziehen und bei mir leben. Das machte mich so unglaublich glücklich.

Nachdem wir uns vom Fahrer verabschiedet hatten, brachte ich meinen Freund in das große Badezimmer, da er wirklich klatschnass war.

„Zieh die nassen Sachen aus." Ich nahm ein großes Handtuch aus dem Schrank, ehe ich ihm half die nassen Klamotten loszuwerden. Schmunzelnd wickelte ich ihn in das große Handtuch. „Willkommen Zuhause", flüsterte ich.

Er strahlte mich an. Seine Aufmerksamkeit galt allerdings ganz schnell der Katze, die wieder auf meinen Schultern lag. „Sie hat ja auch zwei verschiedene Augenfarben!", rief er begeistert.

„Das ist Luna", stellte ich ihm die Katze vor, die ihm so ähnlich sah. „Und der Kater ist schwarz. Aber für ihn hab ich keinen Namen gefunden."

„Also gibt es uns nochmal in der Katzenversion", meinte Milo, was mich zum Lachen brachte.

„Hast du Hunger? Die Fahrt war schließlich ziemlich lang."

Er nickte und zog das Handtuch enger um sich. „Muss ich was anziehen?"

„Wie sind allein hier. Also wie du möchtest."

Mein Freund trottete mir nur in das Handtuch gewickelt in die Küche hinterher. „Das Haus ist wirklich schön. Und so groß!"

„Eigentlich viel zu groß für zwei Leute", meinte ich.

„Schon. Aber fürs erste ist es doch ganz schön, wenn wir hier nur zu zweit leben." Er grinste mich an.

„Stimmt."

Milo [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt