Feuer und Wasser

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Cassian

Meine Hände umklammerten die kühle Bierflasche, während ich auf das Feuer starrte. In sicherer Entfernung hockte ich auf einem Baumstamm. Dennoch spürte ich die Wärme deutlich auf meiner Haut. Es war unangenehm, weil ich wusste, dass diese Flammen die Hitze ausstrahlten. Die Sonne war bereits untergegangen, das Meer still geworden. Die Musik dröhnte. Menschen redeten, lachten. Man brauchte nur kurz aufblicken, da entdeckte man ein Pärchen, das sich befummelte. Oder eben keine Pärchen. Trotzdem befummelten sie sich. Manchmal kam das Bedürfnis auf, auch jemanden zu befummeln. Selbst befummelt werden. Aber dann fragte ich mich, ob ich das wirklich brauchte. Jedenfalls so in der Öffentlichkeit. Seinen Trieben nachgehen wie wilde Tiere. Gern in stiller Zweisamkeit. Aber nicht vor allen anderen. Mein Blick fuhr zu meinem Zimmergenossen, dessen fester Freund auf deinem Schoß saß, während sie züngelten. Nicht vor mir, bitte. In meiner Brust zog es sich schmerzhaft zusammen. Ich wollte nicht sehen, wie sie sich gierig gegenseitig auffraßen. Und dann strahlten diese beiden Menschen so viel Hitze aus und übertrumpften das Feuer.

„Willst du auch?"

„Hm?" Ich sah das Mädel neben mir an. Sie war knapp bekleidet und augenscheinlich völlig betrunken.

„Rummachen." Es hörte sich auch danach an.

„Nein, danke." Ich ließ von ihr ab und exte mein Bier, ehe ich die Flasche zu anderen leeren Flaschen in den Strandsand steckte.

„Hast du ne Freundin?" Sie schmiegte sich an meinen Arm, welchen ich sofort zurück zog. Mir war es unangenehm, wenn jemand meinen rechten Arm so umschlang. Bei diesem Mädchen wäre es mir allerdings auch beim linken nicht recht.

„Nein."

„Warum willst du dann nicht?"

„Ich hab halt keine Lust." Ich erhob mich und ließ sie einfach sitzen. Darauf konnte ich wirklich verzichten. Für einen Moment drehte sich alles und ich musste mich erst fangen, ehe ich durch den Sand schlurfte. In sicherer Entfernung drehte ich mir eine Zigarette, was im nüchternen Zustand wesentlich einfacher war, und klemmte sie mir zwischen die Lippen. Noch mehr Feuer. Ich betrachtete die kleine Flamme des Feuerzeugs, ehe sie wieder erlosch. Ich presste meine Faust gegen meine Stirn. „Lass los...", nuschelte ich. Es machte mich fertig, immerzu daran zu denken.

„Hast du auch eine für mich?"

Ich erkannte die Stimme. Wortlos hielt ich ihm mein Drehzeug hin.

„Willst du schwimmen gehen?"

„Damit du mich wieder retten kannst?", fragte ich und lachte auf.

„Ist das ein Angebot? Ich hab es sehr genossen, der Held zu sein." Er grinste mich blöd an und steckte sich die Kippe an.

Ich lachte. Ja, manchmal war es auch sehr schön, gerettet zu werden. Auch wenn man selbst der Ansicht war, dass es nicht nötig wäre.

„Also... willst du?" Er sah auf die ruhige Wasseroberfläche, die im Mondschein funkelte.

„Aber nicht hier. Denke ich." Ich drehte mich kurz um und sah auf den Haufen betrunkener Leute. Den Großteil kannte ich gar nicht.

„Dann gehen wir woanders hin?"

Wir stapften nebeneinander durch den feinen Sand, der sich bei jedem Schritt so lieblich um meine nackten Füße schmiegte. Er war noch immer ein wenig warm. Der Held sprach nicht. Ich ebenfalls nicht. Und es war angenehm, nicht zu sprechen.

An einer abgelegenen Stelle warfen wir nach und nach unsere Shirts und Hosen und alles, was darunter war, zu Boden. Ich sah mir seinen Körper an. Von hinten, als er vor mir Richtung Wasser lief. Süßer Po. Schöner Rücken. Breite Schultern. Aber nicht zu breit. Das Haar im Nacken kurz und dann eine Ahnung zu lang. Sah so ein Held aus?

Ich folgte ihm. Wie schwammen. Das Wasser war kühl. Ich mochte es sehr. Genauso sehr mochte ich seine Hände. Der Mond schien auf uns hinab. Es war dunkel und dennoch hell genug, um ihn anzusehen. Den Jungen, den Helden. Er war schön in jener Nacht. Und ich fühlte mich selbst schön, als er mich mit diesem Funkeln in seinen Augen ansah. Diese Lust. Diese Gier. Diese Leidenschaft. Starke Hände. Dennoch so sanft. Sie glitten über jeden Zentimeter meines entblößten Körpers. Als sie meine Narben berührten, war es kein bisschen schlimm. Im Gegenteil. Diese Finger berührten mich an Orten, an denen nur meine eigenen Finger gewesen waren. Und meine Finger waren dort, wo wohl schon etliche andere gewesen waren. Doch das störte mich nicht. Nichts an jener Situation störte mich. Mir war so heiß und ich liebte es. Wir schwebten gemeinsam. Lippen verschmolzen. Lippen und Zungen und Finger und ganze Körper. Mein ganzer Körper gehörte ihm und der seine mir. Stille Zweisamkeit. Mit einem Fremden. Die Tatsache machte es irgendwie so unglaublich leicht. Ohne Gefühle. Dafür erregte Geräusche, die so viel mit meinem Körper machten. Ich lernte ihn kennen. Meinen Körper. Ich fand heraus, wie gut sich Dinge anfühlten, an die ich nie zu denken vermochte.

Sternenklarer Himmel. Heller Mond. Stilles, kühles Wasser. Heiße Körper. Lauter Atem. Erregung. Lust. Leidenschaft. Hände festgekrallt in die Haare des anderen. Hände. Überall. Finger. Oh seine langen Finger, die mich Dinge fühlen ließen. Lieblicher Schmerz. Bissspuren. Rote Flecken auf meiner blassen Haut. Rote Kratzer auf seinem schönen Rücken. Kommen. Zweimal?

Fuck.

Milo [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt