Zwischen Herbstlaub

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Cassian

Das Laub raschelte, während wir durch es hindurch stapften. Seine Hand war kalt in meiner. Sie wirkte so klein und zerbrechlich. Ich mochte den Gedanken, ihn vor allem beschützen zu müssen. Niemals würde ich es mir verzeihen, wenn diesem Jungen etwas zustoßen würde.

Sonntagmorgen. Weit vor dem Frühstück. Die Sonne ging gerade auf. Die ganze Nacht hatten wir kein Auge zugetan. Die ganze Nacht waren wir durch die Weltgeschichte gelaufen und haben einfach nur geredet. Über uns. Über andere. Über alles mögliche. Die Füße taten uns weh, als hätten wir die ganze Nacht durchgetanzt. Mein Hals tat weh vom vielen Reden und Rauchen. Der Magen knurrte, ich freute mich auf das Frühstück. Dort würden wir jedoch nicht mehr einander die Hände halten, denn Lennox wusste noch nichts von seinem Pech. Er tat mir schon leid. Dennoch war ich in diesem Fall egoistisch. Wenn Milo sich für mich entschied, dann gehörte er mir. Und ich ihm. Mit niemandem würde ich ihn teilen. Nicht solang er an meiner Seite stand.

„Willst du eigentlich deine Jacke wieder haben?", fragte der weißhaarige mich. Ich hatte ihm in der Nacht meine schwarze Lederjacke gegeben, weil ihm kalt war.

„Ist schon okay, behalt sie an." Zugegeben fand ich es nur im Pulli doch sehr frisch. Ich würde mir trotzdem nicht die Blöße geben und meine Jacke zurück verlangen. Zumal er so süß aussah, wenn er meine Kleidung trug. Als ich ihm das gesagt hatte, hatte er eine beleidigte Schnute gezogen und gegen das Wort ‚süß' protestiert. Das machte die Situation nur noch niedlicher. Natürlich sagte ich da nichts weiter zu. Schließlich wollte ich ihn nicht gleich am Anfang vergraulen.

„Du Milo?" Ich sah in den Himmel.

„Hm?"

„Ich fand die Nacht mit dir sehr schön." Ich sah zu ihm und schenkte ihm ein Lächeln.

Er sprang vor mich und lief rückwärts vor mir her, ließ meine Hand jedoch nicht los. „Ich liebe jede Nacht mit dir, Cassian. Jede Nacht und jeden Tag und jede einzelne Sekunde."

Mir wurde warm. Die Jacke brauchte ich nicht mehr.

Milo blieb stehen und ließ meine Hand los, um die seine um mein Gesicht zu legen. Saft zog er mich zu sich hinab. Es wäre der perfekte Moment für unseren ersten Kuss gewesen, doch hatte ich ihm deutlich genug gemacht, dass ich ihn nicht anrühren würde, solang mit Lennox nichts geklärt war. Ich legte meine Stirn an die seine, sah ihm in seine wunderschönen Augen. Das reichte mir. Ich brauchte keinen Kuss.

Milo [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt