16.

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Sofia

Nervös drehte ich meine Schlüssel in der Hand. Ich stand schon geschlagene 20 Minuten vor unserer Wohnung und wartete. Ja aber worauf? Auf was sollte ich denn noch warten? Ich versuchte Zeit zu schinden. Doch die habe ich nicht. Ich musste ihm jetzt sagen, dass wir uns trennen und ich nach NY ziehen werde. Es wird ihm das Herz brechen. Doch ich hatte keine andere Wahl. Wenn ich diesen Ort hier verlassen will, dann muss ich es jetzt tun. Die Zeit ist jetzt. Und nicht erst in 10 Jahren. Es war meine Chance, erfolgreich zu werden. Also sollte ich das auch tun. Doch ich konnte es immer noch nicht. Ich konnte diesen Schlüssel nicht dazu bewegen, diese Tür zu öffnen. „Verfluchter Mist!" ,schimpfte ich und warf den Schlüssel in die Ecke. Diese ganze Sache überfordert mich so dermaßen, dass ich langsam den Verstand verlor. Plötzlich ging die Tür auf und ich zuckte zusammen. „Willst du mir verraten, was du hier draußen machst?" Max verschränkte die Arme und lehnte sich gegen den Türrahmen. Seine Muskeln traten hervor und ich hatte Angst, dass das Shirt reißen würde, so angespannt waren sie. Und nicht nur sie. Die ganze Luft knisterte und ich versuchte, jetzt nicht zu stottern. „Ich weiß es nicht." ,gab ich frustrierend zu und hob den Schlüssel auf. Er trat beiseite, damit ich eintreten konnte. Es duftete himmlisch. Der Tisch war gedeckt mit Köstlichkeiten. Wieder blieb ich stehen und versuchte, meinen Plan zu überdenken. Ich konnte es ihm unmöglich sagen. „Da du gestern nicht nach Hause gekommen bist, dachte ich, dass etwas passiert sei. Also rief ich Helena an." Er stellte sich vor mich und nahm meine Hände in seine. Zärtlich strich er mit seinen Daumen über meinen Verlobungsring und ich zitterte am ganzen Körper. „Sie sagte mir, dass es dir nicht gut ginge und dass du bei ihr geschlafen hättest. Also du dich dann heute immer noch nicht gemeldet hast, wusste ich, dass es eine ernstere Sache sein muss. Weswegen ich zu mir selbst sagte, dass ich dir die Zeit geben werde, die du brauchst. Du wirst es mir schon erzählen. Das tust du immer. Also habe ich den ganzen Tag auf dich gewartet. Dir die Zeit gegeben." Er hielt weiterhin meine Hände in seinen und strich über den Ring. Als würde er mich verdeutlichen, dass uns nichts auseinanderbringen kann, solange ich diesen Ring trage. Aber umso länger ich ihm in die Augen sah, desto schneller wurde mir bewusst, dass es die einzige richtige Entscheidung ist. Ich muss ihn verlassen. Damit er nicht in diesen Strudel hineingezogen wird. Damit er und ich aus dieser Geschichte rauskönnen, ohne schaden zu nehmen. Hastig löste ich meine Hände von ihm und wich einen Schritt zurück. Verwirrt blickte er mich an. Als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Wieder verschränkte er die Arme vor der Brust. „Okay ... ." ,sagte er gedehnt und ging rüber in die Küche, um den Herd auszumachen. Wie konnte er jetzt so ruhig bleiben? Eigentlich müsste er doch total sauer sein. Ich habe mich fast 24 Stunden nicht gemeldet und er steht hier in unserer Küche und kocht? Das würde kein normaler Mann mitmachen. Daran merkte ich aber mal wieder, wie perfekt er ist. Jede Frau konnte sich glücklich schätzen. Jetzt oder nie Sofia. Langsam ging ich in die Küche. Die Finger schon an meinem Ring und als ich in sein Blickfeld geriet, zog ich den Ring ganz ab und legte ihn auf die Marmorplatte. Er starrte lediglich den Ring an. Mehr nicht. Sein Blick traf nicht meinen. Seine Augen sahen die ganze Zeit auf diesen Verlobungsring. „Sag doch etwas!" ,flüsterte ich. Doch er tat nichts. Er machte lediglich den Herd aus. Knallte den Pfannenwender in die Spüle und schmiss das Geschirrtuch, welches über seiner Schulter lag und mir vorher nicht aufgefallen ist, hinterher. „Weist du Sofia, es ist nicht so, dass es mir nicht aufgefallen ist, dass du anders bist." Nun traf mich sein Blick doch und ich sah ihn verwirrt an. „Du bist verändert. Du bist nicht mehr diese Frau, in die ich mich verliebt habe. In die ich immer noch verliebt bin." Nervös schluckte ich den dicken Kloß herunter. Jetzt würde ich die Abreibung bekommen, welche ich mir verdient habe. „Seit unserer Verlobung. Seitdem er aufgetaucht ist." Mein Kopf ruckte so schnell hoch, dass mir kurz schwindelig wurde. Wie konnte er das wissen? Wie konnte er das mitbekommen? War ich unvorsichtig? „Seitdem Theo wieder da ist, benimmst du dich seltsam. Du wirkst wie eine andere Frau. Und ich habe viel darüber nachgedacht. Wer er eigentlich ist. Warum du mir nicht von ihm erzählt hast. Und dann machte alles einen Sinn." Nervös fummelte ich an meinen Fingern. Ich hatte immer meinen Ehering, an welchem ich spielen konnte. Nun ja. Dieser liegt gerade vor mir auf unserer Kücheninsel. „Du warst mit ihm in einer Beziehung vor uns oder?" Ich konnte ihn nicht anlügen. Definitiv nicht. Es vergingen Minuten der Stille zwischen uns. Und ich wollte einfach nur, dass es vorbei ist. Weswegen die nächsten Sätze einfach nur aus mir heraussprudelten. „Ja. Laos nein." Gott was tat ich hier eigentlich? „Zwischen uns ist etwas passiert. Ich habe ihn danach zwei Jahre nicht gesehen. Sein Auftauchen hat mich aus der Fassung gebracht. Aber das ist nicht der Grund, Max." Er schnaubte einfach nur und ging an mir vorbei, darauf bedacht mich nicht zu berühren. Seine Beine trugen ihn ins Schlafzimmer, wo er eine große Tasche aus dem Schrank holte und seine Sachen reinschmiss. „Warst du gestern bei ihm?" ,fragte er plötzlich und drehte sich schnell zu mir um. Meine Lippe zitterte und ich bekam Tränen in den Augen. Das war ihm Antwort genug. „Natürlich." ,spottete er los und räumte weiter seine Sachen hinein. „Das ist nicht der Grund." ,flüsterte ich und er stoppte jede Bewegung und drehte sich dann schlussendlich zu mir um. Er hob fragend eine Augenbraue und ich wischte mir schnell die Träne weg, welche den Weg über meine Wange fand. „Der Grund, dass ich mich trenne ist, dass ich nach New York gehen werde." ,gab ich leise zu und seine Schulter sacken zusammen. „Achso? Du hast mich betrogen. Was mit unter das schlimmste ist, was man einen Menschen antut, den man liebt. Aber deswegen willst du dich nicht trennen? Hats du überhaupt ein schlechtes Gewissen?" ,hakte er nach und sah mich herausfordernd an. „Natürlich habe ich das. Ich bereue es zutiefst." ,schrie ich fast. „Es war ein dummer Fehler und ich wünschte, er wäre niemals passiert. Aber ich kann ihn nicht rückgängig machen. Und natürlich wünschte ich mir, du hättest niemals davon erfahren. Damit du wenigstens mit einem guten Gefühl, Bild oder was auch immer, an unsere Zeit zurückdenken kannst. Ich hätte mich von dir getrennt, auch wenn die gestrige Nacht nicht existiert hätte. Der heutige Tag war dafür entscheidend. Ich werde nach New York gehen. Ohne dich. Denn ich will nicht, dass du etwas opferst für mich. Dr. Anthony Williams will mich für seine Forschung gegen Parkinson. Und ich habe Ja gesagt. Und das hätte ich auch, wenn ich gestern nicht fremdgegangen wäre." Verdammt. Ich muss aufpassen. Ich hätte beinahe Luzifer gesagt und dann wäre das Chaos noch perfekter geworden. „Rede dir das nur selbst ein. Ich wäre mitgekommen. Meinen Job kann ich auch von New York aus machen. Aber das passt dir ja alles sehr gut oder? Ein neuer Job. Eine neue Stadt? Du fliehst vor den eigentlichen Problemen." Er machte den Reißverschluss zu und hängte sich die Reisetasche über die Schulter. „Ich hoffe, du lernst irgendwann, wie man um etwas kämpft. Und nicht wie man vor etwas wegläuft. Leb wohl." Er drehte sich nicht nochmal um. Er ging in die Küche und holte den Verlobungsring. Dann ging er durch die Wohnungstür und knallte diese so laut zu, dass ich zusammenzuckte. Nun ließ ich meine Tränen freien lauf. Alles fühlte sich so surreal an. Eigentlich war heute der beste Tag meines Lebens. Ich hatte den Traumjob meines Lebens bekommen. Und jetzt? Jetzt war mein Leben ein einziger Scherbenhaufen.

Sweet Devil ✝️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt