Kapitel Sechzehn

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,,Jule. Das Essen ist gleich fertig. Wir sollen runter kommen.", sagte ich, als ich zur Tür rein ging, die in Jules Zimmer führte. 

Jule schaute kurz hoch und erstarrte dann, als sie mich sah. 
,,Du hast geweint. Hat dieses Monster dir etwas getan?", fragte sie mich erschrocken und sprang auf um meine Hand zu nehmen. 
Ich biss mir auf meine Unterlippe. 
,,Nein. Es ist nichts passiert. Nur die Wahrheit hat mich erwischt.", lachte ich auf.
Ich verstummte aber, als mir klar wurde, dass ich auf Jule hysterisch wirken musste. 
,,Er hat dich wirklich nicht geschlagen?", fragte sie mich vorsichtig.
,,Nein.", lachte ich wieder. 
,,Er hat mir nur gezeigt, wie nutzlos ich wäre, würde ich ihm entkommen."
Jule runzelte die Stirn. 

,,Du glaubst doch nicht wirklich daran? Du wärst doch nicht nutzlos", hielt Jule dagegen. Ich versuchte sie anzulächeln, aber es war schwer. 
Jule war noch so jung und sie wusste nicht, wie man hier überlebte. 

,,Es ist wahr Jule. Ich kenne nur die wichtigsten Sachen. Ich weiß nicht, wie man die technischen Sachen benutzt."
,,Ich kann dir erklären wie! Wir müssen hier nur rauskommen, zusammen."
Ich lächelte und schüttelte kurz meinen Kopf. 
,,Du hast es nicht verstanden, Jule. Hier kommt keiner weg. Die Türen und Fenster sind gesichert. Hier kommt man nicht raus."
Jule schüttelte den Kopf. 

,,Nein. Wir finden schon etwas! Zusammen."
Ich musste meine Lippen zusammen pressen um nicht noch etwas zu erwidern. Jule sollte denken, dass sie hier raus kommt.
,,Ist gut. Aber fürs erste sollten wir runter gehen zum Mittagessen. Dom wartet nicht gerne.", sagte ich leise und streckte meine Hand nach ihrer aus.
Es sah so aus, als würde Jule noch etwas sagen wollen, aber sie blieb still.
Unten war Dom bereits am kochen. Ich konnte den Brokkoli Duft schon oben riechen.
,,Da seid ihr endlich. Ich dachte, ihr kommt schon gar nicht. Setzt euch. Es dauert noch etwas. Die Kartoffeln sind noch nicht fertig und ich möchte mit euch reden."
Gänsehaut machte sich auf meinen Armen breit.
,,Habe ich etwas falsch gemacht?", fragte ich sofort alarmiert. Ich hatte nicht wirklich Lust gleich am ersten Tag, bei Doms Ankunft geschlagen zu werden.
,,Nein, Kätzchen. Aber es betrifft dich. Setzt euch.", verlangte Dom und nahm selber Platz.
Beruhigend drückte ich Jules Hand und ging langsam auf mein Stuhl zu.
,,Was willst du mit mir besprechen?", fragte ich vorsichtig.
Dom lächelte und drehte sich zu Jule um.
,,Du wirst ab sofort hier bleiben. Du kommst nicht zu Ilija.", sagte Dom und grinste.
Ich konnte sehen, wie Jule blass wurde.
,,Und... was passiert dann mit mir? Lässt du mich gehen?", fragte sie hoffnungsvoll.
Dom lachte.

,,Um Gottes Willen. Nein. Woran denkst du Mädchen? Du bleibst hier und wirst Hope Gesellschaft leisten. Sie langweilt sich nämlich.", erklärte Dom.
,,Nein!", sagte ich laut, als ich meine Stimme wieder hatte.
Dom schaute mich an und lächelte leicht.
,,Nein? Als hättest du eine Wahl, Kätzchen. Du langweilst dich und sie würde bei Ilija in den ersten Wochen sterben."
Dom drehte sich zu Jule.
,,Also, Glückwünsch. Du wirst länger als ein paar Tage Leben."
,,Nein. Dom. Bitte.", flehte ich ihn an und ging zu ihm.
,,Kätzchen. Du hast kein Mitspracherecht.", wiederholte Dom sich.
,,Du kannst sie nicht hier lassen! Sie... sie... Bitte. Lass sie gehen. Sie würde auch niemanden etwas erzählen!"
Dom schüttelte seinen Kopf und stand auf.
Er legte mir seine Hand auf meine Wange und streichelte sie.
,,Nein, Kätzchen. Sie bleibt hier und damit ist dieses Gespräch beendet."
Kurz flog mein Blick zu Jule, die vollkommen verkrampft auf ihrem Stuhl saß. Ich wusste, dass sie erst noch verarbeitete, dass man sie töten hatte wollte. Aber jetzt konnte ich mich nicht darum kümmern. Ich musste Dom dazu bringen, dass er sie frei ließ.
,,Dom, bitte. Mit Langeweile meinte ich Bücher oder Filme oder sonst irgendwas, aber nicht Jule. Bitte. Sie ist doch noch ein Kind.", flüsterte ich.
Dom streichelte mir noch einmal die Wange und ging dann zum Herd.
,,Vergiss nicht, dass du ebenfalls ein Kind warst. Jünger als Jule. Und du hast überlebt. Sie wird schon alles lernen."
Er sagte das so emotionslos, dass ich schlucken musste.
,,Bei mir war es anders! Du hast dich anders bei mir verhalten. Bitte.", flehte ich nochmal.
,,Nein. Und jetzt sei ruhig, Kätzchen. Ich will kein Wort mehr hören.", knurrte er und fing an die Kartoffeln zu stampfen.
Als ich Doms Anspannung sehen konnte, zwang ich mich meine Klappe zu halten.
Also drehte ich mich zu Jule um.
,,Ich sollte getötet werden.", flüsterte sie rau und schluchzte auf.
Mitfühlend zog ich ihren Kopf auf meine Brust.

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