Kapitel 9: Das Gefühl der Eifersucht

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Es war erst zwei Uhr morgens. Doch ich wusste, ich konnte nicht mehr schlafen. Nein, ich wollte nicht mehr schlafen. Es war einfach alles zu viel. Ich hielt es nicht aus. Die Schuld, die mich verfolgte, wurde einfach nicht weniger. Ich stieg aus meinem Bett, zog mir meine Kapuzenjacke über und ging Barfuß in die Küche. Dort setzte ich mir Teewasser auf. Da ich wusste, dass ich alleine war, hatte ich ein wenig Angst und ich hatte alle Lichter angemacht auf dem Weg hierher. Mr Morgan würde um diese Uhrzeit sicher nicht hier sein. Wenn ich eines hätte, würde ich nun ein Buch lesen. Ich hatte früher sehr gerne gelesen, doch seit dem Unfall keines mehr in der Hand gehabt. Dies lag auch daran, dass ich nichts mehr hatte. Gar nichts mehr. Kein einziges Buch. Keine Bilder, geschweige denn irgendwelche anderen Erinnerungen. Ich hatte einfach nichts. Als der Tee fertig war, überlegte ich, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Gestern Abend nichts. Gestern Morgen war vermutlich das letzte Mal, als ich mit Ally im Mc Donalds gegessen hatte. Aber ich hatte auch keinen Hunger. Ich nahm meine Tasse, und setzte mich auf einen der Hocker. Ich legte meinen Kopf auf der Kühlen Ablage ab und hob ihn nur, um etwas zu trinken. Immer wenn mein Tee leer war, schenkte ich mir einen neuen ein. So saß ich da, bis ich ein Geräusch hörte. Es musste die Eingangstüre gewesen sein. Ich war mir nicht sicher, ob das schon Mr Morgan sein könnte. Es war bestimmt noch nicht so spät. Vielleicht halb Sechs oder so. Doch als sich die Türe zur Küche öffnete und Mr Morgan eintrat, wusste ich, dass mich geirrt haben musste. Entweder war es schon später, oder Mr Morgan kam immer so früh. Ein Blick auf die Uhr sagte mir dann, das Mr Morgan wirklich immer so früh kam, denn es war erst halb Sechs, wie ich vermutet hatte. » Aber Kate, was machst du denn hier? «, fragte sie mich sofort verwundert. » Und warum sind alle Lichter hier an? «» Tut mir leid Mr Morgan, ich konnte nicht schlafen und ich fühle mich nicht wohl hier allein. Da habe ich alle Lichter eingeschaltet. Es tut mir wirklich leid. « Sie sah mich an. Etwas in ihrem Blick sagte mir, dass ich schlimm aussah. » Was ist denn los? Geht es dir nicht gut? «» Nein, alles bestens. Wie gesagt, ich konnte nur nicht schlafen. « Damit stellte ich meine Tasse in das Spülbecken und wollte sie abspülen, doch Mr Morgan meinte: » Lass das Kate, ich mache das schon. Geh nach oben und leg dich hin. Vielleicht kannst du ja doch noch ein wenig schlafen. « Ich nickte nur. Ich wollte ihr nicht sagen, dass ich bestimmt nicht schlafen könnte. Oben sah ich in die andere Richtung. In die Richtung, in der Vincents Schlafzimmer war. Es war genau auf der anderen Seite von meinem. Ich dachte daran, wie ich Vincent das erste Mal gesehen hatte. Wie ich ihn quasi schon bemerkt hatte, bevor ich ihn gesehen hatte. Wie er mich schon an diesem Tag umgehauen hatte. Ich wusste nicht, warum ich mir ständig Gedanken um ihn machte. Er war ein reicher Mann, mit zahlreichen schönen Frauen. Außerdem waren die meisten Blond gewesen. Ich war braunhaarig, nicht besonders hübsch und außerdem erst siebzehn Jahre alt. Da meine Gedanken mal wieder in die falsche Richtung gingen, ging ich in mein Zimmer. Ich trat ins Badezimmer und sah mich an. Mein Gesicht war platt und ich hatte Augenringe unter den Augen. Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und tat mir die Tagescreme ins Gesicht. 

Die nächste Nacht verbrachte ich genau gleich. Wieder wollte ich nicht schlafen. Ich hatte Angst davor, zu schlafen. Wieder verbrachte ich die Nacht in der Küche mit einem Tee. Als Mr Morgan mich wieder so vorfand, sah man ihr an, dass sie sich Sorgen machte. » Kate, was ist los? Rede mit mir. «» Mrs Morgan, machen Sie sich keine Sorgen, mir geht es gut. Ich kann einfach nur nicht schlafen. « Damit ließ ich sie alleine. Auch die Nacht von Sonntag auf Montag verbrachte ich so. Zwar hatte ich immer mal wieder vor mich hin gedöst, doch richtig geschlafen hatte ich 'zum Glück' nicht. Ich wusste selbst, dass ich bald vor Erschöpfung irgendwann richtig schlafen musste. Als ich dann am Montagmorgen wieder zur Arbeit ging, fragte Ally mich gleich: » Was ist denn mit dir los? Du siehst müde aus. «» Ach, ich hab ein bisschen wenig geschlafen. Nicht der Rede wert «, versuchte ich mich heraus zu reden. » Und was ist mit deiner Hand? Zeig mal her. « Bevor ich protestieren konnte, hatte sie sich schon meine Hand geschnappt. Es war zwar die falsche, aber das bemerkte sie sofort und zog meine andere Hand zu sich. » Scheiße. Kate. Das sieht nicht gut aus. Da sind ja Fäden. Also wurdest du genäht! «» Quatsch. Das ist ganz normal. Ja, es wurde genäht, aber es ist am verheilen. « Dennoch fragte ich mich, wie ich dieses Fäden wieder herausbekommen sollte. Ich wusste nicht, was Dr. Brown gesagt hatte, da ja Vincent mit ihm gesprochen hatte und ich noch geschlafen hatte. » Dann sag mir aber Bescheid, solltest du bei irgendetwas Hilfe brauchen. Nicht, dass es noch schlimmer wird «, meinte sie. » Okay. Danke Ally. « Ich musste an die Halskette denken, die sie mir geschenkt hatte und berührte sie. Ally war eine gute Freundin. Wahrscheinlich die Beste, die ich jemals gehabt hatte. Während wir den Gästen ihre Kaffees machte, oder ihnen anderes Zubereiteten und Kisten im Lager hin und her schleppten, besser gesagt Ally schleppte sie hin und her, redeten wir über Allys Freund, da die beiden im Moment Stress hatten. Auch redeten wir wieder darüber, ob der Kuss zwischen mir und Vincent nicht doch etwas zu bedeuten hatte. Ja, Ally glaubte fest daran, ich jedoch nicht. Als wir um fünf Uhr fertig waren, fragte Ally mich plötzlich: » Sag mal, lädst du mich irgendwann zu dir nach Hause ein? « Damit hatte ich nicht gerechnet. Ja natürlich wollte ich das, aber ich wusste nicht, ob Vincent dies Recht war. Ich nickte also und beschloss, Vincent zu fragen. Jedoch würde ich den passenden Moment dafür abwarten. » Okay, cool. Ich meine, ich will dich nicht drängen oder so, aber ich würde wirklich total gerne wissen, wie dein Zimmer und so aussieht. « » Klar. Aber Ally, du musst jetzt abbiegen. Sonst machst du einen Umweg. « Als ich das sagte, grinste sie breit. » Oh. « Diesmal zog ich sie in eine Umarmung. Ich legte alles in diese Umarmung hinein. Ich wollte ihr signalisieren, wie wichtig sie für mich war. Das ich ihr mehr vertraute, als ich gedachte hatte, es zu können. Überrascht sah sie mich an, als ich sie wieder los ließ. » Du bist mir wirklich wichtig Ally. Ich hatte niemals so eine gute Freundin wie dich. «» Oh Süße, du bist mir auch wichtig. « Ich musste mir eine Träne verkneifen, die über meine Wange zu laufen drohte.Ally bog in die Straße ein, doch sie rief mir noch etwas zu: » Kate, ich hab dich lieb. « Damit war sie nun wirklich verschwunden. Jetzt lief mir die Träne doch über die Wange. Es bedeutete mir so viel. Wirklich viel.Um halb Sechs war ich im Eingangsbereich angekommen, wo Ted mir zuwinkte und dabei lächelte, doch als er meine dunklen Augenringe bemerkte, verschwand sein Lächeln. Auch er fragte mich, ob es mir nicht gut ginge, doch ich versicherte auch ihm, das es mir gut ging. Klar, das stimmte nicht wirklich, doch ich war schon zu gut darin, anderen zu versichern, dass es mir gut geht. Oben angekommen öffnete schon Mr Morgan die Tür für mich. » Kate, du hast die letzten Tage nichts gegessen und ich habe dir deshalb jetzt etwas zu essen gemacht. « Wieder hörte ich die Sorge aus ihrer Stimme heraus. » Mrs Morgan, ich versichere Ihnen, dass es mir gut geht. Ich habe vorhin schon etwas gegessen. « Okay, letzteres war so richtig gelogen. Aber ich wollte jetzt nichts essen. » Du hast etwas gegessen? « Ich nickte nur. » Okay, dann stelle ich das Essen in den Kühlschrank. Wenn du doch noch etwas essen willst, weißt du wo es ist. Du musst es nur in die Mikrowelle stellen. « Wieder nickte ich und auf dem Weg die Treppe hinauf, rief sie mir noch etwas hinterher: » Mr Jane wird spätestens um sieben zu Hause sein. «» Okay «, antwortete ich, da sie mich nicht sehen konnte.Im Badezimmer ließ ich mir Badewasser ein. Klar wollte ich immer so wenig wie möglich verschwenden, damit meinte ich auch Wasser, doch heute war es mir egal. Ich brauchte das. Ich brauchte die Wärme, die mir das Wasser schenkte. Klar eine Dusche hätte es auch getan, doch nicht heute. In einer Schublade fand ich verschiedene Badesalze. Ich entschied mich für das, was nach Vanille duftete. Ich zog mich aus und stieg in das Bad. Sofort hüllte sich eine wärme um meinen Körper und ich genoss sie. Auch der Duft war so berauschend. Ich schloss meine Augen eine Weile und döste vor mich hin. Ich schlief nicht wirklich, aber meine Augen ruhten sich ein wenig aus. Es war einfach himmlisch. Als ich einzuschlafen drohte, öffnete ich meine Augen. Ja, ich war wirklich richtig müde und erschöpft, doch ich konnte einfach nicht mehr einschlafen. Diese Träume waren einfach zu schlimm. Ich hielt sie nicht mehr aus. Nicht noch einen weiteren. Als das Wasser kälter wurde, ließ ich von dem Wasser abfließen und ließ etwas neues Wasser ein. Ich nahm mein Shampoo und wusch meine Haare. Da ich mir einen Rasierer gekauft hatte, rasierte ich mir auch die Beine und andere Stellen an meinem Körper. Als ich damit fertig war, ließ ich mich noch eine Weile vom Schaum umhüllt treiben. Aber das Wasser wurde wieder kälter. Meine Haut war schon verschrumpelt und ich wusste, ich müsste nun langsam mal heraus.» Katherine? «, hörte ich eine allzu vertraute Stimme aus meinem Zimmer. Mist. Schnell stieg ich aus der Badewanne und umhüllte meinen Körper mit einem Handtuch. » Ja? «, rief ich nach draußen. » Mach dich fertig und komm heraus. « Na toll. Natürlich hatte ich nur meine Klamotten hier, die ich zuvor getragen hatte. Diese wollte ich aber nicht noch einmal anziehen. So musste ich wohl oder übel so nach Draußen gehen. Ich hielt das Handtuch fest an mich gedrückt, während ich in mein Zimmer zurück ging. Vincent stand am Fenster und blickte nach draußen. Doch er bemerkte mich und drehte sich um. Zum Glück hatte ich das, was niemand je sehen sollte an meinen Hüften, sowie der Taille und nicht an meinen Beinen oder Armen. Dies wäre schwerer zu verstecken. » Ich… bin gleich fertig. Ich brauche nur frische Klamotten. « Damals hatte ich übrigens falsch gelegen. Ich  brauchte den Schrank doch. Nur nicht den ganzen. So ging ich also zu dem Kleiderschrank, holte frische Unterwäsche heraus und eine alte Jeans, sowie ein T-Shirt. Ich ging zurück ins Badezimmer, schloss die Türe und zog mich an. Ich trocknete noch meine Haare, bürstete einmal durch und ging zurück. Vincent stand immer noch vor dem Fenster, sah aber nicht mehr nach draußen, sondern sah zu mir. Ich setzte mich auf mein Bett. Eine lange Zeit schwieg er, starrte mich nur an. Ich bemerkte, wie sein Kiefer mahlte. Er schien wütend, doch sein Gesicht zeigte keine Regung. Ich überlegte, was ich getan hatte, seit den E-Mails, doch mir wollte nichts einfallen. Endlich sagte er etwas: » Du hast die letzten Tage weder geschlafen, noch etwas gegessen. Wieso? « Er sagte es in einem ruhigen Ton, doch man merkte, dass er sich beherrschen musste. » Ich habe doch… « Er unterbrach mich, bevor ich meinen Satz beenden konnte. » Sag bloß nicht, dass du es schon getan hast. Ich habe mit Mrs Morgan gesprochen. Sie hat mir mitgeteilt, wie sie dich jeden Morgen in der Küche vorgefunden hat, wie du in der ganzen Wohnung die Lichter angemacht hast und das du nicht mehr als einen Tee zu dir genommen hast. Sag mir, was ist mit dir los? Geht es dir nicht gut? Brauchst du irgendetwas? «» Nein, es geht mir gut «, versuchte ich ihm klarzumachen. » Katherine, du isst nichts und du schläfst nicht. Mir scheint es nicht so, als würde es dir gut gehen. Du hast Augenringe und bist ganz blass. Was ist mit dir los? Sag es mir. « Ja, er war wirklich verärgert, das konnte man seiner Stimme entnehmen. Aber ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. » Ist es wegen deinen Träumen? Schläfst du deshalb nicht? « Ich überlegte, ob ich einfach Ja sagen sollte. Doch das Wort wollte nicht über meine Lippen kommen. » Es tut mir leid, ich hätte Mrs Morgan bei dir lassen sollen. Deshalb hast du die Lichter angemacht oder? « Ich nickte. » Ich, es tut mir leid «, sagte ich. Klar, hatte ich schon damals Probleme, allein zu Hause zu sein. Doch die Dunkelheit war schlimmer gewesen. An jenem Tag, war es dunkel gewesen. Es war ungefähr zwölf Uhr gewesen, als es passierte. Ich hatte einfach die Lichter anmachen müssen. » Katherine, du musst dich für nichts entschuldigen. Herr Gott. Sag mir einfach, sind es deine Träume? « Diesmal nickte ich. Ich hatte nicht bemerkt, dass er nun an meinem Bett stand. Doch als ich meinen Kopf hob, bemerkte ich, wie nah er mir war. Ja, ich spürte ihn, obwohl er mich nicht berührte. Er setzte sich auf mein Bett mir gegenüber. Er legte seine Hand auf die meine. » Ich werde ab jetzt mehr für dich da sein, das verspreche ich. Ich bitte dich aber, ehrlich zu mir zu sein. Wenn du nicht schlafen kannst, komm zu mir. Wenn etwas anderes ist, komm zu mir. Egal was es ist, du kannst es mir sagen. Ich werde mit Dr. Brown reden, er soll dir etwas zum Einschlafen verschreiben. Er kommt sowieso in ein paar Minuten um nach deiner Hand zu sehen. « Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit dem, was er gesagt hatte. Doch es half alles nichts. » Das wird mir aber meine Träume nicht nehmen «, sagte ich und bemerkte, wie mir die Tränen kamen. Ich blinzelte sie fort. Auch mit dem, was Vincent als nächstes tat, hatte ich nicht gerechnet. Er zog mich an sich und legte sich aufs Bett mit mir an seiner Brust. Ich legte meine Hand auf seine Brust und jetzt kamen mir die Tränen unaufhaltsam. Ich schloss meine Augen, damit ich Vincents perfekten schwarzen Anzug, sein weißes Hemd, die rote Krawatte, sowie die Weste dazu nicht zerstören würde. Doch es half nichts, denn sein Anzug wurde schon nass. Ich wollte mich entziehen, doch er hielt mich fest. » Sch. Sch. Sch. « Ich beruhigte mich wieder. 

The memories I lost in the fireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt