Freitag, 2. Dezember
Mein Wecker riss mich aus dem Tiefschlaf und ich schaltete ihn genervt aus. Nach vier Tagen Schule waren die Nerven schon reichlich verbraucht.
Freitag – Wochenende, war das Einzige, das mich kurz lächeln ließ.
Mehr oder weniger heiter machte ich mich fertig und aß schnell etwas, bevor ich die Schule zum hundertsten Mal besuchte. Sebastian lief ich kein Mal über den Weg, was mich einerseits wunderte, andererseits freute.
„Bist du schon aufgeregt?", fragte mich Melissa und ich lächelte sie an.
„Und wie! Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das ist so eine riesige Chance!"
Sie und Jana freuten sich mit mir und gut gelaunt gingen wir durch den Tag, bis ich wieder zuhause ankam, wo bereits ein bescheidener junger Herr darauf wartete, meine Laune zu zerstören.
„Na, einen schönen Tag gehabt?", fragte Sebastian mit der dicksten Schicht Sarkasmus in der Stimme die ich je hörte. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, verdrehte dann die Augen.
„Ja, bis jetzt schon", gab ich von mir, als er sich mir in den Weg stellte. Ich wollte in mein neu bezogenes Zimmer vor ihm flüchten, doch er hinderte mich daran.
Sehr schön.
„Hey!" Zum ersten Mal betrachtete ich ihn richtig und aufmerksam. Aus dieser Nähe war er schon etwas attraktiv ...
Sein trainierter Oberkörper versperrte mir die Sicht. Er hatte gestylte, braune Haare, die ein paar Töne dunkler als seine Hautfarbe waren. Ich blickte in seine grün-blauen Augen, die mich ebenfalls musterten. Seine Lippen waren wunderschön geschwungen und seine Wangenknochen formten sein Gesicht so makellos, dass ich es nur noch anfassen wollte.
Was?!
Ich wendete meinen Blick von ihm ab und drängte mich an ihm vorbei, als er für eine kurze Zeit unaufmerksam war. Grinsend lief ich davon, bevor er mich erneut aufhalten könnte.
„Hey!", rief diesmal er und lief mir hinterher. Er lachte nun auch und er benahm sich – erneut – wie ausgewechselt.
Ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu, drückte sie zu und suchte nach einem Schlüssel, da mir eine wichtige Klausur bevorstand und ich anscheinend nirgendwo ungestört sein konnte.
Auf die schnelle fand ich keinen und trat niedergeschlagen einen Schritt von der Tür weg. Im selben Moment fiel Sebastian ins Zimmer.
Ich lachte so sehr, ich kriegte mich gar nicht mehr ein. Peinlich berührt stand er schnell wieder auf, lachte dann mit mir. Er sah zu komisch aus, ich bekam schon keine Luft mehr vor lachen.
„Das wird noch ein Nachspiel geben", fauchte er und stürmte aus dem Zimmer. Ich lachte einfach weiter.
**
Jetzt geht es los.
Ich stand vor dem Eingang des Tanzstudios. Gleich würde die erste Tanzstunde des Extra-Trainings losgehen. Ich würde innerhalb Minuten anfangen, die Choreografie des Jahres lernen. Ich würde die meist angesehenste Tänzerin der Show sein, und dies in nur 24 Tagen.
Dann ist Weihnachten.
In dieser Sekunde wurde mir erst bewusst, wie sehr ich mich in diese „Rolle" reinsteigerte. Tanzen war mein Lebensinhalt, das sagte ich immer, doch es wurde mir erst klar in Momenten wie diesen.
Meine Mutter verdiente nicht viel. Sie musste sich selbst und mich versorgen. Mein großer Bruder, Finn, war seit mehreren Monaten ausgezogen, da er keine Belastung für unsere Mutter sein wollte. Doch damit machte er uns beide sehr traurig und meiner Mutter ging es psychisch noch schlechter. Trotzdem war es das Richtige, und wir beide respektieren ihn dafür.
DU LIEST GERADE
24 Tanzschritte | Adventskalender 2016
Teen FictionLeonies größte Leidenschaft ist das Tanzen. Es ist das einzige, was ihr Halt gibt, in ihrem chaotischen Leben. Sie soll auf der großen, alljährlichen Weihnachtsfeier ihres Tanzsportvereins im Mittelpunkt stehen und eine aufwendige Choreografie ei...