21 - Die Backgroundtänzer

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Montag, 19. Dezember [Part II]

Es hatte mich mehr erleichtert, als ich zugeben wollte, dass meine Mom und ich uns wieder verstanden. Wenigstens etwas, das wieder gut war.

Ich hatte damals schon einmal gesagt, dass ich nicht zum Training gehen wollte. Der Tag war kein Vergleich zu heute.

Ich würde ihn ansehen müssen, in seine Augen sehen müssen, mit der Erkenntnis, dass ich ihn wirklich mochte. Und mit dem Wissen, dass er eine Freundin hatte.

Mit hängendem Kopf hievte ich mich aus dem Bett, zog mich um und tat ein wenig für mein Aussehen.

**

Mit geneigtem Kopf betrat ich den Saal. Doch ich hörte sehr viele Stimmen, die ich keinen mir bekannten Personen zuordnen konnte, also hob ich ihn hoch.

Der Saal war voller Leute. Es waren um die 15, meinem Gefühl nach zu urteilen. Im ersten Moment dachte ich, ich wäre im falschen Raum.

Doch Robert kam strahlend durch die Menge auf mich zu. Er zog mich mit sich in die Mitte und sah zur Menge, nachdem er mich begrüßt hatte.

„Leute", schrie er erfreut, „hört mal zu." Alles wurde still, das Gemurmel hörte auf. Schon bald lagen alle Augen auf mir und Robert, mitunter Sebastians. Er stand etwas an der Seite, sein Blick durchbohrte mich. Ich wich seinem Blick so gut es ging aus.

„Das hier ist Leonie, die weibliche Haupttänzerin. Sie tanzt, zusammen mit Sebastian, den ihr ja schon kennengelernt habt, die wichtigste Rolle in der ganzen Choreografie." Er lächelte mich stolz an und ich lächelte zaghaft zurück.

Fühlt sich schon irgendwie gut an, so vorgestellt zu werden.

„Das sind die Backgroundtänzer", meinte er jetzt an mich gerichtet und ich betrachtete sie. Die meisten lächelten mich an und strahlten positive Energie aus, weshalb ich auch lächelte. Ich wusste jetzt schon, dass einige von ihnen grandiose Tänzer waren, ohne sie zu kennen. Sie alle sahen so verschieden aus, alle auf ihre eigene Weise talentiert.

Mir fiel ganz besonders ein Mädchen auf, das etwa in meinem Alter sein musste. Sie war genau das Gegenteil von manchen anderen. Sie sah mich sauer an, fast schon hasserfüllt und hatte die Hände vor der Brust gekreuzt. Sie war hübsch, das musste man ihr lassen, doch sie wirkte eher unsympathisch, was sie wiederum unattraktiver wirken ließ.

Irgendwo hatte ich sie schon einmal gesehen.

Ich hielt ihrem arroganten Blick stand und konzentrierte mich dann wieder auf Robert.

„Also, fangen wir damit an, uns etwas aufzuwärmen. Dann fangen wir einfach mal an, die Choreo zu tanzen. Mal sehen, wie sich das entwickelt", gab er uns allen zu verstehen und alle stellten sich in Reihen. Die Musik dröhnte durch den Raum und wir wärmten uns zusammen auf, was echt toll war. Es war einfach ungewohnt und anders - angenehm anders.

Wir fingen an, den Anfang zu tanzen, wie Robert es angekündigt hatte. Erst einmal ohne Musik, später mit. Wir konzentrierten uns mehr auf die Aufstellungen und Positionen des Einzelnen als auf die Schritte.

Diese Show würde bombig werden, so viel war klar.

Wir schafften wirklich nur den Anfang. Doch alleine der war echt großartig.

Alle tanzten in Paaren im hinteren Teil. Sebastian und ich waren in der ersten Reihe in der Mitte. Nach kurzer Zeit wechselten die anderen die Positionen, sodass Sebastian und ich nun schon im Vordergrund waren. Die ganzen Pärchen drehten sich so, dass es ungefähr aussah wie ein großer Kreis. Während sie das taten, führten Sebastian und ich die erste Figur aus.

Ich wollte schreien als Sebastian und ich uns berühren mussten. Seine warme, weiche Haut wirkte sich sofort auf meinen Körper aus. Es war schrecklich.

Du genießt es.

Nein, es war unerträglich. Ich bekam Gänsehaut und tief in meinem Bauch kribbelte es. Es sollte so nicht sein.

Als dann mein Gesicht Zentimeter von seinem entfernt war, wollte ich nichts mehr, als seine vollen Lippen auf meinen zu spüren. Ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Ich wollte und brauchte genau dies genau jetzt. Mein Blick lag so gut wie immer auf seinen Lippen, wenn wir uns so nah waren. Sonst konnte ich nicht anders als in seine funkelnden Augen zu starren - ich war so gesehen auch dazu gezwungen, da dies das A und O beim Partnertanz war.

Zum Glück hatte ich genug Selbstbeherrschung um mich zurückhalten zu können. Oder es waren diese zwei Wörter, die mich davon abhielten.

Mein Freund.

**

Erstaunlicherweise kamen wir sehr weit. Weiter als Robert gedacht hatte, weshalb wir alle mit einem guten Gefühl das Training beendeten.

Außer zwei Personen.

Natürlich war ich auch froh darüber. Doch Sebastian und die Situation zwischen uns machte mich krank. Wieso er schlecht gelaunt war, konnte ich mir nicht zusammenreimen.

„Ihr seid so talentiert!"

„Wow, ich habe noch nie so gute Tänzer gesehen!"

Alle lobten uns nach dem Training. Ich lächelte nur gequält zurück und packte schnell meine Sachen zusammen. Sebastian befand sich neben mir und beantwortete Fragen, die viele der Tänzer uns stellten. Zum Beispiel wie lange wir schon zusammen tanzten und ähnliches. Eine Bemerkung ließ mich jedoch in meiner Bewegung, meine Sachen zu sammeln, inne halten.

„Ihr harmoniert so gut zusammen! Darf ich euch etwas fragen?" Sebastian nickte wohl, da das Mädchen die Frage dann stellte. Ich konnte es nur erahnen, da ich mit dem Rücken zu den Tänzern stand.

„Seid ihr zusammen? Also, ein Paar?"

Mein Herz bekam einen Riss. Es fühlte sich so an, als würde schlagartig alle Luft, die ich in mir hatte, aus meiner Lunge weichen. Ich presste die Lippen aufeinander und lauschte nur nach Sebastians Antwort, während ich wieder meine Sachen packte und so tat, als würde ich gar nicht zuhören.

Lange kam von beiden nichts. Schließlich hörte ich Sebastian leise „Nein" sagen. Mehr sagte er nicht. Ganz einfach nur Nein. Doch diesesNein hatte so viel in sich, so hatte ich das Gefühl. Es klang etwas traurig und niedergeschlagen, was mich wunderte.

Was hatte das auf sich?

Ich stürmte zur Tür und nahm den Griff fest in die Hand. Ein letztes Mal drehte ich mich zu allen um und lächelte.

„Tschüss", sagte ich laut und wartete nicht einmal auf irgendwelche Antworten. Bevor jemand die Tränen in meinen Augen entdecken konnte, stürmte ich aus dem Gebäude, hinein in die mir so vertraute Dunkelheit.

=

Und hier auch schon Part 2. (:

Irgendwelche Vermutungen, wer das auffällige Mädchen war?...

Ich dankeee vielmals. ♥♥♥

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