Montag, 5. Dezember
„Leo? Leonie?"
„Hm?" Ich sah zu meiner besten Freundin Jana herüber. Diese sah mich an, als wäre ich außerirdisch.
„Alles in Ordnung?"
„Ja klar", gab ich entspannt zurück und fragte mich, wieso in aller Welt sie mich dies fragte.
„Die letzte halbe Stunde warst du nicht anwesend, zumindest nicht geistig." Jana musterte mich besorgt und da verstand ich erst.
„Oh", war Alles was ich herausbrachen konnte. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich eine ganze halbe Stunde des Unterrichts nicht mitbekommen hatte.
Meine Gedanken waren zum Tanzen gewandert, wie eigentlich immer. Doch heute eher zu etwas anderem; zu ihm.
Jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss (inklusive blinzeln), erschien der Anblick von ihm, als er mit mir getanzt hatte. Ich konnte förmlich seine Freude am Tanzen spüren, und genau diese hatte mir noch mehr Ansporn gegeben, 1000 Prozent zu geben. Er hatte gelächelt und ich konnte förmlich die Sonne aufgehen sehen. Er war einfach der perfekte Tänzer.
Dann hatte ich mich an unser Treffen am Samstag erinnert. Wie nett er die ganze Zeit über war, wie wir miteinander gelacht hatten, wie einfach alles war. Und dann an gestern, wie angegriffen und fast schon aufgebracht er mich abgeschoben hat.
Nein – daran würde ich nicht mehr denken. Ab jetzt nicht mehr. Er war lediglich mein Tanzpartner.
Also beschäftigte ich mich wieder mit seinem Verhalten beim Tanztraining.
**
Sebastian war bereits im Saal, als ich eintrat. Ich fragte mich erneut, wie attraktiv man sein konnte, ohne das es illegal wurde.
Ich konnte meine Augen nicht von ihm nehmen. Neckend, als wollte er sagen, Ich weiß ja das ich gut aussehe, aber so gut, dass du mich die ganze Zeit lang anstarrst?, warf er mir Blicke zu.
Das Training begann erneut mit einer rhythmischen Aufwärmung, die uns alle allein schon so außer Puste brachte, dass das richtige Tanzen gar nicht mehr sein musste. Nun, es ging schließlich ums Tanzen, also fiel dies offensichtlich auch nicht weg.
Nassgeschwitzt wagten wir uns erneut an die Tänze, die vorkommen würden. Wir wiederholten sie kürzer als beim letzten Mal, denn wir hatten nicht genügend Zeit, um alles abermals ausführlich durchzugehen – abgesehen davon, war dies gar nicht nötig.
Es fühlte sich an, als müsste ich selbst gar nichts tun. Sebastian führte so gut, dass ich ihm einfach folgte. Natürlich war es in der Realität nicht ganz so einfach, doch da ich schon seit Jahren tanzte, kannte ich die Schritte besser als auswendig.
Robert ließ uns eine kurze Pause machen, um uns durchatmen zu lassen. Ich war ihm mehr als dankbar. Obwohl ich so oft tanzte, kam ich doch noch ganz schnell aus der Puste. Ich trank etwas und Sebastian gesellte sich zu mir. Er stand so plötzlich neben mir, dass etwas von meinem Wasser mein Kinn herunterlief, und ich mich fast verschluckte.
„Nicht gleich sabbern, Kätzchen", lachte er und ich wischte das Wasser weg.
„Ha-ha. Heute sind wir wohl wieder mal besonders lustig, wie ich sehe?"
„Weißt du, Kätzchen passt irgendwie nicht zu dir." Er musterte mich eine lange Zeit und schien angestrengt nachzudenken.
„Ach, was du nicht sagst. Mein Name ist nämlich Leonie, nicht Kätzchen. Muss ich es dir buchstabieren?"
„Jetzt weiß ich's! Löwe! Löwe passt eindeutig besser. Leonie – wie Lion! Hahaha, bin ich ein Genie!"
Ich warf ihm einen Ist das dein Ernst?-Blick zu und ging wieder in die Mitte der Fläche, um das Training fortzusetzen.
Endlich kamen wir zum wirklich interessanten Teil (abgesehen davon, dass Tanzen mit Sebastian immer aufregend war). Der Choreografie.
**
Wir hatten gerade die ersten Schritte der Show-Choreografie gelernt.
Und ... Wow.
Ich war beeindruckt, das musste ich zugeben. Eine der besten Choreografien, die ich je gesehen hatte – und dabei kannte ich gerade mal fünf Achter.
Die Schritte passten perfekt zu der Musik. Es war ein zusammengeschnittener Mix aus Akustikversionen von Weihnachtsliedern.
Ich bekam alleine beim Zuhören der Lieder so eine krasse Gänsehaut, wie würde ich dann erst bei einer „getanzten Version" (wie Robert zu sagen pflegte) reagieren? Die Musik ging mir unter die Haut und schlich sich direkt in mein Herz. Dadurch, dass die Lieder so gut wie alle Balladen mit deutlich zu hörenden, typischen Schlägen (wie man sie bei vielen Liedern hörte, zu denen extra Latein-Amerikanische Tänze getanzt werden) waren, wurde es eine sehr intime Choreografie. Robert hatte extra alles so geplant, dass es viel Spielraum gab, eine richtige Show daraus zumachen. Mit richtigen Figuren, Berührungen ...
Das Training verging leider wie im Flug und schneller als gedacht war es schon vorbei, sodass Sebastian und ich den Heimweg antraten.
„Was hältst du bis jetzt von der Choreo? Ich meine, da kommt ja noch ganz viel, und wahrscheinlich kennen wir das Coolste nicht mal – aber, du weißt was ich meine", brabbelte Sebastian während wir im Dunkeln gingen.
„Hm, es gibt bessere ..." Helle Wolken entstanden mit meinen Worten. Ich kuschelte mich tiefer in meinen Schal.
„Meinst du das ernst? Was ist los mit dir, das ist die beste Choreografie aller Zeiten, ich meine, guck doch mal -"
„Reg dich ab – ich hab doch nur Spaß gemacht", ich lachte. „Natürlich ist sie großartig. Ich habe selten so eine bewegende und interessante Choreografie kennengelernt."
„Puh", er atmete erleichtert aus, „Ich dachte schon, du wärst völlig vor den Kopf gestoßen."
„Hey!" Gespielt beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust und Sebastian lachte leicht.
„Weißt du", erklärte er dann nach ein paar Minuten des Schweigens, „Löwe passt wirklich besser zu dir. So, zu deinem Charakter. Du bist kein zurückhaltendes Kätzchen – du bist ein schlagfertiger Löwe, durch und durch."
Ich wusste nicht, ob ich das als Kompliment oder als Beleidigung annehmen sollte, also sagte ich einfach nichts dazu.
„Das soll ein Kompliment sein", fügte er unsicher hinzu. Als ob er Angst hätte, mein Ego verletzt zu haben. Hah, wer es glaubt.
„Okay?", antwortete ich, leicht verwirrt. Wieder war es für längere Zeit lang still.
„Ich mag es, mit dir zu tanzen", gestand er, als wir vor dem Treppenhaus standen. „Es ist, irgendwie, anders."
Ich sah ihn an, hoffend, dass er noch etwas ergänzen würde. Doch so passierte es, dass wir uns nur eine lange Zeit anstarrten und einfach den Moment genossen. Ich erkannte wieder, wie wunderschön seine Augen eigentlich waren.
„Ich auch", flüsterte ich nur, woraufhin er mir ein zaghaftes Lächeln schenkte.
„Bis morgen, Löwe." Mit diesen Worten ging er ins Obergeschoss und ich, ebenfalls lächelnd, ins Erdgeschoss.
Kurz vor dem Einschlafen ging mir ein letzter Gedanke durch den Kopf: Nicht alle Montage sind verabscheuungswürdig.
=
Heyo!
War euer Montag verabscheuungswürdig oder auch nicht? :P Mir sind heute echt verrückte Dinge passiert...
Danke! Until tomorrow! (:
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24 Tanzschritte | Adventskalender 2016
Teen FictionLeonies größte Leidenschaft ist das Tanzen. Es ist das einzige, was ihr Halt gibt, in ihrem chaotischen Leben. Sie soll auf der großen, alljährlichen Weihnachtsfeier ihres Tanzsportvereins im Mittelpunkt stehen und eine aufwendige Choreografie ei...