Teil 14

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Teil 14

Livia

Ich lächelte leicht als er mich lobte, irgendwie war ich meiner Idee doch nicht mehr so sicher gewesen. "Und was jetzt?", fragte ich schaute ihn etwas kritisch an, schliesslich hatten wir nichts und waren mutterseelen alleine in einer Stadt. Wir wussten ja nicht einmal welche Stadt das war! "Jetzt muss ich einmal einige Telefonate führen", sagte Justin und ich schaute ihn ungläubig an. "Was?", fragte ich ihn und lachte leicht, "Du willst jetzt telefonieren? Denkst du nicht wir haben besseres zu tun?"

Grinsend antwortete er: "Du hast ja keine Ahnung, was für Telefonate das sind", er drehte sich um und steuerte richtung Ausgang zu, "Also lass uns eine Telefonkabine suchen!" Ich schaute ihm kopfschüttelnd nach, ehe ich ihm mit schnellen Schritten folgte, bis ich ihn aufgeholt hatte.

Gerade als wir aus dem hellen, grossgebauten Gebäude der warmen Tagesluft Italiens entgegentraten, sahen wir eine Telefonzelle. Justin ging hinein und schloss die Tür, ich wartete indem ich mich auf eine Bank nebenann setzte. Er fischte die nötigen Münzen aus dem Rucksack und warf sie ein. Einige Sekunden vergingen bis er begann zu sprechen. Ich hörte bloss wie seine Stimme sich hob oder senkte, wann er sprach oder nicht, aber ich konnte nicht verstehen was er sagte. Zuerst sprach er ruhig mit der Person am Ende der Leitung, doch irgendetwas liess ihn nervös werden. Nein, nicht nervös, eher wütend. Er begann lauter und durchdringlicher zu sprechen und gerade als ich kurz davor war einige Wörter zu verstehen liess er meinen Blick zu mir schweifen, senkte seine Stimme wieder und knurrte nun ins Telefon. Na super. Mit einem aufgebrachten Schnauben knallte er schlussendlich den Hörer auf die Station, stützte seinen Kopf an seinem Unterarm ab, welcher an der Glaswand gelehnt war und versuchte sich so zu beruhigen. Gerade als ich dachte er hätte es geschafft fuhr er nochmals hoch und schlug mit der Faust auf die Zahlentastatur, wo man die Nummer eingebeb konnte. Dann liess er seine Hand nochmals zum Hörer schweifen, warf wieder einige Münzen ein und wartete erneut darauf, dass jemand abhob. Er atmete ruhig durch und liess sich nichts mehr von seinem Ausraster anmerken, als jemand abnahm. Wieder begann er zu sprechen, diesmal ruhiger und er musste sogar leicht schmunzeln. War das etwa seine Freundin? Erschrocken bemerkte ich, dass mir dieser Gedanke garnicht gefiel, da sich ein kleiner Stich in meiner Magengegend breit machte. Schnell verbannte ich den Gedanken in die hinterste Ecke meines Kopfes und konzentrierte mich wieder auf Justin. Lachend sagte er etwas zum Abschied, legte auf, nahm den Rucksack in die Hand und stiess die Glastür auf. Ich erhob mich und wartete, bis er vor mir stand. "Nun sieht es ziemlich gut aus für uns. Ich habe etwas gefunden, wo wir für längere Zeit gefahrlos bleiben können." Dieser langersehnte Satz liess mich strahlen und ich hätte nicht gedacht, dass mich das so erleichtern würde. Offenbar hatte mir die Unsicherheit meiner Zukunft doch mehr zu schaffen gemacht, als ich mir eingestanden hatte. "Justin das ist super! Wo ist das?", fragte ich.

"Bei meiner Tante. Sie hat ein Haus, nein eher eine Villa, und wir können zu ihr", antwortete er, fuhr aber gleich weiter, "Sie wohnt in Corniglia, es ist wunderschön dort, du wirst sehen. Ausserdem müssen wir wieder etwas richtung Deutschland fahren, um dorthin zu kommen, und das würden die Jungs bestimmt nicht vermuten und uns dort nicht suchen." Ich lächelte immernoch und nahm seine Hand, als ich ihn richtung Bahnhof zog und sagte: "Na dann los, worauf warten wir noch?"

Mein Grinsen wollte einfach nicht mehr von meinen Gesicht weichen, nicht einmal als wir in den Zug einstiegen. Bis mir wieder einfiel, was ich Justin noch fragen wollte. "Was war eigentlich mit deinem ersten Telefonat, wieso hast du dich so aufgeregt?", fragte ich ihn als wir uns hingesetzt hatten, er sich ans Fenster und ich mich neben ihn. Hoffentlich brauste er ab meiner Frage nicht wieder auf. Meine Angst löste sich schnell in Luft auf, als er ruhig aus den Fenster schaute und bloss seine Augenbrauen konzentriert zusammenzog. Er schaute sich kurz um, ob niemand in der Ungebung war der uns hätte zuhören können und wandte dann sein Wort an mich, seine Aufmerksamkeit war aber weiter den verbeistreichenden Häusern gewidmet: "Das war John, mein Pflegevater", antwortete er. Fragend schaute ich ihn an und zum ersten Mal als wir hier sassen riss er seinen Blick von der Stadt und liess ihn zu mir schweifen. Zögernd sprach er weiter, während er mir so intensiv in die Augen schaute, dass ich mich konzentrieren musste, den Zusammenhang seiner Wörter zu verstehen: "Als meine Mutter und mein Vater starben verfrachtete mich der achso gute Jugendschutz (mit voller Hass ausgesprochen) zu John, welcher mich neben seinen anderen 6 aufgenommenen Kindern aufnahm." Erstaunt darüber, dass er mir das erzählte schaute ich ihn weiterhin an. Erst nach einigen Sekunden fasste ich mich, doch er hatte seinen Kopf wieder gedreht und sah aus dem Fenster. Ich wollte wissen weshalb seine Eltern starben, wollte wissen weshalb er John hasste, aber wusste nicht ob ich weiter nachfragen durfte. Doch wiedereinmal siegte meine Neugier gegen meinen Zweifel: "Was hat John dann getan?", fragte ich sachte. Ohne mir den Blick zuzuwenden sprach er weiter: "John war ein Wichser. Er hatte nichts ausser seinem Alkohol und einem Dach über dem Kopf, was er uns sieben Kindern zu verdanken hatte. Er behandelte uns wie Dreck, bekam aber trotzdem immer Geld vom Jugendschutz, da er uns aufgenommen hatte. Wir wurden oft geschlagen und meine zwei 'Schwestern' vergewaltigt. Da ich der drittälteste war konnte ich zuschauen, wie meine zwei älteren Brüder nach und nach verschwanden und die beiden kleinen Mädchen mitnahmen. Sie entschieden sich für ein Leben auf der Strasse, was um einiges besser sein mochte als bei John. Irgendwann verschwand auch ich. Auf der Strasse traf ich auf Louis, Rian und Calvin, welche mich aufnahmen, so wie ich war. Wir dröhnten uns dauernd zu, verschuldeten uns bei den Dealern und als ich dann einmal fast gestorben wäre bemerkte ich, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich reiste zu meiner Tante nach Italien, wo ich die Sprache lernte und ein besseres Leben führen konnte. Dann suchte ich mir einen Job und als ich genug gespart hatte, zog ich zurück nach Deutschland, wo mein Geld für die kleine Wohnung reichte, in der du auch schon warst. Doch mit der alten Umgebung kamen auch die alten Probleme wieder hoch. Meine Schulden sollten ausgeglichen werden und ich hatte kein Geld dafür. Und wenn du einmal drinn bist, dann kommst du nicht mehr raus, bis alles abgezahlt ist." Mit weit aufgerissenen Augen schaute ich ihn an. Diese Geschichte verletzte mich so tief, dass ich nicht anders konnte. Eine einzelne Träne kullerte mir über die Wange und ich bemerkte sie nicht einmal. Justin liess seinen Blick zu mir schweifen und nahm meinen Kopf in seine Hände. Mit dem Daumen wischte er die Flüssigkeit aus meinem Gesicht. "Du sollst nicht weinen, Livia", sagte er und schaute mich durchdringend an, "Niewieder."

"Tut mir leid", sagte ich so gut es ging. "Es tut mir so leid für dich. Niemand hat soetwas verdient", sagte ich und er lächelte mich leicht an. "Nein, und trotzdem passiert es immer wieder." Betroffen senkte ich meinen Blick und schaute auf den Boden. "Weshalb hast du John dann überhaupt angerufen?"

"Ich wollte bei ihm untertauchen, aber er sagte nein. Deshalb wurde ich so wütend, ich habe ihm jahrelang alles gemacht und er ist nichteinmal dankbar."

"Weshalb hast du denn nicht direkt deiner Tante angerufen?"

"Weil sie schon so viel für mich getan hat, ich will sie nicht schonwieder in Beschlag nehmen."

Wie konnte Justin auf der einen Seite so korrekt sein, während er andere Leute tötete? Offenbar war er einer der Menschen, die alles für die Leute taten, die sie liebten und der Rest war ihnen egal. Justin war einer, der immer alles so haben musste, wie es ihn passte, ausser jemand lag ihm am Herzen, dann war diese Person wichtiger für ihn als er selbst. In dieser Hinsicht konnte ich noch eine Menge von ihm lernen. "Ich hoffe ich kann irgendwann auch so korrekt sein wie du, was meine Familie betrifft. Wenn ich noch eine hätte", flüsterte ich. "Was?", fragte er, "Was hast du gesagt?" Etwas weniger sanft als sonst hob er meinen Kopf an. "So etwas darfst du nie mehr sagen, okey? Du bist schon viel besser als ich und das ist auch gut so. Versprich mir das du mich niemals als Vorbild oder etwas dergleichen nehmen wirst. Versprich mir, dass du mehr erreichen willst, als ich es getan habe", sagte er energisch und schaute mich stechend an. "Wieso?", fragte ich. "Weil du ein guter Mensch bist, du hast etwas besseres verdient", sagte er. "Du bist auch ein guter Mensch."

"Nein, bin ich nicht und das ist mir auch egal. Mir ist es egal was ich bin, ich will nur das es mir und den Menschen die ich liebe gut geht. Auch wenn ich dafür töten muss. Das stört mich nicht, mein Herz ist nicht so gross um viele Menschen hinein zu lassen und niemandem weh zu tun, im vergleich zu deinem."

"Gehöre ich zu den Menschen in deinem Herzen?", fragte ich so leise wie noch nie. Er schaute mir einige Sekunden in die Augen und antwortete nicht. Also nein. Betroffen senkte ich meine Augenlieder. "Du gehörst schon seit unserem Gespräch im Wald dazu", flüsterte er bestimmt und ich hob meinen Blick wieder. "Sonst würde ich niemals so für dich kämpfen und du wärst schon längst tot." Meine blauen Augen verharrten in seinen Braunen und das war das erste Mal, wo ich die Lust verspürte, seine Lippen auf meinen zu haben. "Danke Justin. Danke für alles", flüsterte ich statdessen und er lächelte leicht ehe er sich abwandte und weiter aus den Fenster schaute. Ich wusste, dass er mich geküsst hätte, hätte er gewollt, denn zu schüchtern dafür war er bestimmt nicht. Wahrscheinlich konnte es ihm eher nicht schnell genug gehen. Aber er wollte nicht. Und mir wurde bewusst, dass ich mich nun in einer unerwiderten Liebe wiederfand, die mich vollends einnahm und mich nicht wieder hergab. Und das war das schlimmste, was einem Menschen passieren konnte - eine unerwiderte Liebe.

dangerous love (justin bieber fan fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt