Gezwungen - 26. Kapitel

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In sicherem Abstand und so gut es die anderen Marktbesucher erlaubten, folgte sie ihren Geschwistern. Sie wusste, wenn sie jetzt einen Fehler machte, würde sie sie nie wieder finden können. Das Leben gab keine zweiten Chancen.
Die Wolken zogen sich immer weiter zu, bis es schließlich zu allem Überdruss noch zu regnen begann. Lias größte Angst war die ganze Zeit über, dass sie gleich in ein Auto steigen und irgendwohin fahren würden, wohin sie ihnen nicht mehr folgen könnte. Bis sie wieder bei ihrem Auto angelangt wäre, wären sie mit Sicherheit schon über alle Berge.
Als sie den Markt schließlich hinter sich ließen, um auf leeren Straßen ihren Weg fortzusetzen, musste Lia noch genauer aufpassen, nicht erwischt zu werden. Sie versuchte, so zu tun, als wäre sie nur eine Passantin wie jeder andere.
Der fremde Mann schloss eine in einem düsteren Hauseingang liegende Tür auf und ließ Sorin, Elisei, Florica und Oana eintreten. Da ging sie hin, ihre Familie. Als der Mann sich noch einmal umsah, tat Lia, als krame sie in ihrer Tasche nach etwas. Als sie wieder aufblickte, war die Tür bereits fest verschlossen. Sie drehte sich um und ging, wurde immer schneller, und als sie schließlich die nächste Ecke umrundet hatte, rannte sie, was das Zeug hielt, drängte sich durch die Massen des Marktes, bis zu ihrem Auto, stieg ein und brauste zügig nach Hause. Ihr Herz klopfte schneller als in all den Jahren zuvor. Es war als hätte sie an genau diesem Tag, zu genau dem Moment, da sie ihre Familie wiedergefunden hatte, wieder zu leben begonnen. Sie wusste, wo sie waren. Sie wusste, dass es nun eine Chance gab, die sie ergreifen musste. Sie wusste, dass sie alles daran setzen würde, sie zu befreien und nach Hause zu holen, nach so langer Zeit. Nur wie, wusste sie noch nicht, aber nun hatte sie wieder Hoffnung geschöpft, dass es irgendwie zu einem guten Ende kommen würde. Zu einem guten Ende kommen musste.

Gezwungen #BestsellerAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt