Kapitel 2

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"Minou?..." Ich sah meine kleine Schwester schwach lächelnd an, doch sie hatte ihren Blick noch immer nicht vom Fußboden abgewandt.

"Ist alles Ok?... Freust du dich auf Schule?" Versuchte ich mal wieder irgendwie eine Konversation zu starten. Sie zuckte nur mit den Achseln und nahm stumm meine Hand, um mir zu symbolisieren, dass es nun wirklich Zeit war loszugehen. Ich seufzte und hielt darauf Micah meine Hand hin. Er sah Stirnrunzelnd auf diese und dann mit ungläubigem Blick in meine Augen. "Ich bin 14. Ich kann alleine laufen." Sagte er entschlossen. "Trotzdem kannst du dich streiten, wie ein fünf-jähriger.Und jetzt komm!" Ohne wirklich auf seine Aussage einzugehen nahm ich seine Hand und zog ihn mit vor die Tür, nachdem ich Kien gesagt hatte, er solle Micah's Hnad nehmen, was er nur deshalb tat, weil er keinen Streit verursachen wollte. Auf dem Weg zur Bushaltestelle kamen wir, wie jeden Morgen, an einem kleinen Obst und Gemüse Laden vorbei.

Nun drückte ich Kien's Hand, als Zeichen, dass er heute das klauen übernehmen sollte. (schließlich brauchten wir Frühstück) Micah warf ich einen bestätigenden Blick zu, der sich dann wie aus dem Nichts zu Boden fallen ließ und gekünstelt schmerzhaft aufschrie. Wie ich es geahnt hatte, gewann dies die Aufmerksamkeit des Ladenbesitzers. "OH NEIN" Alles in Ordnung?" Fragte ich Micah gespielt besorgt. Minou und Kien knieten sich runter zu ihm und sahen ihn mitleidvoll an. "AHHHH! Ich glaube es blutet!" Jammerte Micah und verzog das Gesicht. Ich wandte mich nun an den Ladenbesitzer, der das Geschehen mitfühlend betrachtet hatte. Es tat mir schon fast leid, diese ganze Show. "Entschuldigen sie bitte? Hätten sie zufällig ein Pflaster für den Jungen?" Fragte ich mit großen Augen und blickte dann zu dem, vor Schmerz aufstöhnenden Micah. Er nickte und verschwand sofort um eins zu suchen. "Los Kien!" Flüsterte ich. Sofort stürmte er zu den Kisten voller Gemüse und Obst, die vor der geöffneten Ladentür standen und steckte für uns alle genug ein, aber nicht zu viel, damit es nicht auffällig war. Mit der nun vollen Tüte stürmte er wieder zu Micah und kniete sich so hin, wie er kniete, bevor der Ladenbesitzer verschwand.

"Hab genug." Flüsterte er und ich nickte ihm bekräftigend zu. Keine 20 Sekunden später kam der Ladenbesitzer mit einem Pflaster zurück und reichte es mir mit einem gutherzigen Lächeln. "Vielen Dank!" Ich nahm das Pflaster entgegen und wandte mich an die Kinder. "Kommt. wir setzen uns auf die Bank dort hinten, dann schaue ich mir das mal genauer an." Redete ich beruhigend auf den noch immer winselnden Micah ein, der sich widerwillig an mir abstützte um aufzustehen. Ich warf dem Ladenbesitzer noch ein flüchtiges Lächeln zu und dann verschwanden wir. Als wir außer Reichweite waren, riss ich Kien die Tasche aus den Fingern, in der das geklaute Obst und Gemüse war und betrachtete den Inhalt prüfend. "Kien! Du weißt doch genau, dass Minou und ich keine Äpfel mögen..." Seufzte ich, nahm einen Apfel aus der Tasche und hielt ihn Kien augenrollend vor die Nase.

"Mianhae Noona. Ich wollte mich beeilen und deshalb-" Fing er an sich zu entschuldigen, bis er von Micah unterbrochen wurde, der mir schroff den Apfel aus der Hand gerissen hatte.

"Und? Ich mag Äpfel und Kien auch." Er biss zufrieden in den Apfel hinein, um sein Argument zu bestärken. "Ich meine ja nur... Jetzt haben wir Äpfel im Überfluss und Minou muss weniger essen, als ihr beide. Frühstück in der Schule ist wichtig! Wir haben sonst nur noch..." Ich wanderte mit meinen Augen skeptisch über die restlichen Lebensmittel in der Tasche. " 2 Pflaumen, eine Banane und 4 Tomaten. Jeder muss schließlich genug essen! Aish... Das müsst ihr alles noch lernen..." Erklärte ich ernst und die drei nickten verständnisvoll. Jeder nahm sich aus der Tasche, was er am liebsten mochte. Kien und Micah mochten so ziemlich alles, doch Minou nahm sich nur eine Pflaume und eine Tomate. Kopfschüttelnd beobachtete ich das ganze. "Minou... Du musst mehr mitnehmen. Das ist zu wenig." Forderte ich sie auf und reichte ihr noch eine Tomate und die Banane. Sie schüttelte den Kopf.

"Du musst auch essen Noona." Nuschelte sie. Ich sah sie mit großen Augen an. Ich weiß nicht warum, aber es machte mich traurig, dass sie das sagte. In diesem jungen Alter sollte man sich über so etwas noch keine Gedanken machen müssen. Das war meine Aufgabe. Sie sollte einfach glücklich und unbeschwert leben. "Ach... weißt du. Ich habe schon gegessen." Log ich und steckte das Essen in ihre Tasche. Was für ein 7- jähriges Mädchen, dachte zuerst an seine große Schwester und danach an sich? Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und lächelte sie warm an, worauf sie kurz ihre Mundwinkel nach oben zucken ließ, sich dann aber schnell wieder umdrehte, damit wir den restlichen Weg zur Bushaltestelle gehen konnten.

"Ok. Euer Bus kommt in 3 Minuten. Soll ich noch so lange mit euch warten?" Fragte ich, als wir uns auf die silbern schimmernde, kalte Bank niedergelassen hatten, die an der Haltestelle stand.

"Aigo?Noona! Ich brauche keinen Babysitter mehr!" Rief Micah mir genervt zu und rollte mit den Augen. Ja... manchmal war ich etwas überfürsorglich, aber nachdem was passiert war, hatte ich einfach Angst noch jemanden zu verlieren.

"Jetzt sei nicht so blöd!" Fuhr ihn Kien von der Seite an und stieß ihm leicht mit dem Ellbogen in den Bauch, worauf er einen heftigen Schlag an den Hinterkopf kassierte.

"Ey! Ich hab dir nicht mal weh getan!" Brüllte Kien und warf kopfschüttelnd die Arme in die Luft.

"Tja, ich dir schon." Konterte Micah unberührt und schmiss das Kerngehäuse seines Apfels auf den Fußweg.

"Hört jetzt auf mit dem Blödsinn! Micah! Heb den Apfel wieder auf und schmeiß ihn gefälligst in den Müll, das gehört sich nicht!" Rief ich und funkelte ihn warnend an, worauf er seufzend meinem Befehl nachkam.

"Ok, dann viel Spaß in der Schule und passt auf euch auf!" Ich drückte alle noch einmal fest und machte mich dann auf den Rückweg. "Lasst euch nicht erwischen, klar?" Rief ich ihnen noch zu, worauf sie nur beschwichtigend nickten. Ich machte mir eigentlich keine Sorgen mehr, dass sie wegen des Schwarzfahrens erwisch wurde. Das kontrollierte meist sowieso keiner, aber sicher ist sicher.

Ich machte mich auf den Weg zu Mrs. Lee, um ihr ein bisschen mit der Wäsche und dem aufräumen und kochen zu helfen. Ich weiß... Man fragt sich sicher, warum ich sie nicht um Geld bat, oder darum, dass sie für uns mit kocht. Ich wollte sie nicht um noch mehr bitten. Sie hatte schon so viel für uns getan und hatte dabei selbst immer so viel um die Ohren. Ich hatte die nötigen Klamotten und das nötige Essen für uns alle bisher immer auftreiben können und sie in der Annahme gelassen, ich hätte einen Job. Ich schämte mich ihr zu sagen, dass ich klaute. Ich wollte nicht, dass sie enttäuscht von mir war, denn sie war so ziemlich die einzige Familie, die wir noch hatten. Die Familie meiner Mutter rief zu Festen und Feiertagen ab und zu mal an, schickte uns Geld, oder Postkarten, aber das wars dann auch. Nach dem Tod meiner Mutter war einfach alles anders geworden. Unsere Amerikanische Familie hatte sich mehr zurückgezogen, da sie das ganze nicht gut verkrafteten und wir sie zu sehr an den Verlust erinnert hätten. Sie wollten Mum's Tod verstecken und nie wieder darüber reden. Die Familie meines Vaters war zerstritten. Warum wusste ich auch nicht genau, aber das war schon so, seit ich ein kleines Kind war. Wohlmöglich war es, da seine Familie ein Problem damit hatte, dass Appa eine Amerikanische Frau heiratet. Auf dem Weg zu Mrs. Lee überlegte ich, was ich Minou zum Geburtstag schenken könnte. In bereits 3 Tagen wurde sie 8 und ich wollte ihr etwas besonderes schenken. Sie hatte in den letzten Monaten, eigentlich Jahren viel zu wenig gelächelt und ich vermisste ihr strahlendes Gesicht. Ich wollte ihr etwas schenken, dass sie wieder zum strahlen brachte. Ich wusste, dass sie Musik über alles liebte. Ihre Lieblingsband war BTS, eine Boygroup. Ich hatte ab und zu mal die Lieder im Radio gehört, interessierte mich für sowas jedoch nicht. Sie liebte deren Songs wie verrückt und manchmal, wenn sie glaubte unbeobachtet zu sein, hörte ich sie von der Küche aus lauthals mitsingen, wenn eins der Lieder im Radio lief. Ich schlich dann langsam zu ihrem Zimmer, lehnte mich schweigend an den Türrahmen und beobachtete, wie sie wild im Zimmer rumtanzte und ab und zu lachte. Eins der wenigen Momente die mich wirklich glücklich machten.





Zweites Kapiteeeel! Ich hoffe die Geschichte gefällt euch bis jetzt. Ich freue mich immer über Vorschläge oder Feedback. BTS kommt in den nächsten Kapiteln und wird dann Teil dieser Geschichte. Thanxxxx <3

No more Scars {BTS Min Yoongi FF} BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt