Kapitel 3 : Woooow!

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"Komm rein Kiki!" Rief Mrs. Lee, als ich an ihre Tür geklopft hatte. Langsam öffnete ich die alte, knarrende Holztür. Wie jedes Mal fuhr ich mit meinen Fingern über die bereits abgesplitterte weiße Farbe und schüttelte ungläubig den Kopf. "Mrs. Lee...." Begann ich und sah sie stirnrunzelnd an.

"Jaja! Ich weiß, ich weiß... Die Tür muss neu gestrichen werden!" Seit dem Unfall meiner Eltern sah sie so schäbig aus. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie wollte sie sie nur deshalb nicht streichen, weil sie Angst hatte, so die Erinnerungen, die noch von meinen Eltern übrig waren, wie sie immer diese Tür geöffnet und ihr Haus betraten, "überzumalen". Sie hatte meine Eltern wirklich gern gehabt.

"Setz dich! Ich habe heute schon alles fertig, nur das Essen muss noch etwas kochen." Mit einer Handbewegung winkte sie mich in die enge Küche. Ich setzte mich auf einen der zwei weißen Stühle. Mir stieg der Duft von heiß kochender Nudelsuppe in die Nase. "Das riecht wundervoll Mrs. Lee!" Mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen und ich beobachtete hungrig den aufsteigenden Dampf, der aus dem Topf stieg und einfach unglaublich lecker roch.

"Würdest du den Tisch schonmal decken, Liebes?" Rief sie mir aus der Waschküche zu. Ich stellte zwei Teller und Löffel auf den kleinen Küchentisch, der trotz seiner geringen Größe fast den halben Raum in Anspruch nahm. Sie kam wieder in die Küche und stellte den heißen Topf in die Mitte des Tisches. Gierig nahm ich mir eine große Kelle und fing sofort an zu essen.

"Du scheinst ja ganz schön hungrig zu sein. Hast du schon wieder nicht gefrühstückt Kaija?" Sie sah mich skeptisch an und ich zuckte verlegen mit den Achseln. Sie seufzte, richtete sich auf und legte den Löffel an die Seite ihres Tellers. Das waren ihre typischen Gesten, wenn sie kurz davor war ein intensives und bedeutendes Gespräch, eine "Predigt", oder Standpauke zu beginnen. Vorahnend legte auch ich den Löffel beiseite und sah ihr in die Augen. Sie musterte mich in einer strengen Art.

"So kann das nicht weitergehen Kaija. Denkst du, ich weiß nicht, dass du oft auf Dinge verzichten musst, damit ihr irgendwie über die Runden kommt?" Ich blieb stumm und nickte verständlich.

"Was hast du denn für einen Job?" Fragte sie durchbohrend. Was sollte ich nun antworten?

Ich habe keinen Job Mrs. Lee... Ich lebe vom klauen. Meine Geschwister und ich tuen es zusammen. Essen, Kleidung und alles andere...

Sollte ich das etwa sagen? Nein, also sagte ich das erst Beste, dass mir einfiel.

"Ich arbeite als Kassiererin in einem Supermarkt nicht weit von hier." Sehr einfallsreich Kaija. Gut gemacht!

"Und wie viel verdienst du?"

"Anscheinend nicht genug..." Ich senkte meinen Blick.

"Hör zu... Ich mache mir wirklich Sorgen um euch... Wenn du möchtest kann ich irgendwo nach einem Job für dich fragen. Ich kenne ein paar Leute die vielleicht Arbeit für dich haben." Sagte sie mit mitleidvoller Stimme.

"Ich habe nicht studiert Mrs. Lee... Ich glaube nicht, dass ich so einfach einen Job bekommen werde." Stellte ich fest und lächelte ungläubig. Klar, ich hätte als Kassiererin oder Kellnerin arbeiten können, aber ich wusste, dass ich mit so einem Job bei weitem nicht genug Geld für uns alle zusammenkriegen und meine Geschwister dafür auch noch kaum sehen würde, da ich wahrscheinlich hätte Überstunden arbeiten müssen.

"Ich bekomme das schon hin. Mach dir darüber keine Sorgen, ok?" Sie sah mich hoffnungsvoll an.

"Mach dir keine Umstände. Wirklich.Das war eine schlechte Woche normalerweise läuft es besser." Versicherte ich ihr, worauf sie nur leicht nickte. Sie ließ das Thema erstmal so stehen, doch ich wusste, dass sie trotzdem das tun würde, was sie für das Richtige hielt.

"Soll ich noch mit irgendwas helfen?" Fragte ich, als wir fertig gegessen hatten und ich die Teller in die Spüle stellte. Sie lehnte dankend ab.

"Mach dir noch einen schönen Tag. Krieg deinen Kopf ein bisschen frei." Sie merkte, dass ich mir viele Gedanken über unsere jetzige Lage machte und Angst hatte... Ich hatte jeden Tag Angst. Angst, dass wir es nicht schafften, Angst dass ich kein guter Ersatz für eine "Mutter" war, Angst, dass ich Minou, Micah und Kien nicht das Leben bieten konnte, dass sie wollten, oder verdienten.

Ich nickte ihr dankend zu und ging zur Tür.

"Kiki?" Sie wandte sich ein letztes Mal an mich, bevor ich die Tür hinter mir schloss.

"Wir werden uns schon etwas einfallen lassen. Zerbreche dir nicht zu sehr den Kopf darüber. Die Kinder kannst du nach der Schule zu mir zum Mittagessen schicken, in Ordnung?"

" gamsahamnida Mrs. Lee." Ich lächelte schwach und schloss dann die schäbige Holztür, die ich wieder kopfschüttelnd belächelte. Es war schon fast, wie eine Art "Insider", den wir hatten. Jedes Mal, wenn ich ihr Haus betrat.

Mein Handy vibrierte und ich bekam eine Nachricht im Gruppenchat von Hyeon, Miu und mir.


Hyeon: Kaija. Komm mal zu mir nach Hause. Miu ist auch gerade da, wir haben eine Idee für dein Geburtstagsgeschenk für Minou.

Ich: Ehrlich? Ok, ich bin gleich da. Daaaaanke!

Sofort machte ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Ja, ich musste schwarz fahren, so wie immer. Angekommen klopfte ich an Hyeon's Tür und wartete, bis er diese öffnete.

"Heyyyy Kiki!" Rief er und zog mich in eine feste Umarmung. Ich zog meine Jacke und meine Schuhe aus und vernahm, so wie immer den Duft von seinem Parfüm, dass man im ganzen Haus riechen konnte. Es störte mich nicht. Ich mochte sein Parfüm. Es roch ziemlich männlich und leicht süß. Es erinnerte mich an seine starken Arme, die sich um mich schlingen, in den verschiedensten Phasen meines Lebens. Wenn ich traurig war, wenn ich glücklich war, oder nervös. Er war immer da um mich aufzufangen und sein Geruch umhüllte mich jedes Mal. Miu saß im Wohnzimmer auf der Couch und schaute sofort von ihrem Handy auf, als sie unsere Schritte hören konnte.

"Kiki!" Sie umarmte mich und zog mich dann hastig zum Sofa.

"Los Hyeon! Erzähl die Idee!" Drängte sie ihn und sah ihn breit grinsend an. Hyeon setzte sich neben mich und räusperte sich kurz.

"Also... Minou liebt doch BTS." Begann er. Ich nickte und sah aus dem Augenwinkel, wie Miu ungeduldig auf den Sofakissen hin und her hüpfte.

"Jetzt komm zum Punkt!" Rief sie.

"Jaja! Also... Die geben hier in Daegu ein Konzert. Da werden T-Shirts und Fanatiker und das alles verkauft." Ich sah ihn fragend an.

"Was genau soll das jetzt bedeuten? Ihr wisst, ich kann mir Konzertkarten nicht leisten..." Gab ich kleinlaut von mir.

"Jajajaja. Jetzt warte ab!" Kam von Miu.

"Wir dachten uns... Du könntest ihr doch ein signiertes T-Shirt kaufen. Die sind was besonderes und die gibt es nur dort. Also, wenn du eine Konzertkarte hast und dann in das Stadion reingehst, dann siehst du die ganzen Stände, die vor der Konzerthalle stehen." Erklärte er. Miu sah mich erwartungsvoll an und ihr breites Grinsen war noch immer nicht verschwunden und war jetzt sogar noch breiter. Ich zog die Augenbraue hoch.

"Leute! Das ist echt eine tolle Idee... aber ihr wisst doch, dass mir das Geld fehlt. Ich kann mir so eine Konzertkarte einfach nicht leisten."

"Das musst du auch nicht." Hyeon sah mich lächelnd an. Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, worauf er hinter seinem Rücken etwas hervor holte.

"Was...?" Begann ich und schlug sofort fassungslos die Hände vor den Mund, als ich erkannte, was es war.

"DAS HABT IHR NICHT GETAN?!?!?!" Schrie ich und sprang freudig auf und ab.

"Haha! Doch!!!" Rief Miu und freute sich fast genau so sehr, wie ich. Ich konnte nicht glauben, dass sie mir tatsächlich eine Konzertkarte gekauft hatten! "Ich danke euch SO sehr!!! Wirklich! Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll..." Ich umarmte die beiden ganz fest.

"Gerne Kiki." Entgegnete Hyeon und wirkte zufrieden und stolz auf sich selbst, dass er mir eine solche Freude gemacht hatte. Nun musste ich mir nur noch einfallen lassen, wie genau ich das T-Shirt klauen wollte, wenn ich erstmal drinnen war.... Denn das Konzert war bereits in 2 Tagen.

No more Scars {BTS Min Yoongi FF} BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt