Kapitel 16: STOPP

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Wir rannten durch die Flure jedes einzelnen Stockwerkes, riefen ihn an, schickten ihm Nachrichten. Nichts. Keine Spur von Namjoon. Wir entschieden uns aufzuteilen und getrennt nach ihm zu suchen. Mir fiel nichts besseres ein, als nochmal den Weg abzugehen, den wir zuvor schon gegangen waren, in der Hoffnung wir hätten ihn vielleicht einfach "verpasst". Ich stieg in den Fahrstuhl, um wieder in den Eingangsbereich zu fahren, da sah ich, dass es die Möglichkeit gab, mit dem Fahrstuhl auf das Hoteldach zu kommen. Warum nicht?
Ich drückte den entsprechenden Knopf und fuhr nach oben. Ungeduldig wippte ich von meinen Hacken auf die Zehnspitzen und schaute nebenbei immer wieder auf den Display meines Handys, um zu sehen, ob irgendwer ihn in den 3 Minuten, die ich weg war vielleicht gefunden , oder ob Namjoon selbst ein Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Die Fahrstuhltür öffnete sich und sofort stürmte ich hinaus und lief auf dem ganzen Dach hin und her, um zu sehen, ob er irgendwo war. Es war ein großes Dach, demnach dauerte es eine Weile, bis ich jede Ecke abgesucht hatte, um festzustellen, dass er letztendlich doch nicht dort war. Wo bist du nur Namjoon? Gerade wollte ich kehrt machen, da sah ich jemanden. Eine Gestalt am Rand des Daches stehen, leicht nach vorne gebeugt. Gefährlich weit, um ehrlich zu sein. Ich ging etwas näher auf die Person zu und erkannte Lilanes Haar und eine Bomberjacke... War das...? Warum war er so weit nach vorne gebeugt? Er wollte doch nicht...? OH MEIN GOTT! Sofort rannte ich auf ihn zu und zog ihn am Arm vom Rand zurück, als es gerade so aussah, als würde er den Halt verlieren und fallen. Mein Herz raste unfassbar schnell und ich sah ihn schockiert an. Er erwiderte meinen Blick mit Tränen in seinen Augen und Tränen, die ihm erbarmungslos über die Wange flossen. Oh Namjoon... Kraftlos fiel er zu Boden und schluchzte verzweifelt, während er seinen Kopf auf die Knie legte. Seine Hände zitterten. Ich, vom Schock noch immer Unfähig irgendetwas zu sagen, sah ihn fassungslos an. Steh nicht einfach so blöd rum! Zögernd setzte ich mich neben ihn und legte meine Hand auf seine Schulter. Abrupt sah er zu mir auf. "W-Warum bist du hier?" Fragte er mit zitteriger Stimme. Bei seinem Anblick schmerzte mein Herz. Er sah so schwach aus, so zerbrechlich. Als hätte jegliche Kraft ihn verlassen und er wäre gänzlich ausgelaugt.
"Das selbe könnte ich dich fragen." Wandte ich ein und sah ihn noch immer leicht geschockt an. Er starrte ins Leere, als würde er in sich den Moment von eben widerrufen. "Namjoon... Alle machen sich große Sorgen. Was ist los?" Fragte ich fast flüsternd. "Kaija... Wie sehr liebst du deine Geschwister?" Er wandte seinen Blick wieder mir zu. Ich schaute etwas verdutzt. "Über alles." Antwortete ich. Er nickte. "Ich habe meine kleine Schwester auch geliebt. Mehr als alles auf dieser Welt. Mehr als mein Leben." Er fing wieder an bitterlich zu weinen und ich legte meine Hand auf seine. "Was ist passiert?"
Er atmete tief ein. "Sie... Sie ist krank geworden... Zuerst war es nicht allzu schlimm, aber in den letzten Tagen wurde es schlimmer, bis man mich angerufen hat und..." Er biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf, als würde er einen Gedanken abschütteln wollen. "Sie ist tot..." Flüsterte er mit ernster Miene. "Sie ist tot!" Schrie er noch einmal und schluchzte bitterlich. Auch mir lief eine Träne über die Wange. Ich wusste genau, wie er sich fühlte. Ich konnte es so gut verstehen. "Ich war nicht da! Ich war nicht bei ihr, um sie zu beschützen. Ich verdiene es zu sterben! Ich! Nicht sie!" Schrie er wütend. Seine Tränen fanden kein Ende. Sie bestanden aus Wut, Trauer, Verzweiflung, Selbsthass, Sehnsucht und all das war keine gute Kombination. "Oh Namjoon..." ich drückte seine Hand fester.
"Beschuldige dich nicht für irgendetwas. Das wird dir nichts bringen. Wenn sie dich so sehr geliebt hat, wie du sie, dann würde sie niemals wollen, dass du dich so fertig machst. Glaube mir... Ich verstehe das gut." Ich sah ihn mitleidvoll an, doch er schüttelte ungläubig den Kopf. "Das kannst du nicht verstehen..." Flüsterte er. Ich seufzte. "Als meine Mutter gestorben ist, habe ich dasselbe gedacht wie du Namjoon... und ich tue es noch immer, wegen meinem Vater..." Brachte ich kleinlaut von mir und sah zu Boden. Ich konnte nicht fassen, dass ich ihm das gerade wirklich erzählt hatte, aber er schien so alleine damit und so hilflos. So wie ich damals. Keiner hatte mich verstehen können, niemand wusste, was für ein Leid und was für eine Schuld ich mit mir trug (abgesehen von meinen Geschwistern, mit denen ich nicht darüber reden konnte) und ich fühlte mich so alleine. Ich wollte nicht, dass er sich so fühlte. Ich wollte, dass kein Mensch sich je so fühlen musste, deshalb wollte ich ihm zeigen, dass er nicht alleine war.

No more Scars {BTS Min Yoongi FF} BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt