Kapitel 34

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"Kiki?" Hyeon legte sanft den Arm auf meinen Rücken. Mein Blick war starr auf den Brief gerichtet, den er noch immer in der Hand hielt. Mit wütenden Schritten rannte ich in ihr Schlafzimmer, ohne auf Hyeon zu achten. Sie konnte nicht verschwinden. SIE DURFTE ES NICHT! Wie viele Menschen wollten mich noch alleine lassen? Wie oft musste ich noch weinen und verletzt werden???
Ich riss die Tür auf, die mit einem Knall gegen die weiße Wand stieß. Mrs. Lee lag in ihrem Bett, wie ich es erwartet hatte. Bei ihrem Anblick erschrak ich ein wenig. Ihr Gesicht war um einiges schmaler. Ihre, nun deutlich erkennbaren, Kieferknochen und Wangenknochen stachen heraus. Sie hatte Augenränder und sah schlapp aus, dennoch lächelte sie, als sie mich sah.
"Du hast den Brief also gefunden."
"JA! Ich habe ihn gefunden! WAS SOLL DAS?" Schrie ich frustriert. Sie blieb ruhig und klopfte auf die freie Stelle neben sich auf den Bett, worauf ich mich zögernd näherte und hinsetzte.
Hyeon hatte sich inzwischen an den Türrahmen angelehnt und mich beobachtet, was mich im Moment jedoch wenig interessierte.
"Ich weiß, dass du es satt hast, Kleines. Dass die Leute dich verlassen.., So ist leider der Lauf der Dinge und oft ist er ungerecht und unverständlich. Ich bin schon alt und ich..." Begann sie doch ich unterbrach sie hysterisch.
"Nein! Bitte sag nicht... Sag nicht, dass du..." Ich wagte es nicht auszusprechen.
"Ist schon gut..." Flüsterte sie beruhigend, doch ich schüttelte den Kopf.
"Du kannst mich nicht alleine lassen! Du hast es versprochen!"

"EOMMA! Nein!" Schrie ich und weinte. Die Tränen flossen erbarmungslos meine Wange hinunter und befeuchteten den gesamten Asphalt. Den Asphalt, den ich gerne verflucht hätte. Den ich hasste, mehr als alles andere. Auf diesem Asphalt wurde mir mein Halt genommen. Einfach weggerissen.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich sah auf.
"Komm Kleines. Es regnet." Mrs. Lee hatte eine Decke um meine Schultern gelegt und wollte mich von dem Chaos, den Sirenen und der furchtbaren Szene wegziehen, die sich hier vor meinen Augen abspielte.
"NEIN! Ich lasse sie nicht allein! SIE DARF MICH NICHT VERLASSEN!" Schrie ich und erneut rollten die Tränen.
Mit einem Ruck drehte Mrs. Lee mich zu sich um.
"Sie hat dich nicht verlassen und Sie wird dich nie verlassen. Sie ist immer in deinem Herzen." Was für ein Klischeespruch. Ich wollte nicht daran glauben. So etwas hätte man zu oft in Filmen gehört, dass es erbärmlich klang, jedoch war es das einzige, dass es mir erträglich machte.
"Ich bin bei dir. Ich passe auf euch auf und ich werde dich nicht verlassen." Versprach sie und zog mich in eine Umarmung. Ich stand still. Noch immer schockiert, zitternd, gebrochen. Doch ich war dankbar.

"Ich werde immer bei dir sein." Flüsterte sie und nahm meine Hand.
"Bitte.." Hauchte ich und fühlte, dass meine Augen nass wurden, bei der Vorstellung sie zu verlieren.
"Du bist so ein starkes Mädchen Kaija. Du denkst du brauchst jemanden, der dir den Weg zeigt. Jemanden, der deine Hand hält, aber das brauchst du nicht. Du hast das alles geschafft. Deine Familie, deine Arbeit. Du hast alles getan. Du warst bereit zu klauen dafür." Ich hob schlagartig meinen Kopf und sah sie erschrocken an. "Du wusstest es?" Fragte ich entgeistert.
"Natürlich." "Warum hast du nichts gesagt?"
"Du musstest deine eigenen Fehler machen. Deinen eigenen Weg gehen und du hast es geschafft, wie ich es immer gewusst habe. Es hat dir geholfen Verantwortung zu übernehmen. Deine Geschwister verlassen sich auf dich. Sie vertrauen dir blind. Ich tue es auch. Ich weiß, dass es schwer ist, aber ich werde bald gehen." Ich kniff meine Augen zusammen. Jebal...
"Noch nicht jetzt. Vielleicht in ein paar Wochen, aber ich kann es spüren." Erklärte sie und drückte meine Hand ein wenig.
"Trauere nicht. Tue was du tun willst. Sei glücklich und sag es deinen Geschwistern noch nicht. Sie können mit so etwas noch nicht umgehen, wie du es kannst."
"Ich werde nicht am Wochenende wegfahren Mrs. Lee. Ich kann dich nicht einfach alleine lassen." Sie schüttelte den Kopf und lächelte.
"Denkst du, du machst mich glücklich, wenn du dein gesamtes Leben nach mir richtest? Die Zeit wird kommen, wenn sie da ist, ob du nun hier bist oder nicht. Du bist jung. Genieße es. Damit hilfst du mir."
Ich seufzte und nickte widerwillig.
"Verspreche es." Ich nickte wieder.
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No more Scars {BTS Min Yoongi FF} BEENDETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt