Kapitel 6

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Nach einem kurzen Lauf kamen die Katzen im Lager des Donnerclans an. Dort erwarteten sie bereits die Dagebliebenen, die Wissen wollten, warum die Katzen solange weg waren. Als diese dann auch noch die Katzen der anderen Clans sahen, machten sie große Augen und flüsterten miteinander. Himmelstern rief die Katzen zusammen und bat Sonnenpfote, vorzutreten. Neben ihr saßen ihre Brüder, ihre Eltern Schneeblüte und Streifenfuß und ihr Mentor Flammenherz. Himmelstern blickte zum Himmel und jaulte in die Nacht hinein: "Ich, Himmelstern, Anführerin des Donnerclans rufe meine Kriegerahnen an und bitte sie, auf diese Schülerin herabzublicken. Sie hat hart trainiert, um eure edlen Gesetze zu erlernen. Sie hat Mut und Geschick im Kampf gegen einen mächtigen Gegner bewiesen und mit dieser Tat ihren Clangefährten das Leben gerettet. Deshalb empfehle ich sie euch als Kriegerin." Nun wandte sie den Kopf zu Sonnenpfote. "Sonnenpfote, versprichst du, das Gesetz der Krieger einzuhalten und den Clan zu beschützen und zu verteidigen, selbst wenn es dein Leben kostet?" "Ich verspreche es." miaute Sonnenpfote, die vor lauter Aufregung nicht still sitzen konnte. "Dann gebe ich dir mit der Kraft des Sternenclans deinen Kriegernamen. Sonnenpfote, von diesem Augenblick an wirst du Sonnenherz heißen. Der Sternenclan ehrt deine Tapferkeit und dein Geschick und wir heißen dich als vollwertige Kriegerin im Donnerclan willkommen." miaute Himmelstern und legte Sonnenherz die Schnauze auf den Kopf. Diese leckte ihr ehrerbietend die Schulter. "Sonnenherz, Sonnenherz, Sonnenherz!" jaulten die Katzen aller vier Clans in den Himmel. Dann beglückwünschten sie schon alle noch einmal persönlich und unterhielten sich fröhlich. Sonnenherz ging zum Eingang und setzte sich, um ihre Kriegerwache zu beginnen. Ihre Brüder setzten sich zu ihr und wärmten ihren Pelz. Nach einer Weile gingen die drei Clans. Jeder von den Katzen nickte Sonnenherz noch einmal zu oder streifte ihren Pelz mit dem Schwanz. Auch die Donnerclankatzen legten sich bald schlafen, darunter auch ihre Brüder, die sie noch einmal herzlich berührten. Danach war die Lichtung komplett leer. Sonnenherz genoss die Stille und dachte darüber nach, wie ihr Kriegerleben nun wohl aussah. Ob sie vielleicht einen Gefährten bekam und Jungen, oder ob sie Anführerin wurde. Sie war auf jeden Fall fest entschlossen, in Zukunft alles für ihren Clan zu geben und ihn durch auch jede noch so dunkle Zeit zu begleiten.

Doch plötzlich überschlugen sich die Ereignisse. Efeudunst kam aus ihrem Bau gestürzt und jaulte: "Es ist noch nicht vorbei. Wir sind in großer Gefahr." Darauf kamen aus den anderen Bauen die Katzen gekrochen und sammelten sich auf der Lichtung. Gleichzeitig hörte Sonnenherz ein lautes Knurren im Ginstertunnel, dem Eingang zum Lager. Kurz darauf wurde sie von einer riesigen Hündin angesprungen, deren gelbe Augen vor Mordlust glühten. Sonnenherz war so überrascht, dass sie nur knapp zur Seite springen konnte. Doch die Tatze von der Hündin hatte sie an der Flanke getroffen und ihr eine riesige Wunde hinzugefügt. Schon kamen die Krieger aus dem Clan angelaufen und stürzten sich auf die Hündin. Doch diese ignorierte sie und sprang wieder auf Sonnenherz. Diese sah den runden Bauch von der Hündin. Sie war schwanger. Wahrscheinlich von dem Hund, den sie erst vor kurzen getötet hatte. Die Hündin musste es gesehen haben und wollte nun Rache üben. Sonnenherz konnte wieder nur knapp ausweichen. Sie blutete stark an der Wunde und der Schmerz ließ sie kaum sehen. Wieder schnappte die Hündin nach ihr, doch diesmal konnte sie nicht ausweichen. Die Hündin packte sie am Nacken und schleuderte sie hoch in die Luft. Sonnenherz landete hart auf dem Boden. Mit letzter Kraft stemmte sie sich hoch und trat der Hündin gegenüber. Diese hatte die anderen Krieger mit einer geschickten Drehung abgeschüttelt und kam schleichend näher. Sonnenherz ließ ein lautes Knurren ertöten und sträubte das Nackenfell. Als die Hündin sich wieder auf sie stürzte, fuhr sie ihr die Krallen über das Gesicht, ließ sich fallen und schlug ihr die Beine unter dem Körper weg. Die Hündin fiel vorne über und Sonnenherz kam auf der anderen Seite wieder hervor. Nun stürzten sich die anderen Krieger wieder auf die Hündin. Doch diese schüttelte sie in ihrer rasenden Wut wieder ab und stürzte erneut auf Sonnenherz zu. Diese tat es ihr gleich und wankte auf sie zu. Gleichzeitig schlug sie der Hündin in die Schnauze und diese ihr in die Augen. Die Hündin jaulte laut auf, Sonnenherz hatte ihr die Nase aufgerissen. Als nun auch noch die anderen Krieger wieder kamen, stürmte die Hündin aus dem Lager. Ein paar rannten ihr hinterher. Die anderen sammelten sich um Sonnenherz, die nun schwer keuchend auf der Seite lag. Blut strömte ihr aus der Wunde, ihr Bein schmerzte und sie konnte nichts sehen. Die Hündin musste ihre Krallen so unglücklich gegen ihre Augen gefahren haben, dass sie erblindet war. „Aus dem Weg!" rief Efeudunst und schubste die herumstehenden Krieger beiseite. Sie kam neben Sonnenherz zum stehen und drückte Spinnenweben auf die Wunde. Doch die Blutung war zu stark. Die Spinnennetze durchweichten nach kurzer Zeit. Die Clankatzen standen tief erschüttert neben Sonnenherz, keiner traute sich, etwas zu sagen. Mit der Zeit wurde der Himmel röter. Immer noch versuchte Efeudunst die Blutung zu stoppen. Sonnenherz spürte ihren Körper kaum noch, sie sah nicht und hörte nur ihr Herz schwach pochen. "Du schaffst das, gib nicht auf!" flüsterte Nachtpfote, der neben ihrem Kopf kauerte. Alles war still. Selbst die Bäume schienen zu warten, was geschehen würde. Sonnenherz konnte nur noch ganz schwach atmen, vor ihren Augen war es finster, doch sie fühlte keine Angst. Plötzlich hörte sie eine Stimme, die ihr vertraut war, die sie aber dennoch nicht kannte. Die Stimme rief ihren Namen und ermunterte sie, aufzustehen. Sonnenherz öffnete die Augen. Sie konnte sehen. Vor ihr stand eine kleine Katze, eigentlich viel zu klein, um richtig stehen zu können. Sie hatte Sternenglanz im Fell und ihre Augen leuchteten. Sie trug den Geruch von Sonnenherz und plötzlich wusste diese, wer vor ihr stand. Sonnenherz rappelte sich auf, sie spürte keinen Schmerz mehr. "Morgenjunges, bist du das?" fragte sie ungläubig. Morgenjunges nickte. "Aber, wenn ich dich sehen kann, dann muss ich.... " Sonnenherz blieb der Satz im Hals stecken. Sie drehte sich langsam um. Um sie herum waren ihre Clankameraden, doch diese konnten sie nicht sehen. Mitten auf der Lichtung saß Efeudunst, die einen Packen Spinnenweben auf den Körper einer Katze drückte. Einer Katze mit hellgrauem Fell, deren Nacken dunkel gestreift war und die einen weißen Fleck auf der Brust hatte. Sonnenherz traf die bittere Erkenntnis. Vor ihr lag ihr eigener Körper, schwer verletzt und ohne Leben. Sie selbst war nur noch ein Geist. Sie war tot.

Warrior Cats - Der Ruf des SternenclanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt