Kapitel 26

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Silberstern war stark. Stärker, als Sonnenherz gedacht hätte. Ohne Mühe war Silberstern sie zu Boden und nagelte sie mit den Krallen fest. „Das ist dafür, dass du mein ohnehin schlechtes Leben verschlimmert hast." Sie riss Sonnenherz die Krallen über den Bauch. Aber als Sternenclankatze heilte die Wunde fast sofort wieder. Sonnenherz begriff. Um eine bereits tote Katze zu töten, musste man sie mit einem Schlag töten. Es durfte keine Zeit geben, in der sie sich erholen konnte. Als Silberstern zu einem erneuten Schlag ausholte, rollte sich Sonnenherz zur Seite. Doch Silberstern war darauf gefasst. Anstatt, wie Sonnenherz gedacht hatte, auf dem Boden zu landen, drehte sie sich auf den Hinterbeinen, sprang auf die Vorderpfoten und stieß Sonnenherz die Hinterpfoten ins Gesicht. Dann sprang sie wieder auf die Hinterpfoten, drückte die benommene Sonnenherz mit einer Vorderpfote nach untern und hieb ihr mit der anderen unter das Kinn. Dann drehte sie sich auf den Hinterpfoten und schlug Sonnenherz im Schwung auf den Boden. Solche Tricks kannte Sonnenherz nicht und sie wusste auch nicht, wie sie sich dagegen wehren sollte. Wahrscheinlich hatte Silberstern diese Tricks im Wald der Finsternis von anderen Katzen gelernt und ausgefeilt. Silberstern zerfetzte nun ihren Rücken, doch sie bemerkte Sturmnacht nicht, der sich von hinten angeschlichen hatte und sie nun mit viel Schwung zur Seite stieß. Sonnenherz rappelte sich auf, ihr Pelz war wieder komplett heile, und sprang auf Silberstern. Nun war sie am Zug, aber sie lernte aus Silbersterns Fehlern und ließ es nicht darauf ankommen, sie zu zerfetzen, sondern sie am Boden zu halten. Zwar war Sonnenherz' Hass auf Silberstern gewaltig, dennoch brachte sie es nicht über sich, ihrer Widersacherin den Todesschlag zu geben. Sturmnacht stand nun ebenfalls über Silberstern und nagelte sie fest. „Sieh es ein, du hast verloren." Murmelte Sonnenherz. „Bist du dir das so sicher?" keuchte Silberstern und stieß einen Kampfschrei aus. Im selben Moment kam Braunfuß aus einem Gebüsch gesprungen und stürzte sich auf Sturmnacht. Dieser war so verwirrt, dass er zu Boden ging. Sonnenherz wollte ihm helfen, aber Silberstern riss sie wieder zu Boden. Dann kam sie ihrer Kehle gefährlich nahe. Mit den Krallen drückte sie Sonnenherz zu Boden. In ihren Augen schimmerte die Mordlust. Ihre Zähne kamen ihrer Kehle immer näher. „Hast du noch letzte Worte?" Fragte sie und es klang wahnsinnig. Silberstern hatte so viel verloren, dass sie wahnsinnig und nur noch zum töten aus war. „Die wird sie nicht brauchen!" rief da eine Stimme und wie aus dem nichts kam Mondfleck und stürzte Silberstern zu Boden. Die wehrte sich zwar mit ganzen Kräften, hatte aber keine Chance gegen Mondfleck und Sonnenherz. Die Drei kämpften verbissen miteinander und vergaßen ihre Umwelt völlig. Doch plötzlich wurde Silberstern weggerissen. Mehrere Katzen vom Sternenclan, darunter Flammenstern und Lilienblatt hielten sie fest. Sonnenherz rappelte sich auf. Mondfleck ebenfalls. Sie schauten sich um. Die Katzen hatten sich verteilt. Manche hielten Silberstern und, wie Sonnenherz erfreut feststellte, auch Braunfuß fest, andere halfen Sturmnacht und ihnen selber. Wiederum andere hielten Wache und schauten, ob sich weitere feindliche Katzen in der Nähe befanden. „Da siehst du es. Der Sternenclan hält zusammen und wehrt sich verbissen gegen jeden Eindringling." knurrte Sturmnacht. Silberstern fauchte. „Mach doch was, Braunfuß! Oder habe ich dich so hart unterrichtet, nur damit du jetzt feige am Boden liegst?" „Es ist vorbei, Silberstern. Selbst ich habe es eingesehen. Es ist zu spät, um noch irgendetwas zu verrichten." miaute Braunfuß. „Es sind einfach zu viele und zu zweit können wir gegen sie nichts anrichten. Wir sollten aufgeben." „Du verrätst mich! Mich, deine Mentorin! Ich habe dir alles beigebracht. Durch mich bist du so stark geworden!" schrie Silberstern. „Ja, du hast mir alles beigebracht. Aber durch dich habe ich schlimme Taten gemacht. Ich habe gemordet. Und nicht, weil ich Spaß daran hatte, sondern weil ich dich fürchtete. Ich wollte dir eigentlich sagen, dass ich nichts mehr mit dir zu tun haben möchte, als ich das letzte mal als lebende Katze im Sternenclan war. Aber du hast mich überredet, diesen letzten Mord zu begehen. Du hast gesagt, dass es Sonnenherz freuen würde, wenn sie ihren Bruder wieder hätte. Aber das stimmte nicht. Ich habe getan, was ich musste. Denn ich wollte Sonnenherz erfreuen. Stattdessen habe ich sie unglücklicher gemacht als zuvor. Sonnenherz," nun sprach er sie direkt an. „Es tut mir so leid, was passiert ist. Ich wollte dich glücklich machen, denn seit ich dich das erste mal gesehen habe, liebte ich dich. Ich habe gedacht, dass Silberstern mir helfen würde, aber sie hat mich nur benutzt. Zuerst sollte ich diese Hunde anlocken. Ich dachte, dass du durch ihre Tötung berühmt werden würdest. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass sie dich töten. Silberstern hatte gesagt, dass ich dich dadurch erfreuen könnte und dir nichts passiert. Das war mein erster Fehler. Silberstern benutzte mich weiter. Als ich es erkannte und es ihr sagen wollte, dass ich nichts mehr von ihr will, sagte sie, dass sie mir helfen würde, dich noch mehr zu erfreuen. Sie sagte, du würdest Mondfleck sehr vermissen und dass ich mich für dich opfern sollte. Ich sollte Mondfleck töten, dann sterben und mit ihm zu dir zum Sternenclan kommen. Sie sagte, dann wäre ich endlich mit dir zusammen. Ich habe ihren Auftrag ausgeführt, aber als ich dann mit Mondflecks Geist im Wald wartete, kamst du mit Sturmnacht. Du warst so traurig, dass ich sofort wusste, dass Silberstern mich wieder belogen hatte. Und als du mich dann zurückgewiesen hast, war ich untröstlich. Dann wart ihr gegangen und Silberstern tauchte auf. Sie sagte mir, dass alles schilfgelaufen wäre, weil Sturmnacht unerwarteter Weise bei dir war. Sie sagte mir, dass ich mit ihr kommen sollte. Weil ich es nicht besser wusste, folgte ich ihr. Sie brachte mich hier in die Nähe zum Wald und schmiedete einen Plan. Sie würde mit dir sprechen, aber sie sagte, es könne zu einem Kampf kommen und ich solle gewappnet sein. Als sie dann weg war und wenig später nach mir rief, kam ich aus dem Gebüsch und sah nur Sturmnacht. Ich war so wütend auf ihn, dass ich ihn angriff. Aber ich merkte, dass er nur mit mir kämpfte, um dich zu beschützen. Ich sah ihn immer als einen Rivalen, aber jetzt weiß ich, dass er dich immer beschützt und dich mindestens genau so liebt, wie ich. Und ich weiß, dass du ihn auch liebst. Ich weiß, dass für mich kein Platz ist, das sehe ich auch ein, aber bevor ich zurück zum Wald der Finsternis gehen muss, muss ich dich bitten, mir zu verzeihen. Es tut mir so unendlich Leid. Bitte, verzeih mir." Flehte er. Sonnenherz war total verwirrt. Das alles ergab keinen Sinn, oder doch? Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sturmnacht trat neben sie und schaute auf Braunfuß. Sonnenherz wusste, wie viel Mut er für sie aufgebracht hatte. Er wollte eigentlich immer einen Kampf vermeiden, aber nun hatte er sowohl gegen Silberstern als auch gegen Braunfuß gekämpft, um sie zu beschützen. „Ich weiß nicht, ob es dir wichtig ist, aber ich verzeihe dir. Ich habe durch Sonnenherz erfahren, wie leicht Silberstern einen hinter das Licht führt und verstehe deine Handlung. Ich finde es gut, dass du es uns gesagt hast." murmelte er. Braunfuß's Augen leuchteten auf. Mehrere Katzen um ihn herum nickten. Die Katzen, die ihn festhielten, ließen ihn los und neigten ihren Kopf. Nun schaute Braunfuß Sonnenherz an und wartete auf ihre Meinung. Sie überlegte kurz. Das kam alles so plötzlich. Sie wollte gerade anfangen zu sprechen, da jaulte Silberstern, die bis eben geschwiegen hatte, auf. Wahrscheinlich wurde ich ihre Lage erst jetzt richtig bewusst. „NEIN! Du kannst nicht auch noch ein Verräter sein. Betrüger! Ihr seid alle Betrüger und Verräter! Und an allem bist nur du schuld!" rief sie wild und starrte Sonnenherz hasserfüllt an. Plötzlich schien es, als hätte sie unnatürliche Kräfte. Sie sprang trotz der Katzen, die sie zu Boden drückten, auf und stürzte sich auf Sonnenherz. Diese konnte nicht mehr reagieren. Silberstern sprang auf sie und biss ihr tief in die Kehle.

Warrior Cats - Der Ruf des SternenclanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt