Kapitel 1

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"Von heute an und bis sie sich ihren Kriegernamen verdient hat, wird diese Schülerin Sonnenpfote heißen." Himmelstern ließ ihren Blick über die Katzenmenge gleiten. "Flammenherz, du wirst ihr neuer Mentor sein. Du hattest bereits Blätterwirbel als Schüler und ich bin mir sicher, dass du deine Fähigkeiten an Sonnenpfote weitergeben wirst." Damit beendete Himmelstern ihre Rede. "Nachtpfote, Mondpfote, Sonnenpfote" hallte es über die Lichtung. Sonnenpfote genoss die Wärme der Blattgrüne und horchte auf die Stimmen. Endlich war es soweit. Sie war Schülerin. Und dazu war Flammenherz, der talentierteste Krieger im Clan, ihr Mentor. Neben ihr standen ihre Brüder Nachtpfote und Mondpfote, die Sandhauch und Rotherz als Mentoren bekommen hatten. Auch sie wirkten glücklich darüber. "Herzlichen Glückwunsch, meine Kleinen", miaute Schneeblüte und Streifenfuß nickte zustimmend. "Jetzt müssen wir nicht mehr jeden Moment hinter euch herlaufen und euch zurückholen." scherzte er. Doch Sonnenpfote wusste, dass er es vermissen würde, mit ihnen Wandertouren durch das Lager zu machen. 6 Monde waren nun vergangen, seit Morgenjunges gestorben war und Schneeblüte hatte den Schmerz immer noch nicht ganz überwunden. Dennoch bemühte sie sich immer stark, fröhlich zu sein. Sonnenpfote vermisste ihre Schwester, auch wenn sie sie nie gesehen hatte. Es war manchmal schwer mit zwei Brüdern, die sie zugleich beschützen und verhänseln wollten. Dennoch fand Sonnenpfote, dass es keine besseren Geschwister als Nachtpfote und Mondpfote gab. Vor ihr auf der Lichtung teilte Nebelstreif, der zweite Anführer des Donnerclans, Patrouillen ein. Dahinter sprach Himmelstern mit der Heilerin Efeudunst. Sonnenpfote träumte immer davon, eines Tages Anführerin des Clans zu werden und wollte sich deshalb sehr stark bemühen, während ihrer Schülerzeit gut aufzupassen. "Was machen wir als erstes?", fragte sie Flammenherz, der neben ihr saß. "Ich finde, wir sollten die Grenzen unseres Territoriums erkunden. Aber heute ohne deine Brüder, die würden dich nur ablenken.", antwortete Flammenherz, der sehr gut wusste, wie gerne Nachtpfote und Mondpfote Scherze mit ihrer Schwester machten. Sonnenpfote spürte einen kleinen Stich dabei, ihr erstes Abenteuer ohne ihre Brüder bestreiten zu müssen, aber sie war zu aufgeregt um wirklich traurig zu sein. Deshalb folgte sie Flammenherz, der vor ihr aus dem Lager ging.

Flammenherz führte Sonnenpfote einen Waldpfad entlang, bald darauf kamen sie zu einer Reihe Gebilde, die hoch in den Himmel ragten und von denen ein seltsamer Geruch ausging. "Was ist das?" fragte Sonnenpfote verwundert, sie hatte so etwas schon einmal an dem Fell ihres Vaters gerochen, aber lange nicht so kräftig. "Hier wohnen die Zweibeiner mit ihren Hunden" antwortete Flammenherz, "wir nennen diesen Ort Zweibeinerort. In diesen Häusern leben auch Hauskätzchen. Ich frage mich bis heute, wie sie bei diesem Gestank hier in Ruhe schlafen können. Du musst dir nur merken, dass du niemals dieses Gelände ohne Erlaubnis deines Anführers betreten darfst, du darfst auch nicht mit den Katzen von dort reden und musst sie unbedingt vertreiben, sollten sie jemals in unser Territorium eindringen." Sonnenpfote vernahm die Dringlichkeit in der Stimme ihres Mentors und fragte sich, ob Flammenherz jemals in diesem Ort herumgelaufen war. Sie liefen eine Weile an der Grenze von dem Zweibeinerort entlang. Schließlich tauchte eine Reihe großer Bäume vor ihnen auf und ganz in der Nähe konnte Sonnenpfote ein lautes Brummen vernehmen. Flammenherz lief nun mehr in den Büschen, schaute oft umher und führte sie schließlich von dem Brummen weg. "Was war das?" fragte Sonnenpfote, die sich nicht erklären konnte, was einen solchen Lärm machte. "Das war der Baumsägeort. Meistens schläft das Monster, was an diesem Ort wohnt, aber wenn es wach ist, wie heute, solltest du dich von ihm fern halten. Siehst du diese Furchen?" Er deutete mit dem Schweif auf mehrere Gräben im Waldboden, welche leicht mit Wasser gefüllt waren. "Diese Gräben macht das Baumsägemonster, wenn es in dem Wald herumfährt." Die beiden Katzen gingen weiter und ließen das Brummen bald hinter sich. Nun konnte Sonnenpfote ein neues Geräusch vernehmen. Es war ein Rauschen, welches wild klang. Sie traten aus einem Gebüsch und fanden sich auf mehreren Felsen wieder, die von der Sonne beleuchtet wurden und sich warm anfühlten. Das Rauschen kam von einem wilden Fluss, welcher knapp unter den Steinen entlang floss. "Das hier sind die Sonnenfelsen. Du hast doch bestimmt von den Kämpfen mit dem Flussclan gehört, der immer wieder versucht, uns die Felsen streitig zu machen. Und dabei benutzen die die Felsen nur, um ihren fetten Pelz zu wärmen. Wir nutzen diese Felsen auch zur Jagd, sie sind eine wichtige Nahrungsquelle im Winter, deshalb kämpfen wir darum. Wenn du bald ein wenig Kampftraining bekommen hast, kannst du vielleicht in einer von den Schlachten an Seite deiner Clangefährten kämpfen." Sonnenpfote sah es schon vor sich, wie sie ihre Clangefährten von bösen Flussclankatzen rettete und die Sonnenfelsen wieder eroberte. "Kannst du unserer Geruchsmarkierungen riechen?" fragte Flammenherz. "Ja, ganz klar und kräftig. Aber hier sind noch zwei andere Gerüche, ein sehr starker und ein schwächerer." antwortete Sonnenpfote, die die Nase in den Wind hielt. "Sehr gut. Wir markieren hier unsere Grenze, damit andere Katzen wissen, dass sie hier nicht herein dürfen. Der andere kräftige Geruch kommt von dem Flussclan, der seine Grenze ebenfalls markiert. Und der schwache Geruch kommt von dem Windclan. Normalerweise kann man ihn nicht riechen, aber heute kommt der Wind genau von ihrem Territorium." Sie liefen den Fluss weiter entlang, wobei Flammenherz immer wieder fragte, was Sonnenpfote riechen konnte. Sie roch viele Gerüche und Flammenherz erklärte ihr, dass sie Wühlmaus, Feldmaus, Taube, Eichhörnchen und sogar einen Fuchs gerochen hatte, der aber schon länger wieder weg war. Mit der Zeit kam ein neuer Geruch. Es roch verwesen. Und als Sonnenpfote fragte, von was dieser Geruch käme, sagte Flammenherz nur, sie solle sich ein wenig gedulden. Bald kam ein riesiger Baum in Sicht, der ein großes Loch im Stamm hatte. Auf dem Boden lagen mehrere Kugeln, von denen der Geruch kam. "Das ist der Eulenbaum. Hier lebt schon seit Clangedenken eine Eule. Sie schläft am Tag, weshalb du sie jetzt nicht sehen wirst. Diese streng riechenden Kugeln sind ausgebrochene Essensreste, die die Eule nicht mehr verdauen konnte. " Sonnenpfote, die gerade näher an den Kugeln gerochen hatte, sprang angewidert zurück. Nachdem sie eine Weile weitergingen, kam eine Felsengruppe in Sicht. Bevor Sonnenpfote näher herankommen konnte, hielt Flammenherz sie auf. "Das sind die Schlangenfelsen und wie ihr Name schon sagt, wimmelt es hier von Schlangen, die eine Katze mit einem Biss töten können. Du darfst hier nur mit mehreren Katzen und in Begleitung von einem älteren Krieger jagen, hast du mich verstanden?" Sonnenpfote nickte bedächtig und fragte sich, wie viele Katzen hier schon umgekommen waren. "Gehen wir weiter" miaute Flammenherz. Sie gingen weiter und kamen bald in die Nähe von dem Donnerweg. Sonnenpfote hatte schon viel von ihm gehört. Auch das viele Katzen durch die Monster gestorben waren, die auf dem Donnerweg entlang rasten. Der Gestank und der Lärm wurden immer stärker, je näher sie kamen. Plötzlich kamen sie aus dem Gebüsch und waren direkt vor dem Donnerweg. Er war schwarz und über ihm glühte die Luft vor Hitze. Immer wieder rasten Monster hin und her. Es war viel schlimmer, als Sonnenpfote gedacht hatte, als sie in der Kinderstube davon gehört hatte. Neben ihr hockte Flammenherz und fing an zu erzählen: "Das hier ist der Donnerweg, er ist die direkt Abgrenzung zum Schattenclan. Du musst immer vorsichtig sein, wenn du hier bist. Die Monster bleiben zwar meistens auf dem Weg, allerdings gibt es auch mal Ausnahmen. Vor einem Mond hatten hier zwei Monster einen Kampf. Sie rasten gegeneinander und zerschmetterten ihre Körper. Kurz darauf war hier alles voll von Monstern und Zweibeinern. Ich sag dir, ich habe bisher nichts furchteinregenderes erlebt. Manche von diesen Monstern hatten auch ein seltsames blaues Leuchten auf dem Kopf und machten einen noch größeren Lärm als die normalen Monster." Sonnenpfote wurde ganz kalt vor Angst und sie bat Flammenherz, nach Hause gehen zu können. Unterwegs wurde es Abend und der Wald war voller neuer Geräusche und Gerüche. Flammenherz erzählte Sonnenpfote, dass man bei einer Grenzpatrouille in einer kleinen Gruppe herumlief, die Grenzen neu markierte, Anzeichen von einem Eindringling nachging und jeden Verscheuchte, der im Territorium war.

Als sie endlich wieder im Lager ankamen, war es schon dunkel und Sonnenpfote war sehr erschöpft. Sie nahm sich eine Amsel vom Frischbeutehaufen und setzte sich zu ihren Brüdern. Diese redeten die ganze Zeit aufgeregt miteinander und erzählten sich von ihrem Tag, obwohl sie ebenfalls das ganze Territorium abgelaufen waren. Weil sie zu Müde war, bemerkte sie nicht, wie Efeudunst zu ihr und ihren Brüdern schaute. Nachdem Sonnenpfote zu Ende gegessen hatte, tappte sie in den Schülerbau und ließ sich in einem unbenutztem Nest nieder. Auf der anderen Seite des Baus schliefen schon Rauchpfote und Weißpfote. Nach einer Weile kamen auch Sonnenpfotes Brüder und legten sich schlafen. Müde von dem Tag fiel Sonnenpfote in einen ruhigen Schlaf.

Warrior Cats - Der Ruf des SternenclanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt