Neue Heimat

30 6 3
                                    

Nun stand ich also hier... In meinem leeren, alten Zimmer...

Die Schränke hatte der Umzugswagen schon eingeladen genau wie auch die Kisten mit den Bildern, die früher meine Wände geschmückt hatten. Ich ließ meinen Blick über die Wände streifen und schnappte mir dann den Koffer, in dem die Sachen waren, die ich in der letzten Woche gebraucht hatte. Ich würde das Zimmer vermissen, genau wie das Haus, doch am meisten würde ich Sebastian vermissen, meinen allerbesten Freund, seit ich denken konnte... Eigentlich waren wir immer gewesen wie Feuer und Wasser, komplett unterschiedlich eben. Sebastian war schon immer sehr temperamentvoll, extrovertiert und offen gewesen, wohingegen ich eher der stillschweigende, träumende und nachdenkliche Mensch war. Während mein bester Freund auf Partys ging und neue Bekanntschaften machte, suchte ich mir lieber ein ruhiges Plätzchen und zeichnete meine Umgebung oder auch Dinge aus dem Kopf. Der Abschied von ihm war mir nicht leicht gefallen, denn trotz unserer Unterschiede hatten wir uns immer sehr gut verstanden und über alle möglichen komplexen Themen reden können. Nun würde ich wegziehen und wäre alleine. Ohne meinen Freund. Ganz auf mich gestellt. Vielleicht würden wir jeden Abend skipen, doch das war einfach nicht dasselbe!

Die Fahrt dauerte vier Stunden und meine Mutter erlaubte mir, eine davon selber Auto zu fahren, denn letzte Woche war ich 17 Jahre alt geworden und hatte meinen Führerschein erhalten. Es lenkte mich ein wenig ab, über die Autobahn zu fahren, doch die Sorgen konnte es nicht verschwinden lassen. Mein Vater war schon bei unserem neuen Haus, denn er war mit dem Umzugswagen gefahren um die Schränke auszuladen, genau wie das Klavier meiner Mutter, dass auch ich das ein oder andere Mal für einige musikalische Experimente nutzte. Anders als meine Mutter und ich war mein Vater eher der technische und nicht der kreative Mensch. Er war jetzt ein halbes Jahr lang arbeitslos gewesen, da er seinem alten Arbeitsgeber gekündigt hatte, doch dann hatte er das Jobangebot in unserer neuen Heimat bekommen und schon nächsten Montag würde er dort anfangen.

Der Ort, in den meine Mutter schlussendlich einbog, schien ziemlich klein zu sein, doch er war wunderschön und vor allem wunderschön ruhig.
Es war perfekt zum malen!
Das Haus, das unsere neue Heimat werden sollte war ziemlich groß und ich würde, wie mein Vater erzählt hatte, fast ein ganzes Stockwerk für mich haben. "Gefällt es dir?", fragte meine Mutter, nachdem ich aus dem Auto ausgestiegen war und mich zu alle Richtungen umgesehen hatte.
"Es sieht auf jeden Fall vielversprechend aus!", sagte ich. Mein Vater kam aus dem Haus zu uns.
"Die Schränke habe ich schon in dein Zimmer geräumt!", sagte er und ich nickte dankbar. Erwartungsvoll und ein wenig vorfreudig folgte ich meinem Vater schließlich in die erste Etage, in der sich mein neues Zimmer befand.
Das Bett stand unter der Dachschräge, an seinem eine Ende der Schreibtisch und am anderen Ende der Schrank mit meinen Klamotten. Der Malschrank stand an meinem Schreibtisch und in der linke Ecke des Zimmers stand meine Kommode mit der Musikanlage. Genau wie in meinem alten Zimmer. "Das ist perfekt!", sagte ich und fiel meinem Vater um den Hals. "Freut mich zu hören, Jake!", sagte mein Vater zurück.

Die Kiste mit meinen Bildern stand auch schon im Zimmer und ich begann damit, die neuen Wände mit ihnen zu schmücken.
Langsam begann ich mich wohl zu fühlen, nur die leeren Schränke störten mich noch, aber die würde ich heute Abend immernoch einräumen können. Jetzt wollte ich mich erstmal aufmachen, um die Gegend zu erkundigen...
Schon bei der Autofahrt hatte ich den Wald entdeckt, der hinter dem Ort lag und es gab keinen besseren Ort zum Malen, wie einen Wald, in dem nichts als das leise Zwitschern von Vögeln zu hören war.
"Ich gehe mal ein bisschen raus!", rief ich meinen Eltern deshalb zu, nachdem ich meine Malsachen gepackt hatte
"Ich komme um 5 Uhr spätestens wieder!"
Meine Eltern riefen ein "Okay, viel Spaß dir!", aus der Küche und schon lief ich zur Tür hinaus...

Möglicherweise würde es garnicht so schlimm hier werden, wie ich anfangs gedacht hatte! Möglicherweise würde ich mich ja daran gewöhnen können. Und vielleicht würde auch die Schule nicht so schlimm werden ohne Sebastian. Vielleicht gab es ja auch hier nette Menschen!

HerbstgefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt