Abendessen

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Jamie und ich redeten noch eine halbe Stunde mit Sebastian über Frauen und ihre Eigenarten und Jamie lieferte ihm einige Tipps im Thema Jessica, weil er natürlich wieder endlos von ihr schwärmte und erzählte, wie sie ihn ansah.
Es war schön, dass Jamie und Sebi sich so gut verstanden und ich hätte sicherlich mit den Beiden noch eine weitere Stunde einfach nur reden können, aber leider rief uns schon nach einer halben Stunde zum Abendessen. Naja. Nicht leider. inzwischen hatte ich echt einen Riesenhunger bekommen. Komisch, dass mir das nicht eher aufgefallen war, aber wenn man Spaß hat, achtet man nun einmal nicht darauf, was um einen herum passiert.

"Wow. Das sieht sehr lecker aus!", sagte Jamie begeistert "Und es riecht lecker. Ich fühle mich echt schlecht, dass ich nicht geholfen habe..."
"Quatsch. Das ist schon okay. Du bist schließlich Jakes Gast!", sagte meine Mutter, die uns die ganze Zeit lächelnd musterte, genau wie mein Vater. "Wir waren auch mal wie sie. Ahnungslos", meinte meine Mutter leise zu meinem Dad, aber ich hörte es trotzdem.
"Sollen wir uns jetzt noch eine Stunde anstarren, oder können wir etwas Essen?!", sagte ich genervt und meine Eltern wanden sich herum, um sich hinzusetzten.
Jamie und ich setzten uns ebenfalls.
"Wie habt ihr euch überhaupt kennengelernt?", fragte meine Mutter wie nebenbei
"In der Schule!", sagte ich wieder etwas genervt. Sie konnte es nicht lassen.
Jamie zwinkerte mir zu, wegen meiner kleinen Lüge, aber ich konnte meiner Mom unmöglich die Wahrheit sagen, weil sie sonst wieder über Schicksal und all so etwas reden würde. MÜTTER!!!
"Ah ja..." Das klang nicht so, als ob sie es glauben würde, aber solange sie es nicht sicher wusste würde sie hoffentlich ihren Mund halten.
"Und habt ihr oft Unterricht zusammen?", fragte sie weiter. Wollte sie jetzt unsere ganze Lebensgeschichte, die wir hatten rekonstruieren, oder was sollte diese elende Fragerei?
"Ja. Grundkurs und ein paar andere." Ich schmunzelte über Jamies Flunkerei und meine Mutter nickte nur vielsagend.
"Und, wie lange wohnst du schon hier, mit deinen Eltern?", fragte mein Dad.
Endlich eine normale Frage. DANKE!!!
"Schon seit 15 Jahren, also schon fast mein ganzes Leben."
Richtig. Sie hatte mir erzählt, dass ihre Mutter mit ihrem neuen Freund hier her gezogen war, nachdem sie beschlossen sich ein Haus zu kaufen.
"Gefällt es dir hier?", fragte mein Vater weiter "Ja. Schön ruhig und ganz viel Natur!", sagte sie "Soso. Genau, was Jake gesagt hat, nicht war Schatz?!", sagte meine Mom wieder und lächelte mich an.
Ich hatte das Gefühl, dass sie gerade schon meine Hochzeit plante, denn sie dachte auch immer gleich an das erste Date, wenn ich ein Mädchen nur ansah, oder lächelte...
"Ja. Das habe ich auch gesagt.", sagte ich "Dann habt ihr ja viel gemeinsam! Das ist zwar nicht unbedingt von Bedeutung, aber es ist gut, wenn gute Freunde ähnliche Interessen haben!", sagte mein Vater.
Mein Vater war also nun auch endlich darauf gekommen, dass aus den Heiratsplänen meiner Mutter für mich vermutlich nichts werden würde. Und eine Beziehung, schloss er anscheinend auch gerade aus. Ich hätte ihn drücken können. Wenigstens einer, der mir glaubte.
Das Lächeln meiner Mutter verschwand, aber mein Vater nahm sie in an der Hand und ihr Gesicht hellte sich wieder auf.

"Es war wirklich sehr lecker. Danke nochmal!", meinte Jamie, als ihr Teller leer war und lächelte dankbar meine Eltern an, die immernoch Händchen hielten. "Immer wieder gerne, Jamie", sagte mein Vater. Ich nahm Jamies Teller entgegen und brachte ihm mit dem Besteck und den Tellern meiner Eltern in die Spülmaschine.
"Ich sollte dann auch langsam nach Hause. Ich hole nur noch kurz meine Sachen und verschwinde dann wieder!", sagte Jamie "Keine Eile. Du kannst bleiben, so lange du willst!" "Genau. Und Jake wird dich natürlich noch begleiten. Nicht, dass dich jemand von der Straße klaut.", sagten meine Eltern "Okay. Danke.", sagte Jamie und lief hoch um ihre Sachen zu holen "Ihr seid echt oberpeinlich!", sagte ich zu meinen Eltern "Vor allem du, Mama! Darf man nicht mit jemandem befreundet sein?", fragte ich "Oh... Da ist ja jemand empfindlich!". meinte Mama "Ach. Sag doch, was du willst. Ist mir eigentlich egal!", sagte ich.
"Du weißt doch, dass ich dir nur das Beste wünsche. Und Jamie scheint etwas sehr Gutes zu sein!", meinte meine Mutter.
Das war wohl das letzte, was sie dazu zu sagen hatte, denn sie verschwand nach ihrem Satz in der Küche. Zusammen mit meinem Vater.

"Na dann. Wir können los!", sagte Jamie
"Bis gleich!", rief ich in die Küche
"Und danke!", meinte Jamie
"Du bist jederzeit willkommen!". Ich schloss erleichtert die Haustüre hinter mir und atmete die frische kühle Luft ein.
"Oh Mann!"
Jamie lachte: "So schlimm war es doch nicht. Deine Eltern sind echt nett und ich verstehe auch, dass du Sebastian so sehr magst!", sagte sie.
Sie lief so schnell, dass sie rückwärts laufen musste, wenn sie so mit mir reden wollte, dass ich sie verstand.
"Ja, aber alle denken immer, dass Freundschaften zwischen... Hey!"
Jamie hatte mir den Rücken zugedreht und rannte los.
Ich rannte ihr hinterher.
"Bleib stehen! Ich warne dich! Hier gibt es gefährliche Männer, die dich von der Straße klauen, hast du nicht gehört, was mein Vater gesagt hat!!! Wo läufst du hin!"
Jamie lief an ihrem Haus vorbei in Richtung Straße und kicherte wie wild, sodass sie kaum noch gerade laufen konnte.
Ich holte sie endlich ein und fing sie mit einem Arm ein.
Sie lachte immernoch.
Vor lauter Lachen liefen ihr schon die Tränen aus den Augen und tropften auf ihren blauen Pulli.
"Was machst du auch für Sachen!", lachte ich und zog sie mit mir, zu ihrem Haus.
Jamie hatte sich inzwischen von ihrem Lachflash erholt und sah mich vor ihrem Haus an.
"Alles klar Jake! Ich denke, ich kann jetzt wieder alleine gehen!", sagte sie und ich ließ sie prompt los. Mir war gar nicht richtig bewusst gewesen, dass wir den ganzen Weg von der Straße bis hier, Arm in Arm gelaufen waren. Es war mir so vertraut gewesen, dieses Gefühl.
"Okay. Dann sehen wir uns morgen. Ich freue mich!" sagte sie und lächelte.
"Bis dann", sagte ich Sie lief zur Tür und sah nochmal zu mir, dann lief sie zurück und umarmte mich.
"Danke", sagte sie
"Wofür?"
"Einfach für alles!", sagte sie und ließ mich wieder los.
Ich sah noch zu, wie sie die Türe öffnete, das Licht einschaltete, winkte und dann die Türe schloss und ich stand weiter regungslos vor ihrem Haus, bis ich ihren Kopf aus dem oberen Fenster sah.
Ich drehte mich langsam um und lief nach Hause.
Warum fühlte ich mich so glücklich und leicht? Jamie war mir so vertraut und so nahe und sie war meine beste Freundin, klar.
Aber irgendwie war das Gefühl zu unbeschreiblich schön.
Schon fast unwirklich.
Schon fast nicht real.

HerbstgefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt