Ich wachte noch vor dem Klingeln meines Weckers auf, weshalb ich mir Zeit mit meinem Aufstehen lassen konnte.
Draußen war es bewölkt und der Wetterbericht hatte für mittags Regen angekündigt, weshalb ich mir einen Pulli anzog und vorsichtshalber meinen Schirm einpackte.
Ich mochte Regen nicht sonderlich gerne, aber ich verabscheute ihn auch nicht wie die Meisten.
Ich duldete ihn, solange ich, oder viel wichtiger meine Malsachen, dabei trocken blieben.Meine Mutter schlief noch, aber mein Vater stand schon in der Küche, um sich sein Frühstück zu machen.
"Morgen, Jakob.", sagte er und lächelte.
"Morgen, Dad.", gab ich zurück
"Willst du auch einen Kaffee?"
"Ja gerne. Danke."
Mein Vater steckte eine neue Kapsel in den Behälter und drückte dann den Knopf.
Normalerweise war ich nicht der typische Kaffeetrinker, aber gerade an Tagen, wie diesen, an denen es draußen trüb war, trank ich gerne einen um etwas wacher zu werden.
Außerdem hatte ich heute in den ersten beiden Stunden Spanisch, wo ich fit sein musste, um richtig denken zu können.
"Gut geschlafen? Du warst gestern relativ spät im Bett, oder?", sagte mein Vater, goss etwas Milch in den Kaffee und reichte ihn mir.
"Ich hab noch mit Sebi gequatscht... Du kennst uns ja."
Mein Vater nickte.
"Aber gut geschlafen hab ich. Ich freue mich auch schon total auf diesen Tag!
Spanisch, Deutsch, BK, Philosophie...
Was will man mehr!"
Mein Vater schüttelte lächelnd den Kopf. Er war schon immer eher der Mensch gewesen, der sich für Physik, Chemie und Mathe interessiert hatte.
Meine Mutter hingegen liebte Musik, Ethik und Philosophie, wie ich.
Trotzdem verstand ich mich mit meinem Vater prima.
"Freut mich, wenn es dich freut. Ich hoffe, dass du viele Leute triffst!"
"Ja Papa... Aber die Meisten sind echt total in Ordnung."
Ich trank einen großen Schluck Kaffee und steckte ein Toast in den Toaster.
"Freut mich zu hören. Du kannst sie ja gerne jederzeit mitbringen, egal ob Junge oder Mädchen, wobei deiner Mutter ja die Mädchen lieber sind..."
Er lachte und ich musste ebenfalls lächeln.
"So ist sie eben..."
"Das heißt, dass du noch kein Mädchen..."
"Papa!"
Er hob abwehrend die Hände. "Schon gut. Ich sag nichts."
Er sah auf seine Uhr: "Schönen Tag dir. Ich muss los!"
"Bis heute Abend...", sagte ich, dann hörte ich, wie er im Flur seine Schuhe anzog und dann seine Schlüssel packte und die Türe schloss.
Ich hatte noch ein wenig Zeit, bis mein Bus kam, aber ich beschloss schon jetzt loszugehen, um noch mit Jamie zu quatschen, falls sie auch schon da war.
Ich trank also meinen Kaffee schnell aus, aß mein Toast, packte meine Sachen und lief los.
"Jake."
Jamie kam mir entgegen, als ich gerade die Haustüre hinter mir geschlossen hatte und lächelte mich an.
"Ich wollte dich gerade holen.", meinte sie
"Nett von dir, aber ich hätte den Weg auch alleine gefunden."
"Quatsch du Dummkopf. Ich dachte, wir könnten noch ein wenig reden."
Sie stieß mich leicht vor die Schulter und lachte
"Na dann!", sagte ich.
"Gibt es etwas, dass du dir wünscht? Irgendwas, das du dir schon lange gewünscht hast...", fragte Jamie neugierig
"Ich weiß nicht so recht. Eigentlich bin ich ganz glücklich mit allem. Außerdem sagt meine Mutter immer, dass man aufpassen sollte was man sich wünscht.", sagte ich
"Warum?"
"Es könnte passieren, dass der Wunsch sich erfüllt!", sagte ich
"Interessant. So habe ich das noch nie gesehen..."
"Nun ja... Aber eigentlich ist das ganz logisch. Man wünscht sich immer alles so leichtfertig und will es vermutlich tief im Innersten nicht wirklich."
"Ja, da hast du vermutlich recht. Aber hast du dir nie etwas gewünscht?", fragte sie
"Früher wollte ich immer normal sein, doch dann hat meine Mutter mir das mit den Wünschen erzählt und mein Vatet sagte, dass jeder Mensch auf seine eigene Art normal ist."
"Deine Eltern scheinen in Ordnung zu sein. Ich würde mich freuen sie kennenzulernen!", meinte sie.
"Oje... Lieber nicht. Am Ende denkt meine Mutter noch, dass die uns verkuppeln muss.
Sie denkt, dass Individualität nur dann gut ist, wenn man zu zweit ein Individuum bildet."
Jamie lachte.
Ich mochte ihr Lachen.
Es klang so unbeschwert und leicht, als ob sie der glücklichste Mensch auf Erden war.
"Was ist mit deinen Eltern? Wie sind die so?"
"Meine Mutter ist echt super. Sie hört mir zu und versteht mich und alles. Ihr Mann ist eher der schweigsame Typ, aber wir machen oft Musik zusammen, das ist schöner als jedes Gespräch! Da steckt mehr Gefühl drin, verstehst du?"
"Also sind deine Eltern getrennt?", fragte ich
"Nein. Mein Vater starb ein Jahr nach meiner Geburt, aber meine Mutter meint immer, dass es sowieso nichts geworden wäre mit ihm."
"Hättest du ihn gerne kennengelernt?"
"Ich weiß nicht. Als ich klein war wollte ich nichts anderes, aber inzwischen sehe ich einfach Robin als meinen Vater."
"Ich könnte es mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn sie meine Eltern trennen würden.", sagte ich.
Inzwischen waren wir schon an der Haltestelle und ich senkte meine Stimme, damit nicht jeder unser Gespräch hören konnte.
"Ich auch nicht. Bei Amy war das ja so. Im Sommer haben sich ihre Eltern geschieden und sie ist immernoch nicht darüber hinweg glaube ich."
"Oje. Tut mir echt Leid für sie. Sebastian hat mir erzählt, dass sie sehr sensibel ist und ich glaube, es hat sie ziemlich mitgenommen."
"Ja. Ich glaube auch... Wer ist Sebastian?", fragte Jamie überrascht
"Oh... Achso. Das habe ich noch gar nicht erzählt... Er ist der Cousin von David, dem Freund von Amy"
"Ah Ja... David! Amy ist mir noch schuldig, dass ich ihn kennenlerne!"
Der Bus fuhr um die Ecke und Jamie und ich stiegen ein.
"Ich habe übrigens gestern noch ein paar Blumen gemalt, so als Übung und dabei ist mir eine wundervolle Melodie als Idee gekommen.", sagte Jamie begeistert und mit ihrem freudigen Lächeln.
"Wow... Du komponierst auch selber? Ich glaube, meine Mutter wäre echt begeistert von dir!"
"Naja. Nicht so richtig komponieren. Eher improvisieren... naja egal."
"Spielst du mir mal was vor?"
"Nur, wenn du mir Klavierspielen beibringst!"
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Herbstgefühle
Teen FictionDie 16-jährige Jamie ist ein etwas anderes Mädchen, das nicht viele Freunde hat, doch Jake sieht in ihr sofort eine Seelenverwandte und freundet sich mit ihr an, als er in ihren Ort zieht. In der Schule und auch sonst reden sie immer öfter über vers...