Neue Bekanntschaft

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Ich musste etwa zwei Minuten laufen, bis ich den Waldrand erreicht hatte.
Auf meinem Weg begegnete ich ein paar Kindern die auf der unbefahrenen Straße spielten und einem alten Ehepaar, dass einen kleinen Spaziergang zu machen schien.
Die Sonne schien sanft durch die Bäume, die immer dichter beisammen standen, je tiefer ich in den Wald ging und ich genoss die Wärme und die leisen Stimmen der Vögel, die von den Bäumen wiederhallten.
Der Waldweg, der sich quer durch den Wald schlängelte führte zu einer Lichtung, auf der eine kleine Bank stand, die perfekt zum Malen war.
Ich nahm meinen Block und die Buntstifte aus dem Rucksack, den ich mitgenommen hatte und machte es mir im Schneidersitz auf der Bank bequem.
Die Vögel, die Bäume, die sanften Sonnenstrahlen,...
All das malte ich mit langen und kurzen Strichen auf das Blatt und sah dann zufrieden auf mein Werk nachdem ich es beendet hatte.
Es war immer wieder erstaunlich, wie sich ein komplett weißes Blatt, mit Hilfe von ein paar Farben und einer Idee, in ein Kunstwerk verwandeln konnte. Schon immer hatte es mich fasziniert. Es war fast schon magisch, diese Verwandlung...
Ich strich sanft über das Blatt und dachte wieder über die neue Schule nach, als plötzlich ein Schatten auf mich fiel.
"Hallo.", hörte ich eine zaghafte Stimme, die mich nach oben blicken ließ.
"Hallo.", gab ich leise zurück und das Mädchen lächelte schüchtern.
"Hast du etwas dagegen, wenn ich mich setzte?", fragte sie vorsichtig und ich nahm schnell meinen Rucksack von der Bank und schüttelte den Kopf.
"Nein. Setz dich ruhig.", sagte ich und das Mädchen ließ sich sanft auf der Bank nieder.
Sie lächelte mich nochmal an und sah dann auf das Blatt, welches immernoch auf meinem Schoß lag.
"Wow.", hauchte sie beeindruckt.
"Wie kann man bitte so schön malen?", fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern.
Meine alten Klassenkameraden hatten sich nie für meine Bilder interessiert, genauso wenig wie für mich selbst und auch sonst hatten nur meine Eltern und Sebastian je nach meinen Bildern gefragt.
"Ich weiß nicht.", sagte ich nur und das Mädchen sah immernoch fasziniert auf das Blatt.
Ihre Faszination verunsicherte mich und ich fühlte mich so, als ob sie nicht das Blatt ansehen würde, sondern mir direkt ins Herz.
"Wer bist du überhaupt? Ich habe dich noch nie gesehen.", meinte das Mädchen, als sie sich von meinem Blatt abwandte und wieder zu mir sah.
"Ich heiße Jake. Ich bin erst heute hier eingezogen.", sagte ich und versuchte ein Lächeln.
"Ah. Dann seit ihr die, die in das Haus im Theilerweg eingezogen sind?", fragte sie interessiert
"Ja. Das sind wir!", sagte ich und musste lächeln.
"Und wer bist du?", fragte ich nach einer kleinen Pause
"Oh. Sorry... Ich bin Jamie. Ich wohne nur ein paar Häuser weiter und habe deinen Vater gesehen, als er mit dem Umzugswagen gekommen ist.", erklärte sie. Sie lächelte mich fröhlich an und ich lächelte sanft zurück.
Ich sah auf die Uhr. Inzwischen war es schon 16:30 Uhr, weshalb ich beschloss meine Sachen zu packen.
"Ich muss jetzt nach Hause, aber wir sehen uns ja sicherlich noch!", sagte ich und stand auf, nachdem ich die Sachen im Rucksack verstaut hatte.
"Ich kann dich begleuten. Ich muss auch gerade gehen.", sagte sie und stand ebenfalls auf.
Schweigend liefen wir gemeinsam aus dem Wald und machten uns dann auf den Weg zum Theilerweg.
"Okay. Das hier ist mein Haus.", meinte sie und blieb vor einem modernen Haus stehen, dass von außen in einem hellen, orangenen Tom gestrichen war.
Ich sah mir das Haus eine Weile lang an. Es wirkte fröhlich und sehr friedlich.
"Wir sehen uns dann. Spätestens in der Schule.", meinte sie und ich winkte ihr noch zu bevor ich selber zu unserem neuen Haus lief.

***

"Und? Hast du einen schönen Platz gefunden?", fragte meine Mutter, als sie mir vor der Tür, mit einer Kiste in der Hand, entgegenlief.
"Ja. Der Wald ist wunderschön.", meinte ich und zeigte ihr das Bild, was ich gemalt hatte.
Meine Mutter lächelte, als sie es sah und stellte die Kiste ab, um es besser ansehen zu können. "Sieht schön aus!", sagte sie in Gedanken versunken, während sie vorsichtig meine Buntstiftstriche mit dem Finger nachstrich.
"Ich würde gleich anfangen zu kochen. Hilfst du mir?", fragte sieschließlich, nachdem sie mir das Blatt zurückgegeben hatte.
"Klar. Mach ich. Ich bringe nur kurz meine Sachen hoch.", sagte ich und lief die Treppe nach oben.

"Hast du schon ein paar Leute kennengelernt?", fragte meine Mutter, als ich wieder die Treppe herunterkam
"Ich habe ein paar Kinder gesehen, auf den Weg zum Wald, aber sonst..."
Ich würde mich hüten, meiner Mutter von Jamie zu erzählen.
Ich müsste ich mir sonst nur jeden Tag eine Predigt über Mädchen anhören und darüber, dass ich schon 17 Jahre alt war und immernoch Singel.
"In der Schule lernst du bestimmt noch Freunde kennen.", meinte meine Mutter daraufhin nur.
Sie hatte immernoch die Hoffnung, dass ich irgendwann normal werden und auf Partys gehen würde, aber das -da war ich mir sicher- würde vermutlich nie passieren.

HerbstgefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt