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Ich schrie auf. Der Schmerz sollte aufhören. Augenblicklich. Und da hatte ich einmal in meinem Leben Glück, denn die Schwärze nahm alles ein. Ich sah nichts, ich hörte nichts, ich roch nichts und vor allem konnte ich nichts fühlen.

***

Ein frischer Geruch stieg mir in die Nase. Er erinnerte mich an frische Luft, ans offene Meer. Ich fühlte mich geborgen. Wäre dieses Stechen nicht, würde ich diese Zeit genießen. Alles war schwarz und still. So eine Stille hatte ich noch nie erlebt. Es war so angenehm.

Doch das Stechen wurde unangenehmer. Es saß irgendwo, ganz tief in mir, im Bauchbereich. Es sollte aufhören! Ich wollte mich vor Schmerzen krümmen, mir den Bauch halten, doch es ging nicht. Ich konnte nichts tun.

Plötzlich spürte ich etwas warmes. Es hielt mich fest, drückte meine Hand. Ich wollte mich winden und irgendetwas tun, doch es ging nicht. Ein schmerzerfülltes Stöhnen kam aus meinem Mund. Der Schmerz sollte aufhören! Ich wollte nicht mehr.

Ich wand mich innerlich, ich kämpfte gegen die Starre, doch äußerlich blieb ich einfach liegen, regungslos. Ich schrie, auch wenn ich nicht wusste, ob wirklich Laute rauskamen. Doch dann, als ich meinen Mund wieder schloss, hörte ich sie. Geräusche. Alle durcheinander. Ein Geschwirr an Stimmen.

"Stegi! Stegi, hörst du mich?" "Oh, Gott. Ich kann das nicht mit ansehen." "Wie geht die Nummer?" "Der Arme" "Er hat solche Schmerzen."

Ich versuchte meine Augen zu öffnen. Ich spürte die Anwesenheit der Leute. Meine Lider waren schwer, doch mit aller Kraft, konnte ich sie für einen kurzen Moment öffnen, bevor sie wieder zufielen.

"Stegi! Leute, er kommt zu sich. Gib nicht auf."

Ich öffnete meine Augen wieder. Meine Sicht war verschwommen. Ich blinzelte und die einzelnen Farben wurden kräftiger, die Kanten schärfer. Etwas braunes stach aus der Masse heraus. Das Braun glänzte in allen denkbaren Tönen. Als der Kreis meine Augen fixierte, verengte er sich. Ich konzentrierte mich auf das Gesamtbild. Tim saß neben mir, er lächelte verbittert, doch er schien erleichtert.

Die Wärme an meiner Hand blieb. Ich schaute zu ihr und sah eine gebräunte Hand, die meine umschlang. Ich musste lächeln, es fühlte sich gut an. Mein Blick folgte dem Arm, der zu der Hand gehörte und blickte letztendlich zu Tim.

"W...wie geht es dir?" seine Stimme zitterte. "G...gut... Denke ich." sprach ich leise, meine Stimme brach. "Ach, Stegi..." Tim schüttelte traurig den Kopf.

Irgendwer reichte mir eine Flasche. Ich richtete mich auf, doch wäre diese Hand nicht hinter meinem Rücken gewesen, wäre ich direkt wieder zurückgefallen. Mein ganzer Körper zitterte. Er fühlte sich so ausgelaugt an, als hätte ich gerade einen viel zu langen Marathon hinter mir. Als ich die Flasche ansetzte, verschüttete ich die Flüssigkeit über  mein T-Shirt.

Behutsam wurde mir die Flasche aus der Hand genommen. "Lass mich das machen." sagte Tim. Er saß immer noch neben mir, eine Hand an meinem Rücken, die andere um meine Flasche. Ich nickte und Tim setzte die Flasche vorsichtig an. Es tat gut. Mein Körper fühlte sich etwas gestärkter an.

Nun nahm ich auch endlich die anderen wahr. Sie standen in einem großen Kreis um mich und Tim. Alle sahen besorgt aus, manche hatten sogar Tränen in den Augen. Wieso hatten sie Tränen in den Augen? Sie kannten mich doch gar nicht. Warum sollten sie sich Sorgen machen? Ich sollte ihnen egal sein. Doch anscheinend war ich es nicht. Ich musste lächeln.

"Was ist?" fragte mich Tim vorsichtig. Ich schüttelte einfach meinen Kopf.

Plötzlich fiel mir Felix auf. Er stand ganz am anderen Ende des Feldes, mit dem Rücken zu uns gedreht. Er tat mir leid. Ich wollte aufstehen und zu ihm gehen, aber eine Hand drückte mich runter.

"Bleib sitzen. Du brauchst Ruhe." "Nein, ich..." "Stegi, bleib sitzen." sagte Tim streng. "Meine Mutter wird gleich da sein und dich ins Krankenhaus bringen." Krankenhaus?! "Ich muss nicht ins Krankenhaus." sagte ich trotzig. "Stegi, du brauchst Hilfe. Es tut mir leid, dass ich das nicht vorher gesehen habe. Du..."

Er wurde von quietschenden Bremsen unterbrochen. Autotüren schlugen zu und Frau Bau rannte zu uns, während Tim sich hinstellte."Ach, Gott. Stegi!" Sie faste sich ans Herz. "Tim, setz ihn ins Auto." befiel sie.

Tim streckte mir seine Hand aus, doch ich ignorierte sie. Ich brauchte kein Krankenhaus. Ich richtete mich auf. Für eine kurze Zeit dachte ich, dass alles gut wäre, doch dann knickten meine Knie einfach weg. Ich fiel, wartend auf den harten Aufprall. 

"Diesmal nicht." sagte eine tiefe Stimme. Ich wurde aufgefangen und mit einem kleinen Ruck in die richtige Position gelegt. Ich glaube, man nannte sie 'Brautstyle'.

"Ach du Scheiße! Stegi, du bist ja viel zu leicht." Tim schaute mir überrascht in die Augen.

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Sorry, dass jetzt wieder so eine lange Pause kam.

Wenn ihr irgendwelche Fragen zu der Geschichte habt, könnt ihr sie gerne stellen. Ich weiß, dass man nach so langen Pausen, aus der Geschichte raus kommt. Ich hoffe, der Teil gefällt trotzdem.:)

Neues Leben:( ~StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt