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"Stegi, wir müssen reden."

Ich wünschte, ich hätte mich nicht zu ihm gedreht, ihn nicht dabei angesehen, während er diese Worte sprach. Ich wünschte, ich hätte sie einfach überhören können. Mit dem Rücken zu ihm das Spiel genießen, das hätte ich tun sollen. Jetzt stellte sich mir die Frage, wie ich reagieren sollte. Mit Tim reden? Das war das Letzte, was ich wollte. Mit ihm unter vier Augen sein? Wollte ich noch weniger. Ihn sauer machen? Keine gute Idee. So tun, als hätte ich seine Aussage nicht verstanden? Unmöglich.


Auch wenn er in diesem Moment freundlich drein blickte, wusste ich es besser. Ich wusste, wer er wirklich war. Er würde niemals etwas tun, um mir zu helfen. Er wäre niemals nett zu mir ohne Hintergedanken dabei zu haben. Und dies war der Grund, weshalb ich dieses Gespräch um jeden Preis verhindern wollte.


Ich stand ruckartig auf, schaute nicht mal einen kurzen Augenblick zu Tim. Dann suchte ich Timo und fand ihn auch. Er stand nicht weit von mir entfernt und wartete darauf, dass ihm der Ball zugepasst wird.


"Darf ich auch mal spielen?" fragte ich mit fester Stimme, festentschlossen Tims Aufforderung zu entgehen. Timo drehte sich zu mir um, sah sich kurz im Feld um und deutete dann auf einen schwarzhaarigen Jungen, der am anderen Ende des Spielfeldes stand. "Jaron, tausch bitte mit Stegi." Der Junge nickte und lief dann an den Rand.


Ich lief zu seinem Platz. Meine Beine waren weich, denn ich wusste genau, wessen durchbohrender Blick auf mir lag. Ich sah seine zornigen Augen schon in meinem Kopf, die  dunkel-braune Farbe glich schon fast einem satten Schwarz. Ich stellte mir vor, wie er mit seiner Faust ausholte und mir in den Magen boxte. Ich stellte mir den Schmerz vor... Den Schmerz, den ich leider viel zu gut kannte. Und seinen Gesichtsausdruck, in dem viel zu oft Reue mitschwang...


Ich lief weiter. Auf der Hälfte des Weges bildeten sich die ersten schwarzen Pünktchen. Ich sah nicht viele, weshalb ich einfach weiter lief. Blöder Kreislauf... Ich machte einen Schritt vor den anderen. Mit jedem Schritt wurde meine Sicht verschwommener. Ich blinzelte, damit die Punkte endlich verschwanden, doch sie blieben. Ich hätte ich mich irgendwo festhalten sollen, doch es gab hier nichts. Ich machte noch einen Schritt, die restlichen Spieler schienen zu wanken, noch ein Schritt, die Welt begann zu wackeln, erst leicht, doch dann wurde es immer schlimmer. Ich fasste mir an den Kopf. Was war bloß los mit mir?

Dann ertönte ein schriller Ton. Ein Pfiff. Das Spiel hatte begonnen... und was tat ich? Ich sackte zusammen. Meine Beine knickten einfach weg, sie konnten mein Gewicht nicht halten. Meine Arme wollten mich auffangen, doch sie hatten keine Kraft. Ich knallte auf den Boden, ich spürte ein Stechen in meiner Wange, doch es war kein Vergleich zu dem Schmerz in meinem Bauch. Alles in ihm zog sich zusammen, es tat höllisch weh. So stellte ich mir den Schmerz vor, wenn Marek und Tim gleichzeitig mich verprügeln würden.

Ich schrie auf. Der Schmerz sollte aufhören. Augenblicklich. Und da hatte ich einmal in meinem Leben Glück, denn die Schwärze nahm alles ein. Ich sah nichts, ich hörte nichts, ich roch nichts und vor allem konnte ich nichts fühlen.



Neues Leben:( ~StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt