Kapitel 16

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Jayns Sicht

Die laute Musik dröhnte durch die Lautsprecher im Wohnzimmer und war im ganzen Haus zu hören. Wie ich es erwartet hatte, hat Emily eindeutig mehr Gäste eingeladen als wir ursprünglich abgemacht hatten, aber das störte mich wenig.

Die meisten Menschen hielten sich im Wohnzimmer auf und tanzten, während andere am Buffettisch und in der Küche waren. Ich für mein Teil war mal hier mal da. Ich wurde ab und zu von Leuten angehalten, die ich zuvor nie gesehen hatte und habe Gratulationen bekommen.

Vor wenigen Minuten noch hatte ich mit Emily getanzt und war nun gerade dabei mich auf dem Weg zur Toilette zu machen. Mit einem Lächeln im Gesicht drängte ich mich durch die eng beieinander stehende Menschenmasse vorbei zur Treppe.

Die Party war jetzt seit einer knappen Stunde im Gange und ich muss ehrlich zugeben, so viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr. Als ich fast bei der Treppe war, stieß ich in jemanden hinein. Bei dem Zusammenstoß wäre ich fast nach hinten gefallen, doch ich konnte gerade noch rechtzeitig mein Gleichgewicht wieder finden.

"Tut mir leid " entschuldigte ich mich bei dem Jungen, den ich angerempelt hatte. Er schnaubte und ging kopfschüttelnd an mir vorbei.

Tja dann halt nicht. Arschloch.

Ich stieg schnellen Schrittes die Treppe hinauf und übersprang jeweils eine Stufe. Im oberen Stock wurde es eindeutig kühler und der unangenehme Geruch von Schweiß wurde weniger.
Hier oben war keiner, da wir die Gäste schon zu Beginn gebeten hatten die oberen Räumlichkeiten nicht zu betreten und so wie es aussah, hielten sie sich daran. Auf dem Weg zur Toilette band ich mir meine Haare zu einem Dutt zusammen. Ich konnte die Hitze nicht mehr ertragen und die offenen Haare trugen nicht gerade dazu bei, dass mir kühler wurde. Meine Finger umschlossen die kalte metallene Türklinke und drückte sie runter. Als ich den Raum betrat, sah in der hintersten Ecke neben dem Waschbecken zwei eng umschlungene Personen.

Ups !

Ich musste nicht überlegen, um zu wissen was sie hier trieben. Zu einem ungünstigeren Zeitpunkt hätten sich die Zwei hier nicht aufhalten können. Mir blieb nichts anders übrig, als zum Zurücktreten anzusetzen, doch bei der kleinen Bewegung meinerseits drehte sich der Junge zu mir um.

Wir standen da Auge in Auge, doch ich blickte nur in die Augen eines animalischen Monsters in Menschengestalt. Das Blut an seinen Lippen glich der mörderischen Farbe seiner Augen. Mein Körper war wie betäubt. Schwer wie Blei stand ich da während mein Herzschlag das einzige Indiz dafür war, dass ich noch lebte.
Mein Blick löste sich von Jason und viel auf das Mädchen hinter ihm. Sie lehnte kraftlos mit dem Rücken an der Wand und starrte mit einem leeren Blick auf den Boden. Ihr Gesicht war blass und ihre Lippen farblos. An ihrem Hals stach eine blutende Wunde hervor. Sie sah aus wie die Beute eines Raubtieres und umschlang mit zitternden Armen ihren Körper.

Wieso schrie sie nicht ? Wieso lief sie nicht weg ?

" Was hast du ihr angetan ?" hörte ich mich sagen. Meine Stimme war leise, nicht mehr als ein klägliches Krächzen.

Ich sah, wie Jason seine Augen schloss und diese wieder öffnete. Sie hatten nun wider ihr natürliches Grün angenommen und sahen mich an.

"Jayn hör mir zu. Du darfst jetzt keine Panik bekommen" sprach er mit rauer und dunkler Stimme zu mir. Er hob unschuldig die Hände hoch und kam langsam einen Schritt näher auf mich zu.

Monster.

In diesem Moment regte sich etwas in mir und meine Angst wandelte sich in etwas viel stärkeres um. Eine Wallung von Mut durchströmte mich in trieb mich zum Handeln.

Mein Blick schweifte durch den ganzen Raum, auf der Suche nach etwas womit ich mich verteidigen konnte. Er fiel auf eine Gasflasche die auf dem Boden stand. Jason verfolgte meinen Blick und verstand was ich vorhat, doch ehe er handeln konnte hatte ich sie in der Hand. Ich stellte mich angriffsbereit und in sicherem Abstand vor ihn hin.

" Was bist du und was hast du ihr getan?", fragte ich ihn mit überraschend fester Stimme.

"Wir können das Ganze hier einfach vergessen und jeder geht wieder seinen eigenen Weg " beschwichtigte er.

" Dann lass das Mädchen gehen und verlass das Haus ! "

Seine Hände waren immer noch erhoben während er mich mit einem wachsamen Blick fixierte. Plötzlich umspielte ein fieses Grinsen seine blutverschmierten Lippen.

" Also das meine Liebe " er sah zum Mädchen und dann wieder zu mir und sprach mit erhobenen Augenbrauen weiter " das geht leider nicht."

Wie auf Stichwort schlug ich die Flasche auf den Waschbecken. Das laute Klirren des Glases hallte durch den Raum, während die einzelnen Glasscherben in alle Richtungen sprangen, doch ich hatte in meiner Hand so viel, wie ich brauchte.

Jason regte sich bei meiner Handlung nicht einmal ein Millimeter und sah mich unbeeindruckt an. Auch das Mädchen blieb reaktionslos und benebelt an der Wand stehen. Irgend was stimmte nicht mit ihr und ich musste ihr helfen.

Ich hielt abwehrend das große Stück Glas in der Hand und richtete es in Jasons Richtung.

" Ach komm schon Herzblatt, wir wissen doch beide das du deine kleine Waffe nicht einsetzten wirst" höhnte er.

Stimmte das ? Wollte ich ihn überhaupt verletzen ? Ich wusste nicht, ob ich im Stande dazu wäre, aber eins wusste ich. Ich musste dem Mädchen helfen.

" Ich werd-" ich hörte mitten in Satz auf, da mich irgend was nach hinten schubste. Es kam wie aus dem Nichts und drückte mich nach hinten, sodass mein Rücken Bekanntschaft mit der Tür machte und sie schloss. Beim Aufprall fiel mir die Glasscherbe aus der Hand und landete klirrend auf die Fliesen.

Ich hatte keine Ahnung wie er es geschafft hat so schnell zu sein, aber nach dem was ich gehen hatte wunderte mich das nicht.

Meine Arme wurden an die Wand gedrückt und waren somit bewegungsunfähig. Ich sah ängstlich und gleichzeitig wütend in Jasons Augen.

Ich wollte was in ihnen erkennen und suchte in ihnen das Monster, das noch vor wenigen Minuten vor mir gestanden hatte. Ich wollte herausfinden, wer oder was er war.

Mühsam versuchte ich meine Arme loszureißen bezweckte jedoch nur das Jason mich noch stärker festhielt.

" Du hast das alles nicht gesehen ! Wenn du diesen Raum verlässt, ist es so als hättest du ihn nie beteten und du wirst ihn auch nicht mehr betreten " sprach er monoton und das schimmernde Grün in seinen Augen verdunkelte sich.

Was stimmt nur nicht mit ihm ?

Wie von selber schnellte mein Knie nach oben und traf ihn direkt zwischen die Beine. Sofort verschwand der Druck um meine Hände und ich riss mich von ihm los. Ein schmerzerfülltes Stöhnen verließ seinen Mund und er krümmte sich nach vorne. Mein Blick löste sich schnell von Jason und viel auf das blonde Mädchen an der Wand. Ohne lange darüber nachzudenken, lief ich zu ihr rüber und stellte mich vor ihr hin. Ich griff behutsam nach ihrem Arm und zog sie mit mir mit.

"Komm wir müssen hier aus ! " sprach ich leicht außer Atem .

Sie sah mich mit leeren Augen an und machte keine Anstalt sich vom Fleck zu bewegen. Das Mädchen war wie betäubt, denn ich sah kein Anzeichen von Angst oder von Schmerz, den sie verspüren sollte aufgrund ihrer Wunde . Es war so, als würde sie mit offenen Augen schlaffen.

"Bitte wir müssen hier raus. Du bist verletzt ."

Plötzlich riss sie ihren Arm aus meinen Griff los und sah mich wütend an.

" Ich werde nirgends wo hin gehen ! ", schrie sie und verschränkte protestierend die Arme vor der Brust. Fassungslos starrte ich sie mit offenem Mund an.

"Lass es doch einfach gut sein " schnauzte Jason hinter mir.

Ich wendete mich zu Jason und stand ihm perplex gegenüber. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Es war aussichtslos.Ich konnte nichts machen. Ich war machtlos. Sollte ich schreien oder weinen oder mich einfach auf den Boden setzen und aufgeben.

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Kingdom in ashes - Die Erbin -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt