Kapitel 24

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Emily war so taktvoll um sich zu verabschieden, als ich mich etwas beruhigt hatte. Und als sie nicht mehr da war, erzählte ich meinem Bruder alles. Er war nicht wie andere große Brüder. Chris wollte Erik nicht verprügeln, nur weil er mir weh getan hatte. Nein, Chris hörte mir aufmerksam zu, tröstete mich, nahm mich in den Arm und bat mir an bei ihm zu wohnen.

Das Angebot bei Chris wohnen zu können, nahm ich natürlich an. Es würde mir gut tun, etwas Abstand von Dortmund und von Erik zu bekommen.

*

Ein paar Tage später wollte ich mal aus der Wohnung raus und ging deshalb bei Starbucks einen Kaffee trinken.

Ich saß also im Starbucks, allein, und versuchte mir nicht anmerken zu lassen wie schlecht es mir eigentlich ging. Der Kaffee war echt lecker und ich war froh endlich wieder unter Menschen zu sein.

Als ich gerade einen weiteren Schluck meines Kaffees nahm und den Blick durch den Laden schweifen ließ, blieb er an der Eingangstür hängen. Dort kam in dem Moment Tim herein und mein Herz setzte für einen Moment aus, denn Tim erinnerte mich an Dortmund und Dortmund erinnerte mich an Erik.

Auch Tims Blick blieb irgendwann an mir hängen und er hob kurz seine Hand zur Begrüßung. Ich lächelte ihn nur leicht an und wartete darauf, dass er zu mir an den Tisch kommen würde. Denn das würde er zu 100%.

Tatsächlich kam er und setzte sich zu mir. Wir redeten eine Weile und er lud mich für den nächsten Samstag auf ein weiteres Date ein. Ich willigte nur ein, weil ich eine Ablenkung brauchte.

*

Einige Wochen später wohnte ich immer noch bei Chris. Er hatte sich mittlerweile von Celina getrennt und datete Emily, die für mich auch eine sehr gute Freundin geworden ist. Mit Mario und Matthi hatte ich immer mal wieder sporadisch Kontakt und mit Ann regelmäßig, da sie meine Situation ja kannte. Heute wollte sie nach Mönchengladbach kommen und wir wollten etwas zusammen unternehmen.

Das Problem war nur, dass ich mir seid einer Woche die Seele aus dem Leib kotzte. Es war so furchtbar und meine Nerven lagen blank. Ich hatte ganz schlimme Stimmungsschwankungen und war für meine Mitmenschen kaum auszuhalten. Ann wollte trotzdem kommen und mit mir Zeit verbringen, was ich echt süß von ihr fand.

Als es klingelte, raffte ich mich schwerfällig vom Sofa auf und ging zur Tür. Wie nicht wirklich anders erwartet stand Ann breit grinsend vor der Tür und riss mich in eine fette Umarmung. "Hey Sweetie. Wie geht's meinem Lieblingssonnenschein?", Ann strahlte und wirkte so glücklich, wie ich sie seid langem nicht mehr gesehen habe. "Mir geht's immer noch so scheiße wie vor einer Woche. Aber dir scheint es ja großartig zu gehen.", stellte ich fest. "Ohh ja, denn du wirst es nicht glauben, aber Mario hat mir einen Antrag gemacht.", erklärte sie mir freudestrahlend und hielt mir ihre Hand unter die Nase. "Einen...einen Heiratsantrag? Mario?", es wunderte mich sehr, dass Mario ihr einen Antrag gemacht hat. Er war eigentlich gar nicht der Typ, der heiraten wollte. Aber anscheinend hatte Ann ihm ordentlich ins Gewissen geredet.

Ein Kichern stieg in mir empor, das aber recht schnell in Übelkeit umschwang. Mit einer Hand vor dem Mund sprintete ich ins Bad.

Als mir Ann folgte, kniete ich vor dem Klo und schaute sie gequält an. "Das ist nicht normal, Aayana.", liebevoll strich sie mir die Haare aus de Stirn. Ich nickte langsam. "Sei mir nicht böse, aber die Übelkeit und dazu diese immensen Stimmungsschwankungen deuten für mich eindeutig darauf hin, dass du schwanger bist.", Ann schaute mir ernst in die Augen. "Nein, das kann nicht sein. Ich habe immer die Pille geno...! Scheiße."

Seid Erik mich die paar Wochen ignoriert hat, war ich total durch den Wind und hab' vergessen meine Pille zu nehmen. Scheiße, scheiße, scheiße. Ich raufte mir verzweifelt die haare. Das durfte nicht sein.

Ich konnte die Tränen nicht mehr zurück halten. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich trug wahrscheinlich ein Kind von Erik in mir. Verdammte scheiße.

"Wir müssen einen Termin beim Frauenarzt machen, damit du sicher sein kannst.", meinte Ann nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Wieder nickte ich nur. "Ich rufe mal bei einer hier an, okay?", und wieder ein Nicken von mir. Ich war ehrlich froh sie zu haben.

Als aller erstes führte mich Ann zum Sofa im Wohnzimmer und suchte dann die Telefonnummer einer Frauenärztin in Mönchengladbach heraus. Sie vereinbarte einen Termin noch gleich für heute und ich brach vor Dankbarkeit erneut in Tränen aus. Ann tröstete mich und redete mir gut zu. Und kurz vor dem Termin sah ich die ganze Sache gar nicht mehr als so schlimm an.

Im Gegenteil. Ich hatte mir immer Kinder gewünscht, zwar hätte ich nicht gedacht, dass es unter den Umständen geschehen wird, aber immer hin.

*

Beim Frauenarzt kam der nächste Schock, der mir kurzfristig den Boden unter den Füßen wegriss. Ich trug tatsächlich Zwillinge in mir und war bereits in der 5.Woche, was ich mir schon denken konnte. Der Zwischenfall in meinem Büro...

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