05 | der Erzfeind des Vaters

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Mit der Familie zu verreisen war doch immer wieder etwas schönes. Ich hatte es früher sehr gemocht, mit meinen Eltern und meinen Brüdern in den Urlaub zu fahren und einfach mal von dem Alltag abschalten zu können.
Doch das hier war kein Urlaub. Das hier war Folter.

Erstens kam es mir jetzt viel anstrengender vor mit meinen Brüdern zu verreisen. Nole und Cole waren zwei pubertierende Teenager, die sich ständig über jede Kleinigkeit streiten mussten. Henry dagegen war voller Euphorie und hatte sich sehr auf diesen Tag gefreut, so sehr, dass er ständig irgendwelche Fragen gestellt hatte und das um sieben Uhr in der Früh. Demzufolge war ich übermüdet und demotiviert, als wir hier gestern um 17 Uhr angekommen waren.
Wenigstens hatte ich ein eigenes Zimmer bekommen und musste nicht mit meinen Eltern und meinen Brüdern die Nacht in einem Zimmer verbringen.

Zweitens war ich von meiner Mutter gezwungen worden ein hautenges Kleid anzuziehen und ich hasste hautenge Kleider. Außerdem hatte sie beschlossen mir die Haare zu frisieren und mich zu schminken, weshalb ich heute ebenfalls um sieben Uhr aufstehen musste.

Seit einer halben Stunde saß ich außerdem eingequetscht zwischen Nole und Cole auf einer Bank und sah Mum und Dad dabei zu, wie sie einzelne Personen begrüßten und sich mit ihnen unterhielten. Henry dagegen hatte sich schlafend gegen Noles Schulter gelehnt.

Ich hatte wohl verdrängt, dass es so unfassbar langweilig gewesen war.

In ein paar Minuten würde es endlich Essen geben und ich war froh, dass wir wenigstens jetzt nicht wie Marionetten herumstehen und uns mit diesen Leuten unterhalten mussten.

Denn mit den ganzen reichen Schnöseln in Anzügen hatte ich wirklich überhaupt nichts am Hut.

"Leute.", meinte ich dann seufzend, als mein Blick auf meine Mutter fiel, die mir mit einer Handbewegung signalisieren wollte, dass wir zu ihnen kommen sollen. "Ich glaube, Mum will, dass wir kommen."

Die Zwillinge stöhnten genervt, während ich aufstand und schonmal meinen kleinen Bruder Henry aufweckte.

"Warum sind wir nochmal hierhergekommen?", fragte Cole genervt, als wir alle vier näher an die Menschenmenge herantraten.

"Weil es gutes Essen gibt?", fragte Nole und zuckte mit den Schultern, was mich zum lächeln brachte.

Ich zweifelte oft daran, dass diese zwei Idioten wirklich meine Brüder waren, aber solche Sätze bewiesen mir immer mal wieder das Gegenteil.

"Kinder, endlich.", Mum lächelte uns zu und erinnerte uns daran, dass wir auch lächeln sollten.
Weil wir ja so viel Spaß haben.

"Gibt es Essen?", fragte jetzt Henry und sie nickte kichernd.

"Ja es gibt sofort Essen, ich möchte euch nur noch kurz Mrs. Bender vorstellen. Sie ist eine alte Freundin von mir und hat euch schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen."

Mum zeigte kurz unauffällig auf eine etwas ältere Dame in einem pinken Blazer die gerade in unsere Richtung schaute. Als sie den Blickkontakt von Mum bemerkte, hellte sich ihre Miene schlagartig auf und kam auf uns zu.

"Ohoh", hörte ich Cole noch flüstern ehe sie schon vor uns stand und uns begeistert musterte.

"Catherine, Schatz, schön dich zu sehen.", begrüßte sie meine Mum und zog sie in eine innige Umarmung. "Sind das da alles deine Kinder?", fragte sie erstaunt, als sie sie sich von ihr löste.

"Ja das sind alles Ryans und meine Kinder.", meinte meine Mum stolz. "Das ist Ceil, Nole, Cole und mein jüngster, Henry.", stellte sie uns alle nacheinander vor und wir wurden anschließend auch alle von Mrs. Bender in den Arm genommen. "Ceil, du bist ja wahnsinnig groß geworden.", betrachtete sie mich erstaunt und ich zwang mich zu einem kleinen Lächeln. "Und du siehst deiner Mutter wirklich unglaublich ähnlich, oder das tut sie Catherine, nicht wahr?" Meine Mum nickte zustimmend, während wir nur stumm daneben standen und hofften, dass sie uns bald in Ruhe lassen würde. "Und euch zwei hätte ich ja gar nicht mehr wieder erkannt.", sie kniff zuerst Nole und Cole in die Backe und ich musste mich zusammenreißen bei den Blicken der beiden nicht sofort laut loszulachen.

"Hilfe.", flüsterte Cole, als sie uns wieder den Rücken zugewendet hatte und sich stattdessen mit Mum unterhielt.

"Ich spüre immer noch ihre alles zerquetschenden Arme um meinen Körper.", stimmte dann auch Nole leise zu und ich warf den beiden einen warnenden Blick zu, konnte mir allerdings ein Lächeln auch nicht verkneifen.

"Sie ist doch ganz nett, oder?", fragte uns meine Mutter, als sie wieder weg war und wir nickten alle vier brav.

"Nole, Cole, Henry, geht ihr doch schon einmal rein und sucht den Platz mit unseren Namenskärtchen, ja?", fragte sie meine Brüder dann, um ihnen eine Beschäftigung zu geben.

Ich merkte tatsächlich, dass immer mehr Menschen in den Saal strömten.

"Mrs. Bender hat mir gerade von ihrer Enkeltochter erzählt, die zufällig das gleiche studiert wie du-", fing meine Mutter an, mir von ihrem Gespräch mit ihrer Freundin zu erzählen, als ich plötzlich die unruhige Stimme meines Vaters hinter mir ausmachte.

"Da vorne ist er.", zischte er und ich folgte seinem Blick, der auf eine Gruppe anzugtragender Männer gerichtet war. Mein Vater war plötzlich angespannt, seine komplette Austrahlung hatte sich von nett und freundlich in unruhig und böse verwandelt. Was war zwischen ihnen vorgefallen, dass er so auf ihn reagierte?

"Sein Name ist Logan Devany.", erklärte mir meine Mutter, da sie wohl meinen verwirrten Blick gesehen haben musste. Sie nickte in die Richtung in die zwei Männer mit dem Rücken zu uns gekehrt standen und sich angeregt mit anderen Geschäftsmännern zu unterhalten schienen.

"Dein Vater hasst ihn und er wird schnell aggressiv, wenn du ihn nach ihm fragst. Logan Devany besitzt nämlich die Eigenschaft Menschen schnell um den Finger zu wickeln.", klärte sie mich auf. "Die Frau, die da gerade kommt ist seine Frau Emma.", sie deutete auf eine braunhaarige Frau, die etwas weiter abseits stand und sich mit einem Mädchen unterhielt. Sie stand zu weit weg, sodass ich sie nicht genauer betrachten konnte, aber sie schien sehr hübsch zu sein.

"Er hat zwei Kinder. Einen Sohn und eine Tochter. Wir waren einmal gut befreundet bis-"

Doch ich hörte meiner Mum nicht mehr zu, als ich den Mann genauer musterte. Ich kannte ihn doch irgendwoher. Diese Schultern, diese Statur kamen mir selbst von hinten wahnsinnig bekannt vor und jede einzelne Zelle in meinem Gehirn lief auf Hochtouren, da ich mich erinnern wollte, warum er mir so bekannt vorkam.

Als er sich jedoch genau in dem Moment umdrehte und ich ihn von vorne sehen konnte, verschlug es mir die Sprache. Ich kannte diese braunen Haare und die wahnsinnig blauen Augen und je mehr ich darüber nachdachte, desto deutlicher formte sich in meinem Gehirn immer mehr ein Satz zusammen. Meine Mum hatte doch gerade gesagt, dass Dads Erzfeind Logan Devany hieß. Und der Kerl den ich vor ein paar Tagen in der Bar kennengelernt hatte, hieß ebenfalls Logan.

Mir wurde leicht übel, als alle Informationen plötzlich einen Sinn ergaben. Mein Herz pochte wie verrückt und ich ging nochmal alles durch, doch die Tatsachen blieben die gleichen.

Ich hatte mit dem Erzfeind meines Vaters geschlafen.

Jaja die Namenswahl war wirklich nicht klug gewählt.

Da ich keine Hausaufgaben mehr aufhabe und wir in der Schule nur noch Filme anschauen, habe ich Zeit mehr zu schreiben und hier habt ihr gleich wieder ein neues Kapitel😊

Forbidden LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt