Kilian hatte das Fenster in der Küche geöffnet. Regentropfen benetzten die weiße Fensterbank, auf der zwei Müslipackungen standen und Ash wurde für einen Moment von den farbenfrohen Bildern abgelenkt, die am Kühlschrank mit runden, pechschwarzen Magneten befestigt wurden. Jadea wusste zwar nicht, wie man ein Bild konstruierte, aber anscheinend war Freya das egal. Selbst das Papier, auf welchem sich nur dutzende blaue Striche befanden, hatte sie dort angebracht und irgendwie entlockte es Ashs schmerzverzerrtem, tränenverschmiertem Gesicht ein kleines Lächeln.
Mit einer halbabgebrannten Zigarette in der Hand, die er aus dem offenen Fenster hielt, blickte Kilian ihn nachdenklich an. In seinen Augen stand die Sorge und Furcht großgeschrieben und selbst wenn er versucht hätte, sie zu verdecken, Ash hätte sie erkannt. „Das ist scheiße", murmelte er schließlich und schnippte etwas Asche von der Spitze der Zigarette. „Was willst du dagegen unternehmen?"
„Wenn ich das wüsste", würgte Ash leise hervor und traute seiner eigenen Stimme schon gar nicht mehr. Sie klang matt und kraftlos, als würde er jeden Moment zusammenbrechen und nie wieder aufstehen. „Ich weiß nicht mal, wie ich wieder nach Hause gehen soll, ohne das meine Eltern mich gleich fesseln und in einen Zug werfen."
Kilian nahm einen tiefen Zug, pustete den Rauch dann in den dunklen Abend und blickte wieder zu seinem Freund. „Du kannst gerne bei mir pennen", schlug er vor und zuckte kurz mit den Schultern. Ash schnaubte leise.
„Solltest du mir nicht vorschlagen, dass ich mich meinen Problemen stellen sollte?", fragte er langsam und Kilian nahm einen weiteren Zug.
„Nein", erwiderte er und heller, weißer Rauch floss aus seinen Nasenlöchern. „Ich glaube, du weißt schon, was du tust, das hast du bisher auch immer. Außerdem bin ich nicht Eden", fügte er grinsend hinzu. „Sie ist doch die mit den guten Ratschlägen."
Ash wandte das Gesicht zur Wand mit der Raufasertapete und seufzte. „Was ist? Habt ihr beiden euch verkracht, oder warum schaust du so drein?" Kilian drapierte ihn mit seinen Blicken, als wäre er ein extrem seltenes Tier, welches in einem zu kleinen Käfig ausgestellt wurde.
„Nein, alles gut. Ich weiß auch nicht... will sie nicht damit nerven." Ash zuckte langsam mit den Schultern, seufzte dann laut und wischte sich kurz über die Augen. „Sie hat genug um die Ohren."
„Alter", konterte Kilian und kniff die Augen zusammen. „Du weißt, sie liebt dich." Er fluchte, als etwas heiße Asche auf seinen Finger fiel.
„Das ist das Problem", erklärte Ash leise. „Sie ist noch nicht von mir runtergezogen worden, wie alles andere in meinem Leben."
„Ob du es nun willst, oder nicht, Eden ist ein Teil von dir. Also schließ sie nicht aus, wenn du sie brauchst. Ruf sie nachher einfach an, hm?" Kilian schnippte die Zigarette aus dem Fenster und stieß sich dann von der Wand ab. Aus der Pfanne, die auf dem Herd stand, nahm er sich ein paar gebratene Nudeln und steckte sie sich in den Mund, bevor er sich die Finger ableckte und sich wieder Ash gegenüber niederließ. „Außerdem weiß sie am besten, was mit dir alles schiefläuft, nicht wahr?" Er lachte leise.
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Ashes of Eden
General FictionMit der Entlassung aus dem Krankenhaus, beginnt für Ash Whelan eine neue Chance, sein Leben endlich wieder in die richtige Bahn zu lenken. Während seine eigenen Gedanken dabei die größten Hürden darstellen, die er überwinden muss, schleicht sich auc...