o21 || T W E N T Y - O N E

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Nur mithilfe von zwei Bechern voll mit schwarzem Kaffee konnte Ash an diesem Morgen überhaupt die Augen länger als eine Minute offenhalten

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Nur mithilfe von zwei Bechern voll mit schwarzem Kaffee konnte Ash an diesem Morgen überhaupt die Augen länger als eine Minute offenhalten. Draußen betörte der Himmel die Welt noch mit einem fließenden Übergang von Rosarot zu Blau, während dicke, bauschige Wolken umherzogen. Es war ein hübscher Morgen, würde er nicht durch die trübe Melancholie bedrückt werden, die Ash verspürte, als er einen Blick auf seinen Bruder warf, der ihm gegenüber am Küchentisch saß und lustlos in seinem Müsli herumstocherte. Ash wollte etwas sagen, er wusste nur nicht, was genau. Er wusste, dass sein Bruder ihm nichts verraten würde, wenn er nicht bereit dafür war, um es zu teilen, also wollte er ihn auch nicht drängen, andererseits hatte er Aiden schon seit Jahren nicht mehr so gesehen. Das letzte Mal war, so glaubte er, im Krankenhaus. Nach dem Motorradunfall. Da hatte Aiden so ausgesehen, als hätte er nicht einen glücklichen Gedanken mehr im Kopf. Als wäre alles eine trübe, graue Blase gefüllt mit Verzweiflung gewesen.

Und so hatte Ash seinen Bruder eigentlich nie wiedersehen wollen. Doch so oft er auch den Mund öffnete, um endlich etwas zu sagen, es wollte nichts kommen. Kein Ton verließ ihn und so saß er ebenso stumm da und wartete. Wartete, dass etwas geschah, was nicht geschehen würde.

Und dann war Aiden weg. Er war aufgestanden, hatte seine noch immer volle Müslischüssel stehen lassen und war ins Badezimmer verschwunden, von dessen Wänden im Nu die hallenden Klänge seiner lauten Musik echoten. Es hätte alles so normal sein können, wäre da nicht dieses Gefühl, versagt zu haben.

Draußen herrschte keine angenehme Wärme, als er die Haustür hinter sich zufallen ließ. Sein Feuerzeug schnippte und entzündete die Zigarette in seinem Mundwinkel. Die Hitze des Tages kroch seine Arme hinauf, hinterließ ein brennendes Gefühl auf seiner Haut und trocknete die trüben Gedanken in seinem Kopf aus. Bald schon erwischte Ash sich, wie er komplett gedankenlos den Pflasterweg entlanglief und in die Ferne blickte, ohne wirklich zu sehen. Die wenigen Passanten um ihn herum, die schon unterwegs waren, nahm er gar nicht mehr wahr.

June musste ihn zwicken, damit er sie erkannte. Sie trug – wie er auch – ein graues T-Shirt mit dem Logo des Kingfishers auf der Brust und hatte ihre eisblauen Haare heute in einen kleinen Pferdeschwanz gezwängt. Ohne ihre typisch wilden Stacheln wirkte sie beinahe sanft.

„Mann, wach aus deinem Koma auf", sagte sie schnippisch und zwickte ihn erneut. „Wir haben hier volles Haus, ich kann es jetzt nicht haben, wenn du zum gehirnlosen Zombie mutierst."

Sie grinste ihn an. Ash grinste zurück. Manchmal fragte er sich, warum er nicht mehr mit June zu tun hatte.

„Schon gut, ich bin ja wach. Sei froh, dass ich überhaupt hier bin."

Sie stieß die Luft zwischen ihren Zähnen aus und rollte dann mit den Augen, ehe sie ihren Nacken knacken ließ. „Ja, ja, ich weiß, ich weiß. Dann komm schon, die ersten werden schon ungeduldig."

„Es geht doch eh nicht vor neun los", entgegnete er und June schnaubte.

„Erzähl das den Übermotivierten. Die benehmen sich alle so, als wäre heute der erste Januar und sie müssten schnell ihre Neujahrsvorsätze durchbringen, ehe sie wieder faul auf dem Sofa landen, wie ich immer." Sie betrachtete ihre schwarz lackierten Nägel und schüttelte dann den Kopf. „Ich werd wohl nie verstehen, warum."

Ashes of EdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt