Je öfter Ash sein Mantra 'Ich schaffe das alleine, ich schaffe das alleine, ich schaffe das alleine' wiederholte, desto mehr glaubte er es selber. Als er am nächsten Tag am frühen Vormittag erwachte, strahlte die Sonne durch das vom Regen benetzte Fenster und warf schimmernde Flecken aus Licht auf den Boden, auf dem sich schmutzige und saubere Kleidung von ihm und Aiden angesammelt hatte. Bevor sein kleiner Bruder mit dem Rauchen angefangen hatte, war ihre Mutter jeden zweiten Tag ins Zimmer gekommen, hatte die schmutzige Wäsche aufgesammelt und die Betten ausgeschüttet. Heute betrat sie es nur noch, wenn sie mit einem von ihnen reden wollte, was meistens Ash war. Charlotte hatte längst aufgegeben, ihre Söhne dazu zu bewegen, ihr eine Antwort zu geben – wenn sie nun etwas wollte, drohte sie sofort mit Strafen.
„Ich schmeiße dich sofort auf die Straße, wenn du nicht den Abwasch erledigst!", war ihre liebste Art und Weise, Ash darum zu bitten, das schmutzige Geschirr zu waschen. Nicht, dass sie noch damit drohen müsste – er kümmerte sich automatisch darum, er brauchte diese Beschäftigung mit seinen Händen, ansonsten würde er noch in seinem Zimmer eingehen. Wenn er nicht gerade von seiner Mutter in allen Dingen zurechtgewiesen und von seinem Vater mit enttäuschten Blicken bedacht wurde oder im Krankenhaus mit Alkoholvergiftung lag, war Ash die meiste Zeit außerhalb des Hauses; dort, wo er seine eigenen Regeln durchsetzen konnte. Er verbrachte viel Zeit damit, einfach durch die Stadt zu laufen, sich mit seinen Freunden zu treffen (auch wenn die meisten tagsüber auf der Arbeit waren) oder sich irgendwo hinzusetzen und die Uhren ticken zu lassen.
Mit leicht brummendem Schädel griff er nach dem Handy, welches neben seinem Bett auf dem Nachttisch lag und am Ladekabel steckte. Mit einem viel zu aggressiven Ruck löste er es davon und blickte auf den Bildschirm. Die Nachrichten von Kilian und Freya, die noch gestern Abend eingegangen waren, beantwortete er schnell, die von Janet ließ er unbeantwortet und er überlegte für einen Moment, ob er Eden noch einmal schreiben sollte. Auf seine gestrige Entschuldigungsnachricht hatte er noch keine Antwort bekommen, obwohl sie sie gelesen hatte. Er wusste, sie war sauer auf ihn, auch wenn sie es nicht zeigte. Eden war besonders gut darin, ihre Wut zu verdecken, damit ihre Mitmenschen ihr diese nicht ansehen konnte, während sie innerlich bereits kochte. Es gab nicht viele Dinge, die sie aufregten und Ash war sich sicher, dass er mittlerweile an erster Stelle dieser Liste stand.
Um elf bin ich bei dir, Tiger. Eine neue Nachricht war soeben eingegangen und er musste gar nicht erst auf den Namen schauen, um zu wissen, dass sie von Yvonne war. Nur sie gab ihm diese bescheuerten Spitznamen.
Eigentlich sollte er ihr absagen, das wusste er. Es war schon gestern eine schlechte Idee gewesen, sie überhaupt zu fragen, doch nun auch wirklich mit ihr zum Essen zu gehen, würde alles nur noch komplizierter machen. Er hatte sich geschworen, Yvonne nicht mehr so sehr in sein Leben zu lassen – sie hatte schon genug Schaden angerichtet, dessen war er sich bewusst. Aber... es war nur ein gemeinsames Frühstück. Was sollte daran schon schädlich sein?
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Ashes of Eden
General FictionMit der Entlassung aus dem Krankenhaus, beginnt für Ash Whelan eine neue Chance, sein Leben endlich wieder in die richtige Bahn zu lenken. Während seine eigenen Gedanken dabei die größten Hürden darstellen, die er überwinden muss, schleicht sich auc...