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Ich zähle die Sekunden bis zur nächsten Stunde. Denn dann haben wir Theater! Und dann Proben wir wieder für die Aufführung in 2 Monaten. Meine Julia und ich, alleine auf der Bühne.
An meiner super Laune ändert auch die Tatsache nichts, dass Jack Kiki die ganze Zeit küsst und ihr ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubert. Denn bald werde ich es sein, die diese rosa Lippen berühren darf. Und alleine das zählt...

"He, was glotzt du denn die ganze Zeit auf die Uhr?", flüstert mir Tim zu.

"Halt die Klappe!"
Jetzt hat er mich aus meinen Tagträumen gerissen! So ein Depp, immer im falschen Moment den Mund aufreißen!

Entschuldigend hebt er die Hände und dreht sich wieder dem Lehrer zu. Nur noch zwei Minuten. Diese zwei Minuten fühlen sich wie Jahre an. Jedes langsame Zucken des Sekundenzeigers vergeht in gefühlten Millisekunden. Und dann klingelt es endlich!

"Kiki und Taylor bitte auf die Bühne!"

Kiki schenkt mir ein sicheres Lächeln und betritt mit mir zusammen die Bühne während die anderen sich für die Nebenrollen fertig machen. Blaire beißspielsweiße spielt die spießige Mutter von Julia. Eine besserer Besetzung hätte man nicht finden können, doch sogar mit der grauen Perücke sieht sie noch heiß aus. Aber ich habe nur Augen für meine Julia, im Theaterstück als auch im echten Leben.

Zuerst sind die anderen dran. Raph und Paige übernehmen den ersten Part des Stücks und Raph ist wirklich der beste Ersatzromeo den man finden konnte. Er ist genau der richtige Typ für diese Rolle. Und auch Paige ist eine fast so entzückende Julia wie Kiki.
Und dann kommt endlich der Moment, auf den ich so lange gewartet habe.
Kiki betritt die Bühne und ich schau von unten zu ihr auf, wie sie dort auf dem Balkon steht und ihre großen Augen mich frech mustern.

ROMEO.
Geh auf, schöne Sonne, und lösche diese neidische Luna aus, die schon ganz bleich und krank vor Verdruß ist, daß du, ihr Mädchen, schöner bist als sie. Sey nicht länger ihre Aufwärterin, da sie so neidisch ist; ihre Vestalen-Livree ist nur blaß und grün, und wird nur von Thörinnen getragen; wirf sie ab - - Sie spricht, und sagt doch nichts; was ist das? - - Ihr Auge redt, ich will ihm antworten - - Wie voreilig ich bin! Sie redt nicht mit mir: Zween von den schönsten Sternen des ganzen Himmels, die anderswo Geschäfte haben, bitten ihre Augen, daß sie, indessen bis sie wiederkommen, in ihren Sphären schimmern möchten - - Wie wenn ihre Augen dort wären, und jene in ihrem Kopfe? Der Glanz ihrer Wangen würde diese Sterne beschämen, wie Tag-Licht eine Lampe; ihre Augen, wenn sie am Himmel stühnden, würden einen solchen Strom von Glanz durch die Luft herabschütten, daß die Vögel zu singen anfiengen, und dächten, es sey nicht Nacht: Sieh! sie lehnt ihre Wange an ihre Hand! O daß ich ein Handschuh an dieser Hand wäre, damit ich diese Wange berühren möchte!
JULIETTE.
Ach! ich Unglükliche! - -
ROMEO.
Sie redt. O, rede noch einmal, glänzender Engel! Denn so über meinem Haupt schwebend scheinst du diesen Augen so glorreich als ein geflügelter Bote des Himmels den weitofnen emporstarrenden Augen der Sterblichen, die, vor Begierde ihn anzugaffen, auf den Rüken fallen - - wenn er die trägschleichenden Wolken theilend auf dem Busen der Luft in majestätischem Flug dahersegelt.
JULIETTE.
O Romeo, Romeo - - Warum bist du Romeo? - - Verläugne deinen Vater und entsage deinem Namen - - oder wenn du das nicht willt, so schwöre mir nur ewige Liebe und ich will keine Capulet mehr seyn.
ROMEO leise.
Soll ich länger zuhören, oder auf dieses antworten?
JULIETTE.
Nicht du, bloß dein Nahme ist mein Feind; du würdest du selbst seyn, wenn du gleich kein Montague wärest - - Was ist Montague? - - Es ist weder Hand noch Fuß, weder Arm noch Gesicht, noch irgend ein andrer Theil. Was ist ein Name; Das Ding das wir eine Rose nennen, würde unter jedem andern Namen eben so lieblich riechen. Eben so würde Romeo, wenn er schon nicht Romeo genannt würde, diese ganze reizende Vollkommenheit behalten, die ihm, unabhängig von diesem Namen, eigen ist - - Romeo, gieb deinen Namen weg, und für diesen Namen, der kein Theil von dir ist, nimm mein ganzes Ich.
ROMEO.
Ich nehme dich beym Wort; nenne mich nur deinen Freund, und ich will meinem Taufnamen entsagen, ich will von nun an nicht mehr Romeo seyn.
JULIETTE.
Wer bist du, der hier, in Nacht gehüllt, mein einsames Selbstgespräche belauscht?
ROMEO.
Durch einen Namen weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin; mein Name, theure Heilige, ist mir selbst verhaßt, weil er ein Feind von dir ist. Ich wollt' ihn zerreissen, wenn ich ihn geschrieben hätte.

Ich habe keine Ahnung was dieses ganze Geschwarfel nun genau bedeuten soll, aber es reicht mir, wenn Kiki es weiß. Wenn sie wieß, dass ich jedes dieser geschnulzten Worte genau so meine, dass ich in ihr MEINE Julia sehe und das sie das schönste Mädchen auf diesem Planeten ist. Doch ich weiß, dass sie es nicht weiß. Sicher noch nicht mal ahnt. Und vielleicht weiß ich tief in mir, dass das so auch besser ist, wenn sie unwissend bleibt.

"Du warst gut Mann.", grinst mich Raph an und zwinkert Kiki zu, als Zeichen, dass auch sie ihre Rolle gut gespielt hat.

"Viel zu viel Tam Tam um nichts, nach meinem Geschmack zumindest. Mal ehrlich, war dieser Romeo auf Drogen oder hat man ihm ins Hirn geschissen? Solche sinnfreien Sätze kann ich nicht mal mit dem teuersten Gras der Welt aussprechen."

Typisch Tim...wenn man jemand ins Hirn geschissen hat, dann ja wohl ihm!

"Wir sind ein ganz schön gutes Team Ty. Wie schon immer eben.", kichert Kiki als sie mit Jack und Blaire im Schlepptau den Klassenraum verlässt. Ich lächelt ihr wie ein Idiot hinterher, auch noch Minuten nachdem sie durch die Tür gegangen ist und nur noch der Duft ihres Parfüm in der Luft hängt.

Bad Romeo and broken JuliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt