Dunkle, nein, fast schwarze Augen schauen mich ebenso erschrocken an.
Ich habe das Gefühl, dass der Boden sich unter mir öffnet. Gerade noch kann ich mich an dem Türgriff festhalten. Trotzdem glaube ich in die Tiefe zu fallen und mich nicht mehr halten zu können. Mein Bauch kribbelt und mein Mund öffnet sich.
Ach du heilige Scheiße!
Ich werde durch ein leichtes drücken in meinem Rücken zurück in die Realität geschleudert. Elodie steht ungeduldig hinter mir und scheint ganz aufgeret zu sein, warum ich stehen geblieben bin. Mein Hand gleitet von dem Türgriff und ich stolpere ein paar Schritte in den Hörsaal. Es war ein etwas größere Raum, vorne steht Jace und gegnüber sitzen die Studenten, die Tische und Sessel sind immer eins höher gestellt, als die vorderen, das deutlich vereinfacht, den Lehrer zu sehen.
Der erschrockene Blick von Jace ist verschwunden, als er uns beide anblickt. Stattdessen ist seine Miene unergründlich und seine Augen leicht zusammengekniffen.
Ich hoffe so sehr, dass er mich nicht erkennt. . . vielleicht hat er ja an dem einen Abend zu viel getrunken und kann sich nicht mehr an mich erinnern? Ach was hoffe ich da! Natürlich kann er sich an mich erinnern, dass habe ich deutlich an seinem geschockten Blick gesehen.
Jace räuspert sich und legt ein paar Blätter auf die Seite, die er anscheinend gerade vorgelesen hat.
"Wie ich sehe sind ein paar neue Schülerinnen auch noch dazugekommen. Ich will auch gar nicht wissen was so wichtig war. Setzt euch!", seine Stimme klingt kalt und lässt meine Haare auf meinen Armen aufstellen. Ich werde wieder rot, als ich an die Nacht denke.
Wieder werde ich aus dem Tagtraum geweckt, als mich Elodie in die hinterste Reihe zieht und ihre Tasche schwungvoll auf dem Boden abstellt.
Im Raum ist es totenstill, mehr als zwanzig wütendende, belustigte und genervte Augenpaare durchbohren uns. Wahrschenlich denken sie wir sind Lesben, die die Finger voneinander nicht lassen können. . . und sofort musste ich an das Pärchen im Motel denken.
"Für unsere Neuankommlinge," sagt Jace und mustert mich mit einem intensiven Blick, der mich in eine Tomate verwandeln lässt, "mein Name ist Jasper Hunter. . ." weiter kann ich ihm nicht zuhören. Sein Anblick fesselt mich, er trägt eine schwarze Jeans und ein dunkles T-Shirt, welches seine Muskeln mehr hervortreten lässt. Ich beiße mir auf die Lippe und stelle mir seinen nackten und trainierten Oberkörper bildlich vor.
Elodie schubst mich von der Seite an. "Hör auf ihn so anzustarren, du fänst ja schon an zu sabbern!", kichert sie und muss sich ein lautes Lachen verkneifen, als ich erschrocken zusammenzucke und mit meinem Finger schnell über meine Lippen fahre. Wie dämlich bin ich eigentlich? Lachend halte ich mir meine Hand vor dem Mund und hoffe, dass es niemand mitbekommt, doch natürlich ist das Glück nicht auf meiner Seite.
"Darf ich fragen was so lustig ist?", fragt ein angespannter Jace und verschränkt seine Arme.
"Ich . . . öh . . . tut mir leid, Professor, wird nicht wieder vor kommen." sage ich schnell und beiße mir auf die Zunge, weil ich fast Jace sagen wollte. Jace muss ein Spitzname sein und wenn ich den gesagt hätte wäre das die Krönung des Tages gewesen.
Elodie, die sich nicht mehr halten kann, fängt neben mir lauthals an zu lachen, wobei sie böse Blicke einfängt, aber das scheint ihr egal zu sein. Ich dagegen senke meinen roten Kopf und weiche jedem Blick aus.
"Nach dem Unterricht kommst du bitte zu mir!", sagt Jasper und schaute mich streng an, fast hätte ich mir eingebildet ein Blitzen in seinen Augen zu sehen. Aber wie soll ich das von so weit hinten erkennen?
*-*
"Das ist so unfair! Wieso muss ich zu ihm, aber du nicht!", protestiere ich nach dem Unterricht, der schneller vergangen ist als gedacht.
Elodie grinst mich wissend an. "Vielleicht möchte er etwas von dir?"
Sofort schießt mein Kopf zu ihr. Weiß sie was? Oh Gott, folgt sie mir?
"Das war nur ein Spaß!", lacht Elodie. "Naja, ich warte draußen auf dich, ich denke du kannst mich nicht verfehlen." Sie zwinkert mir zu und dreht sich um, um aus dem Hörsaal zu gehen.
Mit zögernden Schritten gehe ich auf Jace zu und bleibe direkt vor seinem Tisch stehen.
"Sie wollen mit mir sprechen?", sage ich und blicke auf das braune Eichenholz des Tisches.
"Komm mit, hier können wir nicht reden." meint Jace plötzlich und zieht sich eine schwarze Jacke an. Was wird das jetzt?
Etwas perplex folge ich meinem Lehrer und frage mich wo wir hingehen. Wir steigen die restlichen Stockwerke hinauf und bleiben vor einer Tür stehen, wo auf einem roten Schild - Betreten Verboten! - steht.
"Ähm. . . da darf man nicht rauf, das ist verboten, sollten wir nicht einfach wo anders hin gehen, ich meine du wolltest ja mit mir reden, aber ich glaub nicht, dass das so gut ist wenn wir bei einem Ort sind der Verboten ist, außer du willst mich umbringen, dann ist das ein idealer Ort, doch du hättest kein Alibi, weil alle wissen, dass du . . .", plappere ich aufgeregt, doch werde von Jace unterbrochen, als er schwungvoll die Tür öffnet.
"Du redest zu viel, du kannst deinen Mund auch für andere, viel schönere Dinge, verwenden.", sagt er und zieht mich einfach mit.
Ich reiße meine Augen bei dem Kommentar auf und will etwas sagen, doch konnte bei der wundervollen Aussicht einfach nichts raußbringen.
"Woooow. . ." flüstere ich und lehne mich an die Absperrung, um so viel von der Ausblick mitzubekommen wie es Möglich ist.
"Niemand weiß von dem Ort, außer die Leute die hier oben waren, aber kein Mensch kommt mehr in dieses Geschoss." sagt er hinter mir und spüre seinen Atem deutlich in meinem Nacken. Dennoch drehe ich mich um und schaue in wunderschöne dunkle Augen die mich ebenfalls musterten. Mein Blick gleitet von seiner Stubsnase zu seinen schwungvoll geformten Lippen. Schüchtern streiche ich mein schulterlanges braunes Haar hinter mein Ohr. Kurz schließe ich meine Augen um sie gleich darauf wieder zu öffnen.
"Du wolltest mit mir reden." sage ich leise und versinke in seinen Augen.
"Vielleicht wollte ich das ja gar nicht!", meint Jace und kommt mir näher. Er beugt sich nach vorne und seine Lippe streift meine Oberlippe.
Mein Unterbewusstsein schreit nach Hilfe und möchte, dass ich abhaue, doch ich schaffe es nicht. Wir sind uns schon so nah, dass meine Sicht nicht mehr scharf ist.
Unsere Lippen berühren sich leicht und ich kann spüren wie ein elektrischer Schlag durch mich hindurch geht. Ein Schlag der mich auch wieder wach werden lässt. Schnell husche ich vor Jace weg und nehme ein wenig Abstand von ihm.
Jace schaut mich verwundert an, bevor er anfängt zu lachen.
Ein wunderschönes Lachen.
"Das . . . das geht nicht. . .du bist mein Professor, für die nächsten paar Jahre!", sage ich aufgebracht.
Jasper legt seinen Kopf schief. "Alles geht, wenn man es möchte. Vorallem wen ich es möchte. Außerdem solltest du besser zuhören wenn ich rede."
Verwirrt schaue ich ihn an. Besser zuhören. Was?"Ist das, ist das. . . Drohst mir etwa?", rufe ich verzweifelt.
Jace fängt wieder an zu lachen. "Schön, dass du das so siehst. . ."
Er kommt mir wieder näher, doch ich kann mich nicht bewegen. Jace nimmt einen entschlossenen Gesichtsausdruck an und plötzlich packt er mich an der Taille und presst seine Lippen auf meine. Wie auf der Party, nur das ich ihn damals geküsst habe.
Ich kann nicht anders als meine Hände um seinen Nacken zu legen und zu stöhnen, gerade als ich meinen Mund leicht öffnen will und denke, dass der Tag doch nicht so schlimm ist, lässt er mich los.
"Leise gefällst du mir viel besser, außer natürlich in bestimmten Situationen, da ist es andersrum besser." seine Stimme ist tiefer als sonst, er drückt mir noch einmal einen Kuss auf die Lippen, bevor er das Dach verlässt und mich verdattert alleine lässt.
Und ich? Ich stehe da, benommen von dem Kuss, mit geröteten Wangen, geschwollenen Lippen und der Frage was das wohl gerade war...
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After Midnight #wattys2018
RomanceLondon. Fionas Traumstadt. Der perfekte Start und Beginn ihres weiteren Lebens. Aber nicht der perfekte Start einen neuen, gut aussehenden Nachbarn zu haben, der ihre heile kleine Welt auf den Kopf stellt und viel zu viel Aufregung verursacht. - Ich...