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Ein.

Aus.

Ein.

Aus.

Eine Hand an meinem Rücken, die andere in meinen Haaren. Brust and Brust und die Beine ineinander verschlungen, liegen wir da.

Ein.

Aus.

Ein.

Aus.

Sanft betrachte ich sein Gesicht.

Er ist unglaublich schön.

Ich löse meine Hand, die auf seinem Rücken liegt, und streiche ihm sein dunkles Haar aus dem Gesicht.

Jace Atem streift mit jedem Atemzug meine Nase.

Ein.

Aus.

Ich schließe meine Augen, seufze einmal und öffne sie wieder. Die morgendliche Sonne scheint durch die halbgeschlossenen Vorhänge auf das Bett. Wie Federn tanzen kleine Staubkörnchen in der Luft. Irgendwie beruhigend.

Es geht nicht, denke ich und lege meine Finger leicht auf Jace Wange. Die Uhr auf dem Fensterbrett zeigt neun Uhr in der Früh. Vor ungefähr einer halben Stunde bin ich aufgewacht. Ich habe gar nicht gemerkt eingeschlafen zu sein, geschweige denn geschlafen zu haben.

Es geht einfach nicht, denke ich wieder.

Die Schmetterlinge in meinem Bauch fangen an zu kollabieren, als sich Jace Hand sanft anfängt zu bewegen und nach unten rutscht.

Ich habe mich verliebt. Und das passt mir überhaupt nicht. Denn die Person fühlt nicht dasselbe wie ich. Denke ich.

Jace runzelt seine Stirn, als träume er etwas schlechtes.

Ich bin bloß der One Night Stand. Nichts weiter.

Die Schmetterlinge in meinem Bauch haben aufgehört zu flattern. Dafür spüre ich jetzt ein unbehagliches Gefühl. Mein Brust zieht sich zusammen, bei dem Gedanken, dass ich gleich aufstehen und meine Sachen packen werde, um schließlich die Wohnung zu verlassen.

Mein ganzer Körper spannt sich bei diesem Gedanken an.

Jace seufzt einmal, löst sich von mir und dreht sich auf die andere Seite, so als hätte er etwas gemerkt.

Das war dann anscheinend mein Zeichen.

Leise hebe ich die Decke und hebe die Dinge auf, die herumliegen, die Unterwäsche ziehe ich mir schnell über, das Kleid presse ich an mich, die Stiefel klemme ich unter meine Achsel und meine kleine Tasche befindet sich in meiner rechten Hand. Ich schenke Jace starken Rücken einen letzte wehmütigen Blick. Er atmet ruhig.

Ein.

Aus.

Tränen schießen in meine Augen.

Du kannst nochmal zurück. Vielleicht schläfst du nochmal ein und vielleicht wirst du dann von sanften Küssen geweckt., wispert eine kleine Stimme in meinem Kopf.

Nein. Das kann ich nicht. Es wird nämlich nie so sein.

Ich verlasse seine Wohnung, husche so schnell wie möglich in meine und lasse meine Sachen auf mein Bett fallen. Ich schäle mich aus meiner Unterwäsche, ziehe mir neue an und dazu noch eine graue Jogginghose und einen kuschligen knallroten Pulli mit der Aufschrift SAD, LONLEY AND BAD AT MATH. Irgendwie passend.

Alles ist still, doch als ich mit einer schnellen Bewegung die Jogginghose hochzog, höre ich plötzlich einen markerschütternden Schrei, der mich zusammenzucken lässt. Wie vom Blitz getroffen springe ich auf und stürme in das gegenüberliegende Zimmer, das Zimmer von Elodie.

Ich bin nicht oft hier drinnen, eher selten. Es ist das größte Zimmer, mit schlichten weißen Möbeln und langen violetten Vorhängen, die das Fenster umranden. Davor steht ein Bett und rechts daneben steht ein kleiner Schreibtisch, der vollbeladen mit Schminke ist. Elodie ist in der Mitte des Zimmers. Sie sitzt nach vorne gebeugt auf ihren Knien, eine Hand ist verkrampft in ihren Haaren. Stumm hat sie ihren Mund zu einem lautlosen Schrei geöffnet und ringt nach Atem, als ein neuer Schluchzer von ihr ertönt. Kurz bin ich wie erstarrt, doch ich löse mich von der Starre und ziehe Elodie in meine Arme. Ich streiche ihr über ihr Haar, bei jedem ihre Schluchzer gebe ich nur ein bescheuertes - Pshh - von mir, weil ich nicht weiß, was ich tun soll. Nach gefühlten zehn Minuten hat Elodie aufgehört zu Schluchzen, sie löst sich von mir und wischt sich einmal über die roten Augen.

Erst jetzt fällt mir auf, dass sie noch genau das gleich, wie am Vorabend trägt, doch das weiße Kleid ist dreckig und an ihrer Taille aufgerissen.

"Was ist passiert?", stoße ich geschockt aus und klammer meine Finger um Elodie Hand.

Sie rangt kurz nach Luft. "Brain und i..ich, wir h..haben uns getrennt." flüstert sie mit gebrochener Stimme und erneut verlässt eine Träne ihr Auge.

Mein geschockter Blick verwandelt sich in einen mitleidigen, ich sage nichts dazu, doch das war gar nicht nötig, denn Elodie spricht einfach weiter.

"Ich habe ihn gestern Abend mit einer anderen erwischt, wie er dieser, dieser Schlampe die Zunge in den Mund geschoben hat und nicht einmal bestürzt darüber aussah, als ich ihn erwischte. Er hat nur blöd geschaut. Ich..ich bin dann abgehauen, du weißt schon, als ich mich gerade zu einer Gruppe stellte, bist du gekommen."

Ich erinnerte mich an ihren kalten Blick, als ich gestern Brain erwähnte und am liebsten würde ich aufspringen zu Brain sprinten und in seine Kronjuwelen treten.

"Nachdem du abgehauen bist, wollte ich dich suchen, ich habe dich schließlich gesehen, draußen hast du gestanden. Mit irgendeinem Typen, dessen Gesicht ich nicht gesehen habe, aber du sahst ziemlich wütend aus. Ich wollte dir zuerst helfen, weil ich dachte, dass er dir etwas tut, aber da kam plötzlich Brain und hat so getan, als wäre vorher nie etwas geschehen." Elodie stockt, doch auf ihren Lippen bildet sich ein kleines, schwaches Grinsen. "Ich hab ihm eine runtergehauen, hab gesagt ich will ihn nie wieder sehen und hab eigentlich einen echt tollen Abgang hinbekommen, bis ich mitten auf dem Rasen über eine dämliche Wodkaflasche stolperte und mich das Gras küsste. Dabei ist mein Kleid aufgerissen."

Ups. Das war dann wohl meine Flasche, die Jace mir aus der Hand gerissen hatte.

Elodies Grinsen verschwindet.

"Es tut so weh." flüstert sie. Ich ziehe sie wieder an mich. "Ich weiß." gebe ich genauso leise zurück. "Es wird besser." Diese Dinge sage ich nicht nur Elodie, sondern auch mir, denn in meiner Brust schmerzt es genauso. Und verdammt, ich hoffe so sehr,  dass dieser Schmerz bald verschwindet.

Elodie löst sich von mir und streicht sich eine Strähne hinters Ohr, bevor sie sich räuspert und sagt: "Ich glaub im Kühlschrank liegen noch zwei Packungen Ben & Jerry's."

After Midnight #wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt