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"Ich wusste, dass du hier bist. Ich habe dich gesucht." sage ich und schließe die Tür hinter mir.

Ich habe Elodie gesagt, dass sie nicht auf mich warten soll, sondern gleich nach Hause fahren soll. Davor will ich es nämlich noch Jace sagen.

Jace, der mich zuerst gar nicht bemerkt zu haben scheint zuckt zusammen und dreht sich schließlich zu mir um.

"Ich hab es geschafft!", rufe ich erfreut, "Ich darf mit auf die Gala." erfreut klatsche ich in meine Hände und lasse mich urplötzlich in Jace Arme fallen. Etwas überrumpelt macht er zuerst gar nichts, bevor er zögerlich seine Arme um meine Taille legt.

Tief ziehe ich seinen Duft ein und mein Herz schlägt sofort schneller. Ich spüre den warmen Atem von Jace an meinem Nacken, als dieser ausatmet, und bekomme sofort Gänsehaut. Am Liebsten würde ich nie mehr loslassen.

Leicht räuspernd löst sich Jace von mir und fährt sich kurz durch seine Haare, dann lächelt er mich kurz an.

"Das ist..ist toll." sagt er, seine Stimme zittert.

Was ist los?

Wieso ist er so aufgelöst?

Erst jetzt bemerke ich seine leicht glitzernden Augen. Weint er etwa?

"Was ist passiert?", frage ich irritiert und trete einen Schritt zurück um ihn besser betrachten zu können. In seiner linken Hand hält er sein Handy ganz verkrampft, das Display verdunkelt sich gerade und als Jace es bemerkt, stopft er das Telefon schnell in seine Jackentasche.

"Jace..ist alles okay?", wieder keine Antwort. "Jace..?"

"Es ist alles okay!", kommt es etwas laut von ihm.

"Oh, ähm tut mir leid, ich wollte nicht.."

- "Passt schon, tut mir leid", unterbricht mich Jace. Er atmet einmal tief ein, bevor er mich angrinst.
Verwirrt hebe ich meine Augenbrauen und bemerke das sich eine unangenehme Stille nähert.

"Kommst du eigentlich aus Österreich?", frage ich ihn, um das Thema zu wechseln und weil es mich wirklich interessiert.

"Nein, ich komme aus England, meine Mutter ist Österreicherin und nach der Scheidung meiner Eltern zog sie wieder dorthin."

"Also hast du sie in den Ferien besucht?"

Jace nickt. "Ja." kurz ist stille, bevor er sich der Aussicht zuwendet. "Vermisst du deine Eltern gar nicht?"

"Doch," sage ich nach einer kleinen Pause, "eigentlich vermisse ich meinen Vater schon sehr, aber hier zu studieren, war schon immer mein Traum... und außerdem sehe ich ihn ja eh wieder in den Sommerferien."

"Nur deinen Vater? Was ist mit deiner Mutter?", ich spüre den durchdringenden Blick von Jace auf mir, doch meine Blick liegt nur auf meinen Händen, die sich fest um das Gelände klammern.

Ich schluckte schwer. "Meine Mutter ist gestorben, als ich zwölf war. Sie hatte ein unheilbare Krankheit... es hat eine lange Zeit gebraucht darüber hinwegzukommen, aber wir, mein Vater und ich, haben es überwunden und leben jetzt gemeinsam in einer kleinen Wohnung für uns zwei."

"Oh" kommt es nur von dem Mann neben mir, dann ist Stille.

Lange Stille.

Gaaaanz lange Stille.

Und plötzlich spüre ich warme Finger die sich auf meine legen.

Verwundert sehe ich zu Jace auf, doch dieser starrt nur gerade aus.

-

"Warum grinst du jetzt die ganze Zeit?", fragt mich Elodie und versenkt einen Löffel in ihrem Schoko-Pudding.

Ertappt wandern meine Augen zu ihr. Elodie sitzt mit Jogginghose und Schlabbert-Shirt auf der anderen Seite der Couch und schaut mich mit schiefem Kopf an. Dabei fallen ihr ein paar orangene Strähnen ins Gesicht.

"Nur so.." sage ich bloß und wende mich wieder meinem Buch zu um weiterzulesen. Allerdings lese ich den gleichen Satz schon seit fünf Minuten, weil meine Gedanken immer wieder zu Jace wandern. Seufzend hebe ich meinen Augen und bemerke, dass Elodie mich noch immer anstarrt.

Doch plötzlich legt sie ihren Pudding auf den Couchtisch und lehnt sich weit nach vorne. Ziemlich weit. Mit ihrer Nasenspitze berührt sie fast meine und ihre Augen schauen durchdringend in meine.

"Du verbirgst etwas von mir.. Was verbirgst du vor mir?", flüstert sie und macht mir ein bisschen Angst.

Ganz langsam lehne ich mich zurück, ich will ja nicht das sie bemerkt, dass ich sie langsam, aber sicher gruselig finde.

Doch anstatt mir näherzukommen kneift sie ihre Augen noch enger zusammen.

"Okay, okay" ergebe ich mich und hebe meine Hände, "ich sags dir ja schon."

Zufrieden setzt sich Elodie wieder gerade hin und flüstert ein "das funktioniert immer.."

"Kennst du das, wenn du bei einem perfekten Ort bist, bei einer perfekten Aussicht und bei der perfekten Person?", beginne ich zu reden.

"Na klar, die sitzt direkt vor dir." lacht Elodie und wirft gespielt eingebildet ihre Haare nach hinten.

"Nein," lache ich, "ich meine wenn du so einen perfekten Moment hast, denn du nicht vergessen willst... Ja? Denn ich glaube ich hatte heute so einen."

Und das war einer der magischsten Momente, die ich je hatte.

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Ich weiß, dass es ein typisches Klischee ist, wenn die Mutter an irgendwas stirbt, aber auf der einen Seite wollte ich ein bisschen Drama haben und auf der anderen Seite werde ich 'den Tod der Mutter' nicht groß thematisieren. :)

After Midnight #wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt