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vorletztes Kapitel :(
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„Du gehst jetzt seit Tagen nicht mehr aus dem Bett." beschwert sich Elodie und dreht sich auf meinem schwarzen Schreibtischsessel hin und her.
„Außerdem stinkts in deinem Zimmer, wann hast du das letzte mal gelüftet?" schwerfällig stemmt sie sich aus dem Sessel und öffnet das Fenster. Durch ihre belegte Stimme höre ich, dass sie sich ihre Nase zuhält.
Ich brumme nur irgendwas vor mir hin und wische über meine nasse Wangen.

„Ja, ich weiß." Vernehme ich die sanfte Stimme von Elodie. „Du hast mir die Geschichte erzählt und du glaubst, dass du niemals mehr jemanden anderen lieben wirst. Aber alles, hörst du, alles geht vorüber."
Wieder murmle ich nur etwas vor mich hin. Ich spüre wie sich die Matratze senkt und meine Decke angehoben wird.

„Och Fiona, wein nicht schon wieder." Elodie kuschelt sich an mich und zieht die Decke über uns. „Es ist schon eine Woche her und ich mach mir Sorgen. Wenn du nach Hause kommst legst du dich gleich ins Bett. Wann hast du das letzte Mal überhaupt gegessen?"
Ich schniefe. „Gestern, aber was bringt mir das? Es verlässt mich so oder so."
„Weißt du.." flüstere ich dann „Violet, meine Arbeitskollegin, hat mir erzählt, dass Mark sie geküsst hat.... Sie hat ihn abserviert.... armer Mark, vielleicht werde ich mich mit ihm zusammentun."

Violet war ganz entrüstet gewesen, dass Mark sie geküsst hat. „Ich fühle aber nichts für ihn!", hat sie aufgebracht und mit roten Wangen gesagt. „Ich.. wollte nie das etwas mehr daraus wird und er wusste das!"

Elodie schaut mich ein bisschen verstört an. „Wenn du das so sagst, klingt das ein bisschen komisch." antwortet sie auf mein Geflüster. „Aber heeey, du wolltest ja was ändern, oder? Wir könnten joggen gehen."

Lustlos drehe ich mich auf den Bauch und verstecke meinen Kopf in meiner Armbeuge. „Für wen soll ich denn jetzt noch schön sein?!"
„Für mich! Und jetzt bewege deinen Allerwertesten aus dem Bett und zieh dir verdammt nochmal Sportsachen an!"

„Nie... wieder.." keuche ich. „Ich.. gehe.. nie.. wieder.. mit dir laufen!" Ich beuge mich nach vorne und stütze mich auf den Knien ab. Schweiß rinnt an meiner Schläfe und tropft von meinem Kinn herab.
Meine Mitbewohnerin, allerdings, hat nicht einmal rote Wangen. Lächelnd und überhaupt nicht ausgepowert nimmt sie ihre Apple-Kopfhörer aus dem Ohr.

„Aach, jetzt hab dich nicht so, das waren nur fünf Kilometer."

„Fünf?! Nur fünf?! Das hat sich angefühlt wie ein Marathon, nein wie vier!"

Elodie winkt nur ab. „Pff, dann melde ich uns gleich zum Marathon an, denn so schlecht warst du gar nicht."
Ich kann nicht anders als sie fassungslos anzustarren. „Nicht so schlecht? Nicht so schlecht?! Elodie, ich bin nur gefüllte 500 Meter gelaufen!"
Mein Gegenüber legt den Kopf in den Nacken und lacht. „Ist ja jetzt auch egal, geh jetzt duschen, ich mach uns was zu Essen."


Während Elodie und ich gemeinsam essen bekomme ich nichts herunter. Es liegt nicht an dem echt leckeren Salat, den meine Mitbewohnerin gemacht hat. Es liegt eher daran, dass meine Gedanken immer wieder zu Jace und Florence wandern.

Was machen sie gerade?
Ist er jetzt glücklich?
Warum kann ich nicht auf Florence Platz sein?

Nach dem Essen mache ich genau das was mir gerade am besten erscheint: Ich lege mich ins Bett.
Meine Laune ist zwar gestiegen, aber Liebeskummer habe ich trotzdem.
Außerdem ist es perfekt dem Wetter entsprechend. Draußen hat es angefangen zu regnen, es ist Mitte November und deswegen hat es auch entsprechende Temperaturen. Der Regen prasselt sanft gegen die Fensterscheibe und wäscht den Dreck der letzten Wochen herunter.

Mein Handy schreit nach Akku, aber das war nicht der Grund warum ich von meinem Schlaf aufwache.
Es ist eher das Gebrüll welches ich aus der Wohnung nebenan höre. Ich kann leider nicht verstehen was sie schreien, aber ich kann deutlich hören, dass es sich um eine weibliche Stimme handelt, die mehr schreit.

Es ist mitten in der Nacht, mein Handy, welches ich rechtzeitig an mein Ladekabel stecke, zeigt vier Uhr in der Früh.
Aus meinem geplantem Powernap war nichts geworden, denn ich habe schon fast neun Stunden geschlafen.
Wieder höre ich hohes Geschrei, danach folgt Gebrüll von Jace.

Wow. Was ist da passiert?

Ich versuche zu unterdrücken, dass meine Mundwinkel nach oben zucken; sich ein kleines bisschen Hoffnung in meine Brust schleicht und mein Herz hüpfen lässt.

Drüben wird eine Tür geöffnet und diesmal höre ich Florence klare, laut Stimme.

„Du bist so ein Idiot!"

Und dann knallt es. Aber statt wohliger Ruhe läutet es plötzlich Sturm. Das laute kreischen der Klingel lässt meine Haare aufstellen und ich bin kurz davor mir die Ohren zuzuhalten.
Elodie reagiert anscheinend schneller, denn sie reißt unsere Haustür auf und brüllt hysterisch: „Bist du Wahnsinnig!? Wer auch immer du bist, was. willst. du?"
Die Antwort darauf höre ich nicht. Aber es ertönen laute Schritte und Elodies protestierende Stimme.

„Bleib stehen, das ist nicht ihr Zimmer!"
„Hör auf zu gehen!"
„Wer gottverdammt bist du?!"

Niemand anderer als Florence reißt wutentbrannt meine Tür auf und zum ersten Mal sehe ich sie nur halb perfekt.
Ihre sonst so gepflegten Haare stehen wild durcheinander vom Kopf ab und ihre Wangen sind gerötet. Doch von ihrem Auftritt her ist sie komplett gleich: einfach nur dramatisch.
Hinter ihr flucht Elodie und schenkt mir einen entschuldigenden Blick.

„Steh auf." fordert mich Florence und verschränkt ihre Hände vor der Brust. Etwas verwirrt schaue ich sie an. Für sie muss ich ziemlich ungepflegt wirken. Meine Haare sind zu einem einfachen Zopf gebunden, aus welchem schon die Hälfte heraushängt, außerdem trage ich nur ein knielanges Nachthemd, das ich schon besitze seitdem ich fünfzehn Jahre alt bin.

„Steh auf, habe ich gesagt!"

„Wozu? Was machst du hier?!"

„Ich habe gesagt, dass du aufstehen sollst!", schreit sie schon fast und kommt auf mich zu. Ohne darüber nachzudenken packt sie mich an den Armen und versucht mich hochzuziehen.
Erschrocken versuche ich vor ihren Händen auszuweichen und wehre mich, doch das bringt nicht wirklich etwas.
„Steh. Auf." keucht sie, doch lässt mich abrupt los und schubst mich gewaltig auf mein Bett zurück. Überrascht keuche ich, rücke bis zur Wand und blicke verzweifelt zu Elodie, die einen Schritt näher gekommen war.
Meine Beine haben sich in meiner Bettdecke verfangen und mit meiner linken Hand ziehe ich mein Nachthemd runter, doch halte in meiner Bewegung inne, als Florence plötzlich anfängt zu schluchzen.

„Man, ich.. ich hasse dich so sehr!", sagt sie zwischen zwei Schluchzern und lässt sich an den Rand meines Bettes fallen, so als hätte sie keine Kraft mehr sich aufrecht zu halten.
Ich kann nicht anders, als sie anzustarren.

Was zur Hölle?

„Jace, er hat mir alles erzählt. Alles." sie senkt ihren Kopf und sieht jetzt nicht mehr so majestätisch wie vor einer Woche aus. Nein, eher zerbrechlich und gedemütigt. Ruckartig hebt Florence plötzlich ihren Kopf und schaut mich durch ihren geröteten Augen wütend an.

„Warum zur Hölle lebst du auch hier! Hättest du nicht einfach in deinem blöden Kaff bleiben können?!"

„Was zur.. ich.. ich versteh nicht?", gebe ich verwirrt von mir und rücke ein bisschen näher. Meine kleine Angst vor Florence ist gesunken, aber dafür überkommt mich ein ganze Welle Mitleid.

„Du weißt ganz genau was ich meine!", blafft Florence und ballt ihre Finger zu Fäusten. „Er hat mich bloß als Lückenfüller benutzt!"

Sie macht eine kurze Pause, als würde sie nicht wollen was sie als nächstes sagen wird.

„Er liebt dich und nicht mich."

After Midnight #wattys2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt