Pokemon Dead Channel

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Ich wurde erst etwas später, als die meisten Leute, in die Welt der Videospiele eingeführt. Die meiste - wenn nicht die ganze - Zeit meiner Kindheit, war ich von anderen Kindern isoliert und hatte so gut wie keine sozialen Kontakte. Meine Tage in der Schule fühlten sich an, wie im Gefängnis und die Nacht verbrachte ich mit stumpfen Fernsehen. Mein Leben war öde und langweilig. Alles was ich zum Reden hatte, waren meine Stofftiere und billige Plastikspielzeuge. Dann bekam ich einen Gamecube.

Ich glaub, es war Weihnachten 2003. Ich war überglücklich, meine eigene Videospielkonsole zu haben. Er kam mit den Spielen Super Mario Sunshine, Pac Man World 2 und Pokémon Channel. Jedes dieser Spiele hat noch einen besonderen Platz in meinem Herzen. Nachdem der Gamecube aufgebaut und bereit war, begann ich sofort zu spielen.
Als erstes spielte ich Super Mario Sunshine. Dieses Spiel brachte mich zu der Mario-Serie. Nachdem ich es für Stunden gespielt hatte und endlich ein Level gefunden hatte, das ich nicht schaffte, wechselte ich zu Pac Man World 2. Es war erstaunlich, dass ich auf Level 2 hängenblieb. Genervt, dass ich keinen Weg finden konnte, obwohl die Antwort buchstäblich direkt vor meinen Augen lag, hörte ich auf und begann, mein allererstes Pokémon-Spiel zu spielen.
Pokémon Channel.

Schon, als ich das Spiel einschaltete, wusste ich, dass es sich von den anderen unterscheiden würde. Ich brauchte nicht lange, um mich in das Spiel zu verlieben. Als die Zeit kam, meinem Pikachu einen Spitznamen zu geben, nannte ich ihn unwissentlich BRVR, meine Kurzform für Brother (Bruder). Was mich dazu brachte, ihm solch einen seltsamen Spitznamen zu geben, der überhaupt nicht nach einer Kurzform von Brother klang, hab ich nie herausgefunden, aber trotzdem genoss ich das Spiel.
Es gibt keine Möglichkeit zu beschreiben, wie sehr ich dieses Spiel liebte. Es war alles, von dem ich jemals geträumt hatte. In diesem Spiel hatte ich einen Freund, mit dem ich spielen konnte. Und es fand alles in der Pokémon-Welt statt, die ich bereits liebte, bevor ich Pokémon-Channel bekam. Ich konnte mit meinem besten Freund, BRVR, Fernseh schauen, fischen, Dame spielen, mit anderen Pokémon sprechen, gärtnern, einen Schneemann bauen, antike Ruinen erkunden, Musicals abhalten, Geschichten am Lagerfeuer erzählen und die Sterne anstarren. All die Sachen, die ich in meinem echten Leben nie erlebt hatte, konnte ich in der virtuellen Welt nachholen. Mit BRVR. Der beste Freund, den ich je hatte.
Ich war offensichtlich süchtig nach dem Spiel. Leider hatte ich nichts anderes mit meiner Zeit anzufangen, also spielte ich die ganze Zeit das Spiel. Ohne dass mir bewusst war, was in der echten Welt passierte, zog ich das Leben in dieser Pokémon-Fantasie mit meinem besten Freund BRVR vor.
BRVR sah für mich nach viel mehr aus als bloß einem animierten 3D-Modell, das von seinen Programmen gesteuert wurde – für mich war er real. Wenn ich mal traurig war, würde er ebenfalls traurig und niedergeschlagen aussehen. Wenn ich mich ärgerte, würde er meine Wut während des Spiels zeigen und ausdrücken. Wenn ich jemanden brauchte, der mich aufmuntert, würde er sich witzig anstellen und mich anspringen und andere idiotische Sachen machen. Später, als ich älter und weiser geworden war, nahm ich an, dass all dies nie passiert war und ich mir das alles bloß eingebildet hatte, als ich jünger war. Es war trotz allem spaßig, so zu tun, als wäre er echt.

Als die Jahre vorbeizogen bekam ich mehr Spiele. Ich hatte einen Gameboy erworben und mit ihm kamen viele Pokémon-Spiele, in denen ich mehr haben konnte als bloß ein einzelnes Pikachu. Meine Interessen weiteten sich ebenfalls zu anderen Serien aus, wie Mario und Sonic. Nachdem ich Pokémon Channel so oft gespielt hatte und die selben Dinge immer und immer wieder getan hatte, wurde es ein wenig langweilig. Ich begann, es weniger und weniger zu spielen und andere Spiele mehr und mehr, aber immer noch spielte ich Pokémon Channel dann und wann.
Irgendwann wechselte ich die Schule und mein ganzes Leben änderte sich. Ich wurde von einer privaten katholischen Schule in eine öffentliche Schule gebracht und meine Augen öffneten sich der Realität. Ich lernte neue Dinge über das echte Leben, die mir halfen, es zu mögen. Leute waren nicht gemein und grausam zu mir, sie sagten „Hi", wenn ich ihnen im Flur über den Weg lief. Ich fand heraus, dass ich so viel andere Sachen tun konnte, als bloß Videospiele spielen. Ich konnte zeichnen, es gab tausende von Liedern, die ich anhören konnte und meine Noten verbesserten sich dramatisch.
Aber das Beste daran war, dass ich eine neuen Freund bekam. Einen echten Freund. Einen aus Fleisch und Blut. Sie war lustig und half mir, mich an die Schule zu gewöhnen und sie war jemand, mit dem ich – neben meinen Eltern – reden konnte. Wir waren gleich unreif und konnten über alles spotten, was uns einfiel. Ich hatte endlich eine beste Freundin.
Während mein Körper und mein Geist wuchsen, vergaß ich Pokémon Channel langsam. Ich spielte nun größere und bessere Spiele. Fast alles, was ich in dem Spiel tun konnte, konnte ich nun auch im echten Leben tun.

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