Nahrung des Waldes

164 6 4
                                    

Wochenlang versuchte ich mich aus den Fängen der Dornen zu befreien, die sich immer tiefer in meinen Körper bohrten. Ich fragte mich, weshalb es mir nicht vergönnt war zu sterben. Ich dachte ich wäre gezwungen, ewig, von den Dornen durchbohrt, zu verweilen, bis sich mein Körper langsam in eine lebende Mumie verwandelt, die nur noch durch Atem und Herzschlag einem lebenden Menschen gleicht.

Ich war voll von Enttäuschung... nicht nur durch mich und meinem Übermut, sondern auch von meinem Meister, dessen Vertrauen in meine Magie mich erst in die Situation befördert hatte. Er hatte doch gewusst, dass es mit schwarzer Magie möglich ist, seine Seele nach dem Tod in bestimmte Formen von Objekten zu transferieren.

Schon als ich damit begann, mich durch den Wald voller Ranken und Dornen, der das Schloss umgab, zu kämpfen, bemerkte ich es. Diese Ranken dachten. Sie waren intelligent und arbeiteten gegen mich.

Der Sage nach haben verschiedenste Adelige versucht, die Tochter des Fürsten von ihrem Bann zu erlösen. Dass es wirklich Personen gab, die dies versucht hatten, erkannte ich bereits, als die Ranken zum ersten Mal versuchten mich zu umschlingen. Selbst mit einfachen Formen arkaner Magie waren sie kein Problem für mich. Doch Personen, denen der Zugang zum Arkanismus verwehrt war, hätten nicht einmal in solch einer Situation eine Chance gehabt.

In den meisten Fällen half mir einfache Flammenmagie, die ich benutzte um meine Kräfte zu schonen. Sie reichte zu Beginn sogar dazu aus, dass mich die Ranken komplett mieden, da sie mein Feuer fürchteten. Wenige Zeit später entdeckte ich die erste gequälte Seele. Im Gegensatz zu mir waren viele Personen nicht in der Lage, sich aus den Dornen zu befreien. Ich konnte mir nur ausmalen, welche Qualen sie erleiden mussten, bevor sie ihr Bewusstsein verloren.

Erst umschlingen einen die Ranken, während sich deren Dornen in das Fleisch des Opfers schneiden. Sobald das Opfer unfähig ist sich zu bewegen, verwandeln sich die Dornen, die sich unter die Haut des Opfers gebohrt haben, ebenfalls in kleinere Ranken und durchwachsen den kompletten Körper. Später durchbohren große, spitze Ranken Gliedmaßen und Torso um den Körper vollends von innen zu fesseln.

Das kleinste Zucken wird nun von extremen Schmerzen begleitet, die verhindern, dass sich das Opfer losreißen und so entkommen könnte. Die erste Person die ich traf, schien bei lebendigem Leibe mumifiziert worden zu sein. Sie war komplett durchwuchert und von Moos bedeckt.

Augen und Haare fehlten komplett, während die Haut sich am besten als dunkelbraun und ledrig beschreiben lässt. Überreste von einst prunkvoller Kleidung befanden sich am Boden, während weitere Fetzen meterweit über dem Opfer an Ästen hingen.

Zunächst ging ich davon aus, dass die Person verstorben sei. Als ich meinen Weg fortsetze, schreckte ich aufgrund eines tiefen und trockenen Keuchens auf. Ich näherte mich abermals dem Geschöpf und fühlte seine Wangen. Sie waren warm. Aus seinem Mund, der fast vollständig mit herauswachsenden Ranken und Ästen gefüllt war, konnte ich ein weiteres Keuchen hören.

Er atmete... wenn auch in äußerst geringen Zeitabständen.

Ich fühlte ebenfalls einen äußerst langsamen Herzschlag.

Aus Mitleid nahm ich ein Messer aus meiner Tasche um ihn durch einen Stich in sein Herz von seinem Leid zu erlösen. Leider konnte ich ihm so nicht weiterhelfen, denn der Herzschlag blieb bestehen und auch als ich ihm den Brustkorb aufschnitt und sein Herz , gefolgt von einer großen Masse schwarzem Blut, entnahm, atmete er immer noch.

Creepypastas Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt