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Zögerlich blicke ich wieder von dem hellblauen Kleid auf, welches gestrafft auf meinem Schoß liegt und keinen Hauch von dem Streit mit meiner Mom präsentiert. Ich wollte es nicht anziehen, sie wollte das ich es anziehe. Wohl klar, dass meine Mutter gewonnen hat, bevor ich ihre Ignoranz zu spüren bekam und noch schuld dafür bin, dass wir in der Hölle landen. Noch immer klopft Marienne unruhig auf der Bibel. Sie hasst die Kirche, ebenso wie ich. Wir sind überzeugte Atheisten, haben unseren Spaß im aufgezwungenen Religionsunterricht die Rollen von Marx oder Feuerbach einzunehmen und damit unseren Lehrer zur Weißglut zu bringen. Und dennoch erkenne ich das spöttische grinsen auf seinen Lippen, als wir jedes Mal die Kirche betreten und er uns damit sowas von Triumphiert- bis zur nächsten Religions Stunde.

"Jenny hatte mir heute geschrieben." murmle ich leise an Marienne gewandt, die ihre Brauen skeptisch in die Höhe zieht. "Kennst du die alte Fabrik in Palestine?" sie nickt auf meine Frage hin und schaut kurz nach vorne, wo unser Pastor die gleichen Worte seines Zettels abliest wie immer. "Dort steigt eine kleine Feier nach dem Fest." ihre Mundwinkel zucken nach oben, doch ich schüttle bereits mit dem Kopf. "Meine Mom wird mir kaum erlauben weg gehen zu dürfen." gebe ich bescheid, was sie kritisch zu meiner Mom schauen lässt, die uns bereits erfasst hat und zum Still sein verdonnert.

Jährlich findet ein Fest zu Thanksgiving statt. Es wird alles ziemlich abgedreht geschmückt, der Schul Chor singt und es gibt unterschiedlich viele Stationen, wo man sich begnügen kann. Für kleinere Kinder wirklich Super, jedoch lässt der Spaß im Alter nach und beginnt erst wieder, wenn man selbst ein Elternteil ist.

"Ich regele das mit de-" "Miss McPherson, haben sie etwas dazu zu sagen?" ich spüre wie mein Gesicht zu pochen und glühen beginnt, als die Augen aller Gemeinde Mitglieder auf uns liegen und zu verspotten versuchen. "Nein, nicht wirklich." ich beneide Marienne um ihren kühlen Kopf, auch wenn ich weiß, dass sie innerlich tausende von Flüchen hat, die sie am liebsten auf Heiligen Boden raus pressen würde. "Nun, wenn das so i-" "Obwohl doch ich habe was zu sagen." sie dreht ihren Kopf schelmisch grinsend zu unserem Religionslehrer, dessen breites grinsen kaum zu übersehen ist. Er genießt es vollkommen, dass wir nun auch vor Gottes Augen unsere Zweifel äußern. "Mar, hör auf mit der Schei- Scheibenwisch- ach, hör einfach auf." warnend umfasse ich ihr Handgelenk, doch sie lässt sich daran nicht stören, sondern steht mit einem Ruck auf und sorgt für eine weitere Empörung in der Kirche. Das Raunen gleitet wie eine Welle durch die Kirche.

„Marienne, ich bitte dich wirklich. Lass sie glauben was sie wollen." Meine Geduld findet ein Ende, als ihre grünen Augen weiter auf mich eindreschen. Der Griff um ihr Gelenk wird stärker, wodurch sich ihre Zähne aufeinander pressen. „Unfassbar, Beste Freundin." Ein Stich zieht sich durch mein Herz, als ich die verachtenden Wörter zu verstehen beginne. Es schmerzt mehr, als das es sollte, ehe sie ihre Hand aus meiner zieht und aus der Kirche flüchtet.

„Entschuldigung." Ich lasse die Bibel auf die Bank gleiten und spüre sogleich die Nägel meiner Mutter in meiner Haut. „Blamiere unsere Familie nicht noch mehr und setzt dich hin." Das Unbehagen steigt in mir auf. Meine Augen folgen Marienne, ihre Schritte sind selbst noch zu hören, als sie bereits hinter sich die Tür schließt. „Ich muss ihr folgen." Gebe ich mürrisch von mir. „Du musst endlich eine angemessene Tochter sein. Und ganz besonders auf diesem Boden!"

Ich erschrecke vor ihrem schneidenden Ton, sodass ich mich zögernd niederlasse und weiter zur Kirchtür blicke.

Marienne wird mich dafür hassen. Wir haben immer alles zusammen durch gestanden, doch mir war bewusst was das für Konsequenzen sein müssen. Sowohl für mich, als auch besonders für sie. Ihre Großeltern werden sie noch enterben, wenn das so weiter geht und ganz besonders, wenn sie sich in der Kirche gegen die Kirche wendet. Diese Stadt verwendet noch gerne den Begriff Ketzerei.

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt