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Ich verdränge alles.

Also, ich versuche alles zu verdrängen, was sich verdrängen lässt. Nur halbherzig schaffe ich es meinem Unterricht zu folgen und die stürmischen Windböen draußen zu vergessen. Ich versuche mich wieder in das Leben meiner Familie zu integrieren, was bedeutet, dass ich alles neue über Hannes und mich erzählen muss, wobei ich immer betonen muss, dass unser letztes treffen noch immer die verschollene Nacht war. Eben die Nacht, in der ich Thunder mein vertrauen und damit auch ein Stück meines selbst gegeben habe. Sowohl von ihm, als auch von Hannes habe ich nichts mehr gehört und das nächste treffen mit Hannes graut mir bereits nun. Und doch nutze ich ihn als Alibi, damit ich auf diese dumme Party gehen kann, wo Mar die ganze Zeit mit Zack auf der Toilette sein wird und ich mit Richard alleine bin.

So über die Zeit, wird mir jedoch immer mehr bewusst, dass ich mir nicht einmal im Ansatz eine Beziehung mit ihm vorstellen kann und das schmerzt mir bereits nun im Herzen, da sich Richard eben wohl doch eine engere Bindung vorstellt. Zumindest laut Mar. Er wird mich hassen, dabei habe ich ihn wirklich gerne.

Ich kraule Chip ein letztes Mal hinter seinem Ohr, bevor ich die Treppe ansteure. Ich trage lediglich eine enge Hose und ein weißes Top. Meine blonden Haare habe ich gelockt, sodass sie über meine Schultern fallen.

Meine Eltern sind heute auf irgendeinem Event, dass meinen Vater unterstützen soll, sodass ich noch weniger Erklärungsnot für mein Outfit habe.

Ich halte inne, als die Bürotür meines Vaters ein Stück offen steht und das Telefon rot blinkt. Die Worte von Hannes hallen wieder in meinem Kopf und lassen mich zurück schrecken. Die Welt dreht durch, die Regierung stürzt zusammen, die Menschen beginnen zu rebellieren. Sie werden unruhig, solange ihnen etwas vorgehalten wird. Ich werde es auch, aber ich bin dennoch wissender, als mein Vater.
Neugierig gehe ich in sein Büro und erblicke das aufgeräumte Zimmer. Jede seiner Schubladen sind abgeschlossen, lassen nicht zu, dass man überhaupt einen Blick hinein werfen kann, sodass ich mich sorgsam an seinen Laptop setzte, welchen ich aufklappe.

Ich hatte vor einiger Zeit mal gesehen, wie er sein Passwort eingibt, somit auch, was sein Passwort ist. Bisher hatte ich nur noch nie den Drang danach, zu wissen, was er da tut. Bis jetzt.


Ich durchstöbere seine Ordner, versuche jeden aufzumachen und alles Wichtige zu filtern, bis ich bei einem stehen bleibe. Meine Augen ziehen sich zu schlitze, als ich meinen Namen entdecke und forschend darauf gehe. Fotos werden geöffnet, lassen mich stockend den Atem anhalten. Lassen mich die Furcht vor allem neu entflammen. Die Fotos rasen wie ein Film an mir vorbei, erzählen mir jede Situation von neu. Dokumente, die mich die verdrehte Welt noch so viel düsterer sehen lassen.


Ich zucke zusammen, als mich das schrille Geräusch des Telefons aus dem Geschehen reißt. Brians Namen leuchtet hell darauf. Leise atme ich durch und lasse den Drucker all die Bilder ausspucken, bevor ich alles wieder schließe und das Büro mit den Papieren verlasse.

Probeweise falte ich die Bilder zusammen und verstecke sie hinter dem Bild, welches Mar und mich zeigt- in einem zarten Alter von Acht. Bei diesem Bild klärt das Bild der Party wieder vor meinen Augen auf, sodass ich schnellen Schrittes das Haus verlasse und sich die Aussicht auf eine Menge Alkohol steigert.

Bereits freudig öffnet mir Mar die Tür, hinter ihr tobt Zack herum, welcher sich scheinbar bereits schon mit Richard unterhält. „Du bist wirklich spät dran." Murmelt sie leise, jedoch legt sich ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen. „Er scheint mir ein wenig nervös." Fügt sie noch rasch hinzu, wodurch ich meinen Blick über ihre Schulter gleiten lasse. Richards Augen treffen sogleich auf meine, wodurch ich hart Schlucken muss. Wieso habe ich diesem Treffen gleich noch mal zugestimmt?

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt