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Eine Hand schlägt sich auf meinen Mund und meine Nase und schnürt mir jede Möglichkeit zum Luftholen ab. Aus dem Instinkt heraus greife ich nach der Hand und spüre die älteren Falten und Adern, die sich der Hand entlang ziehen. Ich versuche zu schreien, versuche meine Lider zu öffnen, doch es scheint als würde jemand bereits Besitz davon zu nehmen. Die freie Entscheidung zu sehen, mich zu wehren. Voller Panik strampeln meine Beine gegen die Lehne der Couch, stemmen sich dagegen, während ich mich windend unter der Hand krümme. Es scheint kein Entkommen zu geben. Es scheint nur noch die Tränen zu geben, die meine Augen aus lauter Verzweiflung entrinnen.

Und doch verstummt alles in einem gewaltigen Stich in meinen Rippen, der mich meine Augen öffnen lässt. Der mich für eine Sekunde in stechende Grüne Augen blicken lässt, bevor sie sich in beißend Schwarze verwandeln.

„Es war ein Traum." Weiße Striemen mischen sich unter das Schwarz und hinterlassen einen wärmenden Schauer. Erst nun traue ich mich meine angespannten Muskeln zu lockern und wieder Luft zu holen. Der Reiz lässt mich husten, beinahe Spucken und verzweifelt meinen Hals reiben. Brennende Säure fließt noch immer meinen Hals hinunter und kennt kein Erbarmen, während sich meine Lungen neu entfalten.

„Es war Mariennes Großmutter." Krächzend beobachte ich Thunder dabei, wie er seine Klinge neben sich niederlässt und mich mit forschenden Augen betrachtet. „Wir gehen." Thunder richtet sich in seiner vollen Größe auf und lässt seine schwarzen tobenden Augen durch den Raum gleiten. „Thunder wir können Mar nicht hier alleine lassen." Beinahe spöttisch klingt der kehlige Ton, den er über seine Lippen lässt, während sich seine Hand fester um seine Klinge legt. „Sie wird sich an nichts mehr erinnern, wenn sie aufwacht. Sie hält es für einen Traum. Sie braucht dich nicht, Ella. Aber du brauchst mich und darum wirst du mit mir gehen."

„Warum sollte ich das tun? Was sagt, dass du nicht mich brauchst. Immerhin wolltest du durch mich wieder in den Himmel." Starrsinnig schlage ich die Decke von meinem erhitzten Körper und richte mich auf der Couch auf. Mein Atem geht schnell, meine Aufregung mischt sich mit dem Adrenalin. Mit dem Herzschlag, der sich immer mehr Thunders angleicht, sobald sich sein Lächeln weiter verzieht. „Ich habe es schon längst aufgegeben in den Himmel zu kommen. Also los. Wenn sie dich wirklich Tod sehen wollen, dann werden wir ihnen zeigen, dass es dich nur lebendig gibt."

Es klingt wie die perfekte Ansprache in der ich all meine Zweifel verliere und ihm blind folge. Doch der Gedanke daran Mar zurück zu lassen schmerzt. Natürlich möchte ich herausfinden was mein Vater mit dem Mord an dieser Frau auf sich hat. Ich möchte auch wissen, warum die Dämonen meinen Tod wollen. Ich möchte so vieles wissen, aber es fordert seinen Tribut. Ich soll vergessen, was ich hier habe. Wenig, aber genug um zu bleiben. Vielleicht sogar genug um zu sterben.

„Ella, bitte sei vernünftig." Er scheint mein Zögern richtig aufzufassen. Mit sanften Zügen, selbst mit leicht tanzenden Schlieren kniet er vor mir nieder und betrachtet mich aus hellen Augen. Die Wut über die Dämonen scheint vergangen zu sein. Die Trance jedoch nicht. Und ich glaube, dass ich ihr viel eher verfalle, als er mir. Stören tut es mich aber nicht.

„Gebe mir einen Grund dir zu folgen, der nicht mir nützt."

Thunders Augenbrauen zucken für einen Moment verwirrt nach oben. Falten legen sich auf die Stirn, lassen mich elendig lange die Sekunden zählen. Es gibt eigentlich genügend Gründe, die Menschen die ebenso daran zu Grunde gehen. Die Mut die ich mir damit beweisen würde. Die Angst die ich besiegen würde. Die Antworten die wir finden würden. Die Menschen die ich damit beschützen würde. Eben die, für die ich bleiben möchte. Für die ich wohl sogar sterben würde.

„Ich."

Meine Lippen öffnen sich, hinterlassen die stumme Frage, was er mit sich meint. Was er mir sagen möchte, als sein Atem auf meine Haut prallt und einen kühlen Schauder hinterlässt. Er wird rasend heiß, brennt sich in meine Haut ein und schickt Stromschläge durch meinen Körper. Alles an mir beginnt zu zittern, lässt mich das klare Denken vergessen, lässt mich das Atmen vergessen, das mir zuvor genommen wurde. Gedanken verstecken und fangen sich. Versuchen mich schier um den Verstand zu bringen. Dabei ist es bloß die Nähe des Mannes vor mir die mich so durcheinander bringt.

Thunder-fallen creaturesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt